Röslers Pläne

Informationen zu Fusionen, Zusatzbeiträgen und Beitragsausschüttungen der gesetzlichen Krankenkassen

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Kassendino
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Röslers Pläne

Beitrag von Kassendino » 02.06.2010, 14:42

Ich habe jetzt gerade Herrn Röslers bzw. die Veröffentlichung des "BMG-Prämienmodells" studiert und kann nur hoffen, dass wenigstens die CSU diesen Plänen Einhalt gebietet. Einen solchen Murks habe ich seit der Beschreibung der gloriosen Gesundheitsreform Mitte 2007 nicht mehr gelesen.

Mittwoch, 02. Juni 2010
Kommunikationslinie des BMG zum Prämienmodell
Hier das BMG-Modell einer Gesundheitsprämie mit sozial gestaffelten Beiträgen. Das Konzept sieht vor:

- Prämie von 30 Euro je Mitglied
- Anhebung des AN-BS von 7,9 auf 7,3 Prozent
- Anhebung des AG-Anteils von 7,0 auf 7,3 Prozent
- Streichung des Sonderbeitragssatzes von 0,9 Prozent
- Neuer allgemeiner BS 14,6 Prozent
- Gestaffelte Absenkung des AN-BS in Abhängigkeit vom Einkommen
- 6 Beitragssatzklassen
- Versicherte müssen Berechtigung zur niedrigeren Einstufung nachweisen
- Einbeziehung aller Einkunftsarten ab 2012
.- Möglichkeit zur Erhebung von Zusatzbeiträgen entfällt
- Inkrafttreten am 01.01.2011
- Kassen legen individuell die Prämie fest
- Regionalisierung durch Prämienhöhe
- Beibehaltung der BBG von 3.750 Euro
- Mehreinnahmen durch Prämien von 18 Mrd.
- Deckung des Defizits von 11 Mrd. durch Prämie

Dienstag, 01. Juni 2010
Rösler plant 30 Euro Pauschalprämie
Konkretisierungen des AOK-BV zur dpa-Meldung:
Nach den uns aktuell vorliegenden Informationen kristallisieren sich die ersten Eckpunkte für das von Bundesgesundheitsminister Rösler geplante Finanzierungsmodell heraus.

Danach soll zur Defizitdeckung 2011 in Höhe von prognostizierten 11 Mrd. € der allg. Beitragssatz paritätisch um bis zu 0,6 Beitragssatzpunkte auf das Niveau bei Einführung des Gesundheitsfonds angehoben werden. Darüber hinaus werden Einsparungen von 2 Mrd. € durch das Arzneimittelsparpaket erwartet.

Das restliche Defizit soll zusammen mit einer Umwidmung des Sonderbeitrags von 0,9 Beitragssatzpunkten über Prämien in Höhe von durchschnittlich ca. 30,- € finanziert werden. Das daraus prognostizierte Prämienaufkommen läge bei 18 Mrd. €.

Die bisherige Härtefallgrenze von 1 Prozent soll entfallen.

Der soziale Ausgleich wird über gestaffelte Beiträge für den Mitgliedsanteil nach Einkommensklassen realisiert (progressiv), wobei der Einstiegsbeitragssatz des Mitgliedsanteils auf 5 Prozent abgesenkt werden soll. So sollen Belastungen von Geringverdienern durch die Prämienzahlung kompensiert werden.

Die Beitragsausfälle aufgrund der Staffelung in Beitragsklassen (Sozialausgleich) in Höhe von 6 Mrd. € sollen über den Steuerzuschuss von 13,3 Mrd. € in 2011 finanziert werden.

Im ersten Jahr soll die Einstufung in die Beitragsklassen automatisch erfolgen. Danach sollen zusätzliche Einnahmen („alle Einkünfte“), die zu einer Höherstufung der Beitragsklasse führen, von den Mitgliedern bei den Krankenkassen angezeigt werden.

Kalkulatorisch würde nach einer ersten Überschlagsrechung der Finanzbedarf der GKV in 2011 mit dieser Konstruktion gedeckt. Dabei unberücksichtigt sind jedoch Prämienausfälle bei den Krankenkassen, deren Risiko kassenindividuell stark schwankt.

Die Lücke zwischen Einnahmen- und Ausgabenentwicklung in 2012 könnte über die Anhebung des Steuerzuschusses (offen zu 14 Mrd. € wären 700 Mio. €), Höherstufungen der Mitglieder aufgrund ihrer Einkommensangaben zu sonstigen Einkünften in höhere Beitragsklassen (erstmals 2012) und weiteren Einsparungen bei den Ausgaben gedeckt werden.

Ich verkneif mir weitere Kommentare, in mir brodelts noch zu sehr.
Herr, schmeiss Hirn vom Himmel!

Lohnbuchhalter
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Beitrag von Lohnbuchhalter » 02.06.2010, 15:51

Warum kehrt man nicht wieder zum alten Beitragssatzsystem zurück. Bei diesem System war die Notwendigkeit des Eingreifens auf Seiten der Politik zumindest nicht so stark, weil die Krankenkassen ihren Beitragssatz selbst bestimmen konnten. Somit hatte zumindest auch die Politik nicht den schwarzen Peter so wie jetzt. Des Weiteren war ein stärkerer Wettbewerb unter den Krankenkassen vorhanden, da der Kostendruck bedeutend größer war wie die 8 Euro Zusatzbeitrag.

KassenKenner
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Beitrag von KassenKenner » 02.06.2010, 16:55

Genau das ist die entscheidende Frage.
Ich sage ja nicht, dass das gesamte Defizit aus 2011 nur durch Einsparungen verhindert werden kann.

Aber man muss es wenigstens versuchen. Alleine bei den Ärzten sehe ich 4-5 Milliarden Euro Einsparpotential. Klar, da werden jetzt einige aufschreien. Denen entgegne ich allerdings, dass die Ärzte sich im Gegensatz zu den meisten anderen Berufsgruppen noch überhaupt nicht an den Folgen der Finanzkrise beteiligt haben. Während andere auf Einkommenserhöhungen verzichtet haben, sprudelte bei denen in den letzten Jahren nur so das Geld.

Auch damit hätte man noch immer ein Defizit. Dies ließe sich allerdings durch eine Anhebung des allgemeinen Beitragssatzes ausgleichen. Dabei lege ich allerdings Wert darauf, dass der Zusatzbeitrag von 0,9% abgeschafft wird und wir wieder zu einer echten paritätischen Finanzierung zurück kehren - damit auch die Arbeitgeber sich mal an den Kostensteigerungen beteiligen. Dies war ja in den letzten Jahren ebenfalls nicht der Fall.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 02.06.2010, 18:48

Hm wenn ich das alles so lese ist das doch wieder nur Murks, ohne das es effektiver und effizenter wird.

Kassendino
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Röslers Pläne

Beitrag von Kassendino » 02.06.2010, 19:29

Ich habe mir die Verlautbarungen des BMG inzwischen zum zweiten und dritten Mal reingezogen (kraft Aufgabe muss ich das noch mehrmals tun ....) und schüttle immer noch den Kopf. Rösler will die Einkommensprüfung, die der Einstufung in Beitragsklassen zugrunde liegt, von der Krankenkasse durchführen lassen, ab 2012 für alle Einkommensarten. Was daran unbürokratisch sein soll, ist mir schleierhaft.

Das Konzept sehr grob zusammengefasst würde ich wie folgt beschreiben: ab 2011 heisst der Zusatzbeitrag Gesundheitsprämie und ist nach oben hin ungedeckelt.

Und Lohnbuchhalter hat völlig recht: altes System mit kassenindividuellen Beitragssätzen - in Kombination mit einem einigermaßen funktionierenden MRSA - löst zwar auch die Grundprobleme nicht, ist aber schlichtweg besser weil einfacher.

Lord Dragon
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Beitrag von Lord Dragon » 02.06.2010, 20:01

Altes System ist zwar einfacher, aber so wären die Lohnnebenkosten immer weiter gestiegen. Das ist aber nicht gewünscht, da wir schon jetzt mehr als 40% Lohnnebenkosten haben. Weitere Steigerungen sind nicht akzeptabel.

Kassendino
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Begrenzung der Lohnnebenkosten

Beitrag von Kassendino » 02.06.2010, 21:06

ok, mal angenommen ich mache mir die Sichtweise, wonach die Lohnnebenkosten begrenzt werden müssen, zu eigen, warum kommt dann eigentlich niemand auf die Idee, das Einfrieren des Arbeitgeberanteils auf die Renten- und auf die Arbeitslosenversicherung zu übertragen? Zumindest für die Rentenversicherung könntest du sogar einen Teil der Begründungskette - z.B. demografische Entwicklung - übernehmen.

arme Sau
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Beitrag von arme Sau » 02.06.2010, 21:23

Lohnnebenkosten sollten Lohnhauptkosten heissen...

und: das System ist eh nicht zu retten... da keinerlei Anreize da sind um Leistung zu bringen. Dies ist nun mal in allen Bereichen so in D.

Hartz fear erscheint langsam für viele Mittelverdiener interessanter als arbeiten zu gehen... monetär zumindest, man muss ja noch dankbar sein, dass viele noch den Anstand haben morgens aufzustehen.

In der KV spricht der Einheitsbeitrag Bände... naja, hauptsache die Pharmalobby und die Kassenärtzl Vereinigung kassieren fett ab.

also abwarten bis alles vorüber ist... oder auswandern... warten auf Berlin jedenfalls nicht.

KassenKenner
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Beitrag von KassenKenner » 02.06.2010, 23:12

Lord Dragon hat geschrieben:Altes System ist zwar einfacher, aber so wären die Lohnnebenkosten immer weiter gestiegen. Das ist aber nicht gewünscht, da wir schon jetzt mehr als 40% Lohnnebenkosten haben. Weitere Steigerungen sind nicht akzeptabel.
Nur weil man etwas (wie unsere Politiker) immer und immer wieder wiederholt, wird es dadurch nicht richtiger. Deutschland liegt mit seinen Lohnnebenkosten unter dem europäischen Durchschnitt, zudem ist die Produktivität in Deutschland weit über dem Durchschnitt - die Arbeitgeber könnten sich also ruhig etwas mehr an unserem Sozialsystem beteiligen.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 03.06.2010, 18:51

Ich glaube das Problem, hat sich erledigt, sie CSU will nicht, also weitermchen mit der Murkserei........

ffrhh
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Beitrag von ffrhh » 04.06.2010, 08:07

Lord Dragon hat geschrieben:Altes System ist zwar einfacher, aber so wären die Lohnnebenkosten immer weiter gestiegen. Das ist aber nicht gewünscht, da wir schon jetzt mehr als 40% Lohnnebenkosten haben. Weitere Steigerungen sind nicht akzeptabel.
Bitte was?

Die Pflegeversicherung ist nicht mehr zu halten, die Arbeitslosenversicherung wird den Beitrag langfristig verdoppeln müssen, die Rentenversicherung soll auf bis zu 24% steigen... was bitte ist da nicht mehr akzeptabel? Ohne eine ABSCHAFFUNG ist dieses System nicht zu retten, niemals. Die Politik versucht immer nur, dies bis zum Ende der jeweiligen Amtszeit irgendwie zu überleben. Und ausgerechnet die Krankenversicherung (wo der AG-Beitrag sogar niedriger und festgeschrieben ist, als der AN-Beitrag) ist jetzt der böse Buhmann? Wie bitte? Was nicht verstanden?

Lohnbuchhalter
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Beitrag von Lohnbuchhalter » 04.06.2010, 08:18

warum wird eigentlich nicht mal drüber nachgedacht, dass sich jeder mit der Summe x ( meinetwegen 3% vom Bruttolohn) an seinen Gesundheitskosten beteiligt. Damit würde man zumindest für den Patienten ein wenig Transperenz reinbekommen und würde auch ein wenig zum Sparen angehalten werden. Und man würde als Versicherter auch mal ein Gefühl bekommen was Gesundheit eigentlich kostet und das ein Arztbesuch nicht kostenlos ist.

Kassendino
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Beteiligung an Gesundheitskosten

Beitrag von Kassendino » 04.06.2010, 10:32

Entschuldige Lohnbuchhalter, jetzt ma halblang.

Ich (4 köpfige Familie, Gattin 400 €-Job, 2 Kinder eines über 18 beide in Ausbildung) beteilige mich wie folgt an meinen Gesundheitskosten

7,9% von meinem Brutto
altersentsprechend ziemlich gesund, aber benötige jedes Quartal ein verschreibungspflichtiges MEdikament (für 15 Euro), so kamen in der Familie letztes JAhr dazu
120 € Praxisgebühren bei Arzt und Zahnarzt
90 € Zuzahlungen bzw. Selbstzahler bei nicht übernommenen Medikamenten (Infekte) sowie 1x Heilmittel
20 € Krankenhauszuzahlung
900 € Eigenanteil Zahnersatz ("Regelversorgung" ohne Schickimicki)

Ich darf mich nicht beklagen, ich verdiene gut. Aber die Versicherten beteiligen sich nun wahrlich schon an ihren Gesundheitskosten, und viele haben schwer daran zu nagen.

Lohnbuchhalter
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Beitrag von Lohnbuchhalter » 04.06.2010, 10:44

@ Kassendino
es mag ja sein, dass du dich an deinen Gesundheitskosten beteiligst, das will ich ja auch nicht in FRage stellen.
Aber auch du kannst mir nicht sagen welche KOsten du im letzten Jahr dem Gesundheitswesen verursachst hast und darum geht es mir. Der Versicherte soll ein Gefühl bekommen was Gesundheit kostet und es soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass mit den 10 € Praxisgebühr der Arzt bezahlt ist.
So ein prozentuale geringe Beteiligung hätte den Vorteil, dass der Patient wieder auch als Kunde wahrgenommen wird und Patienten überlegen ob ein Arztbesuch wirklich notwendig ist und auch sehen würde was abgerechnet wird, also in Summe mehr transparenz was dem System mit Sicherheit nicht schlecht tut.
Meinetwegen können die ganzen Zuzahlungen etc. wegfallen, da sie eh nur eine geringe Steuerungswirkung haben.

Kassendino
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Beitrag von Kassendino » 04.06.2010, 19:07

ey, an dem Tag, an dem ein Patient vom Leistungserbringer als Kunde wahrgenommen und behandelt wird, werde ich weinen und sagen: dass ich das noch erleben durfte ....

DIe Diskussion darüber, ob Transparenz in der Kostenabrechnung das Inanspruchnahmeverhalten steuert und letztlich zur Kostensenkung beiträgt, ist langanhaltend und kontrovers. Ich gehöre zu denen, die sehr skeptisch sind, und zwar mit Verweis auf die Problemne der PKV. Dort haben die Versicherten = Patienten vollste Transparenz, und was machen sie daraus?

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