Beitragsnachforderung nach Falschberechnung

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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Ortnit
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Beitragsnachforderung nach Falschberechnung

Beitrag von Ortnit » 10.12.2009, 17:15

Hallo,

meine (ehemalige) Krankenkasse fordert von mir eine Nachzahlung von mehreren tausend Euro.

Ich war als Existenzgründer (mit Gründungszuschuss) bei dieser Krankenkasse über fast 2 Jahre versichert. Die Krankenkasse hat aufgrund meiner Angaben (Einkommensschätzung + Gründungszuschussnachweis) einen vorläufigen Beitrag berechnet.

Ich habe die Krankenkasse mehrfach darum gebeten, unbedingt einen realitätsnahen Beitrag zu berechnen, damit es nicht zu hohen Einmalnachforderungen kommt, da ich aufgrund meiner freiberuflichen, sehr schwankenden Auftragslage oftmals auch für mehrere Wochen oder Monate ohne Einkommen bin und eine hohe Einmalnachzahlung in einer auftragslosen Phase existenzbedrohend für mich wäre.

Nachdem die Krankenkasse seinerzeit wiederholt ihre Beitragssätze erhöht hat, habe ich schließlich gekündigt, weil es mir zu teuer wurde und habe mich privat versichert. Ich ahnte damals nicht, dass ich eigentlich die ganze Zeit schon weitaus höhere Beiträge hätte zahlen müssen und die sukzessive Erhöhung der Beitragssätze quasi Peanuts waren gegen die realen Beiträge, die ich eigentlich schon hätte zahlen müssen, was mir aber nicht bewußt war, weil die Krankenkasse bei der Berechnung der Beitragsvorauszahlungen den (ihr per schriftlichem Nachweis bekannten) Gründungszuschuss nicht mit eingerechnet hat. Ich hatte mich als Laie naiverweise darauf verlassen, dass die Krankenkasse die Beiträge schon richtig berechnen würde, nachdem ihr alle relevanten Angaben von Anfang an vorlagen (meine Einkommensschätzung war relativ treffsicher).

Jetzt fordert sie eine entsprechende Nachzahlung für die Zeit, in der ich den Gründungszuschuss erhalten habe, weil sie diesen ja primär nicht berücksichtigt hatte.


Meine Frage hierzu:

Darf die Krankenkasse nachträglich eine solch hohe Nachzahlung fordern, die aufgrund einer offensichtlichen jahrelangen Falschberechnung der Beitragsvorauszahlungen entstanden ist - im Hinblick darauf, dass ich die Krankenkasse bereits weitaus früher gewechselt hätte, wenn ich gewusst hätte, wie hoch die Beiträge in Wirklichkeit sind (dies kann ich über entsprechenden Briefverkehr nachweisen) ?
Im privatrechtlichen Bereich könnte man dies z.B. wg. arglistiger Täuschung o.ä. anfechten, aber bei einer staatlichen Einrichtung gelten ja leider oft andere (einseitig staats-günstige) Regeln (z.B. zu viel bezahlte Beiträge kriegt man nicht zurück, zu wenig bezahlte muss man nachzahlen; normale Verzugszinsen betragen ca. 5-8% pro Jahr, „Säumniszuschläge“ des Staates betragen aber bis zu 5% pro Monat = 60% pro Jahr etc.).
Ich fühle mich durch die jahrelange Verschleierung der wahren Beiträge durch die Krankenkasse getäuscht und überlege diese nachträgliche „Beitragsanpassung“ vor dem Sozialgericht abzuwehren. Besteht dabei Aussicht auf Erfolg ?

Besteht zumindest die Chance, dass ich die mir durch diese Falschberechnung entstanden zusätzlichen Kosten geltend machen kann ?
Ich musste z.B. extra einen Kredit aufnehmen, um die Nachzahlung zu bestreiten, da die Krankenkasse eine Ratenzahlung nur bei „unwiderruflicher Anerkenntnis“ der Nachforderung genehmigen wollte; aber ich will diese Beitragsnachforderung eben erstmal nicht anerkennen und habe Widerspruch eingelegt, um mir weitere Schritte offen zu lassen. Außerdem kann ich die Nachzahlung in meiner Einkommensteuererklärung nicht steuermindernd geltend machen, da Ausgaben für Krankenversicherungen ja kalenderjahresabhängig nach oben gedeckelt sind, während ich diese bei korrekter Berechnung der Beitragsvorauszahlungen durch die Verteilung über mehrere Jahre in den jeweiligen Jahren hätte absetzen können etc.

Vielen Dank für Eure Hilfe.
Ortnit

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 10.12.2009, 18:53

Hallo,
ja, darf sie, innerhalb der Verjährungsfrist. Die damalige Einstufung war
vorläufig und wird erst in eine endgültige umgewandetl (rückwirkend) wenn der oder die dazugehörigen Einkommensteuerbescheide der Kasse vorgelegt werden - da hast du meines Erachtens nach keine Chance.
Die Tatsache, dass Du die Kasse inzwischen verlassen hast, ändert daran nichts - im Gegenteil, die Kasse hat keinen Grund dir entgegen zu kommen
(Erlass der Säumniszuschläge oder Ratenzahlungsvereinbarung).
Merkwürdig finde ich persönlich den Umstand, dass die Kasse seinerzeit deiner Bitte um Erhöhung des "vorläufigen" Krankenversicherungsbeitrages nicht zugestimmt hat - wo "wir" Kassen doch so auf das Geld scharf sind.
Gruß
Czauderna

Hucky
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Beitrag von Hucky » 10.12.2009, 20:00

Hallo,

wie schon Czauderna erwähnt hat, darf und muss die KK die Beiträge aufgrund neuer Erkenntnisse rückwwirkend korrigieren.

Warum die KK nicht auf Deinen Wunsch, eine höheren Beitrag anzusetzen, reagiert ist mir klar. Hätte ich auch nicht. Die KK kann nur die Einnahmen vorausseten, die sie anhand der eingereichten Unterlagen zu erwarten hat. Daher gilt der Bescheid nur vorläufig. Bei uns ist auch der Vermerk, dass es diese Festsetzung rückwirkend korrigiert werden kann, wenn sich nachträglich entsprechend andere Einnahmen ergeben.

Dumm gelaufen für Sie. Schade.

VG
Hucky

Ortnit
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Beitrag von Ortnit » 11.12.2009, 10:17

Hallo,

danke für Eure schnellen Antworten.

Der Knackpunkt an der Sache ist allerdings nicht der, dass eine gesetzliche Krankenkasse nach Festsetzung eines vorläufigen Beitrags bis zu 4 Jahre rückwirkend Beitragsnachforderungen anstellen darf, wenn neue Erkenntnisse über die Einkommensverhältnisse vorliegen (z.B. eingereichter Steuerbescheid); das ist ja auch in Ordnung.
Sondern dass sie trotz Kenntnis (von Anfang an!) über die wahren Einkommensverhältnisse jahrelang viel zu wenig berechnet hat (hat nur meine geschätzten Einnahmen zugrunde gelegt und den Gründungszuschuss „vergessen“) und mir dauernd von ihrem günstigen Sondertarif für Existenzgründer vorgeschwärmt hat (telefonisch und schriftlich), so dass ich davon ausgegangen bin, dass die Beiträge tatsächlich - zumindest annähernd - so niedrig sind wie als Vorauszahlung berechnet.
Nur so konnte sie mich als Mitglied halten, weil ich sonst schon viel früher gekündigt hätte – einfach weil ich mir die tatsächlichen Beiträge schlicht und einfach nicht leisten konnte (sieht man auch an dem Kredit, den ich extra zur Begleichung dafür aufnehmen musste).

D.h. die Krankenkasse hat einen Fehler gemacht bei der Berechnung der vorläufigen Beiträge (ob bewusst oder irrtümlich sei einmal dahingestellt, aber „merkwürdig“ ist es allemal!) und ich muss ihn ausbaden (jahrelang zu teuer versichert, jetzt Kreditkosten etc.)

Die Kernfrage an ähnlich Betroffene ist somit, ob schon jemand einmal versucht hat, gegen derartige Täuschungen (kommt wohl doch häufiger vor, wie immer wieder zu lesen ist) sozialgerichtlich vorzugehen – und wenn ja, mit welchem Erfolg.
Im Zivilrecht gibt es ja bekanntlich die Möglichkeit, Verträge anzufechten, wenn eine Vertragspartei in wesentlichen Vertragsbestandteilen (z.B. reale Beitragshöhe) getäuscht wurde oder ein Irrtum vorlag.

Gruß.
Ortnit

heinrich
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Beitrag von heinrich » 11.12.2009, 10:20

Hallo,

die meine Vorredner bereits geschrieben haben,

darf die KK die Nachberechnung vornehmen.


Mich interessiert aber noch folgendes.

Schreib doch mal bitte.

Wann deine Selbstständigkeit und freiwillige Versicherung begann ??

Welches Datum der Einkommensteuerbescheid für dieses erste Jahr des Selbstständigkeit hat ???

und wann Du diesen bei der KK eingereicht hast ??

Ortnit
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Beitrag von Ortnit » 11.12.2009, 18:57

Hallo, Heinrich !

Das Problem sind nicht die einkommensabhängigen Nachzahlungen - die gehen in Ordnung.

Das Problem ist der Gründungszuschuss: Die Krankenkasse hat die vorläufigen Beiträge ohne Einbeziehung des Gründungszuschusses berechnet, der ja auch sozialversicherungspflichtig ist (abzgl. 300 Euro) - wie ich jetzt weiß.
Hierüber wurde ich nicht aufgeklärt - und ich habe mich naiverweise mit den (auch immer so von der Krankenkasse angepriesenen) niedrigen Beiträgen arrangiert (sprich: keine Rücklagen für die Nachforderungen gebildet, sondern den Gewinn jeweils investiert).

Letztendlich ist die entscheidende Frage, ob die Krankenkasse nicht von Anfang an den Gründungszuschuss hätte mitberücksichtigen müssen - oder mich zumindest hierüber hätte aufklären müssen, dass sich der vorläufige Monatsbeitrag per zukünftiger Nachzahlung fast verdoppeln wird, da sie den Gründungszuschuss erst nachträglich mit einberechnen.
Immerhin besteht nach SGB richtigerweise Aufklärungspflicht, da man als Laie diese Feinheiten ja nicht kennen kann - schon gar nicht in der Gründungsphase, wo man ganz sicher noch andere "Beschäftigungen" hat, als das SGB in allen Details zu studieren.

Wie aus Euren Antworten aber hervorgeht, scheint es ja tatsächlich leider gesetzeskonform zu sein, den Mitgliedern erstmal niedrige Beiträge vorzugaukeln, ohne über vom ersten Beitragsbescheid an absehbare Nachzahlungen aufzuklären, und dann von dem völlig ahnungslosen Mitglied eine saftige existenzbedrohende Nachzahlung einzufordern.

Fair geht anders, aber ist halt wohl so.

Trotzdem danke für Eure Informationen.

heinrich
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Beitrag von heinrich » 12.12.2009, 00:40

Hallo,

bist du wirklich sicher, dass der Gründungszuschuss anfangs nicht mit angesetzt worden ist.

Evt. wurde dieser berücksicht. Zusätzlich dann eine Eingangsschätzung von Dir (die evt niedrig war). Damit zusammen ergab sich dann ggf. die entsprechende Mindeststufe. Es muss ja schon eigentlich die Mindeststufe gewesen sein, wenn jetzt der doppelte Beitrag rauskommt.

In so einem Forum kann man leider nicht die Akte einsehen, um genauere Infos in komplexe Sachverhalte zu geben.

Leider ist es auch so, dass Kunden etwas falsch verstehen und später sagen, dass der Mitarbeiter einen Fehler gemacht hat. Dies erlebe ich immer wieder, da ich auch im Beschwerdemanagement tätig bin. Nach aufwändigen Recherchen ergibt sich dies leider immer wieder. Damit soll aber nicht gemeint sein, dass Du hier moralisch im Recht bis.

Trotzdem schade, dass Du meine Frage
"
Wann deine Selbstständigkeit und freiwillige Versicherung begann ??

Welches Datum der Einkommensteuerbescheid für dieses erste
Jahr der Selbstständigkeit hat ???

und wann Du diesen bei der KK eingereicht hast ??"

nicht beantwortest hast.

heinrich
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Beitrag von heinrich » 13.12.2009, 12:46

Hallo Ornit,

würdest Du meine Frage noch beantworten.

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