Bei Sozialhilfe Basistarif Zwang?

Moderator: Czauderna

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klomann
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Bei Sozialhilfe Basistarif Zwang?

Beitrag von klomann » 30.03.2013, 18:45

Hallo,

folgende Situation: Ich bin längere Zeit arbeitsunfähig, war über 2 Jahre ALG II gemeldet, und musste nun in die Sozialhilfe wechsel (Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII). Das Arbeitsamt hatte bisher immer die Höhe des halben Basistarifes + private Pflegeversicherung übernommen (297 + 14 euro).

Nun stellt sich das Sozialamt aber quer, und hat mir geschrieben, ich "müsse" und bin dazu verpflichtet, in den Basistarif meiner PKVz wechseln, dies müsste ich dann nachweisen, vorher würde kein Geld bezahlt werden.

Nun meine Frage, stimmt dies? Gibt/Gab es dazu eine Gesetzesänderung in letzter Zeit? Ich bin eigentlich der Meinung, dass die Regelung der Kostenübernahme, egal welchen Tarif ich nun bei meiner PKV habe, an die Hälfte des Basistarifes gekoppelt ist, und dies auch im SGB XII gilt, wie im SGB II.

Poet
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Re: Bei Sozialhilfe Basistarif Zwang?

Beitrag von Poet » 30.03.2013, 21:43

klomann hat geschrieben:Hallo,

folgende Situation: Ich bin längere Zeit arbeitsunfähig, war über 2 Jahre ALG II gemeldet, und musste nun in die Sozialhilfe wechsel (Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII). Das Arbeitsamt hatte bisher immer die Höhe des halben Basistarifes + private Pflegeversicherung übernommen (297 + 14 euro).

Nun stellt sich das Sozialamt aber quer, und hat mir geschrieben, ich "müsse" und bin dazu verpflichtet, in den Basistarif meiner PKVz wechseln, dies müsste ich dann nachweisen, vorher würde kein Geld bezahlt werden.

Nun meine Frage, stimmt dies? Gibt/Gab es dazu eine Gesetzesänderung in letzter Zeit? Ich bin eigentlich der Meinung, dass die Regelung der Kostenübernahme, egal welchen Tarif ich nun bei meiner PKV habe, an die Hälfte des Basistarifes gekoppelt ist, und dies auch im SGB XII gilt, wie im SGB II.
@klomann: Ja, das ist so. Wurde sogar durch ein Urteil bestätigt:

Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen 06. Mai 2010 (AZ: L 12 B 107/09 SO ER)

Hintergrund war seinerzeit folgender: Ein privat versicherter Sozialhilfeempfänger darf leistungsmäßig und beitragsmäßig nicht besser oder schlechter gestellt sein als ein gesetzlich versicherter ALG IIer.

klomann
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Beitrag von klomann » 31.03.2013, 01:44

@Poet: Hallo, danke für die Antwort. Was meinten Sie jetzt damit? (: Dass ich mir selber den Tarif aussuchen kann, Mehrkosten über der Hälfte des Basistarifes dann zwar selber tragen müsste, oder dass das Sozialamt mich zwingen kann, in den Basistarif zu wechseln.

Auf Wiki steht dazu:

Kein Wechselzwang in den Basistarif
Für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II oder XII kann durch die Sozialbehörden weder aus der bestehenden Versicherungspflicht, noch aus der Existenz des Basistarifs eine Verpflichtung zum Wechsel in den Basistarif abgeleitet werden. Dies bedeutet nicht, dass die Behörden dazu verpflichtet sind, Beiträge in anderen Tarifen ungeachtet von Beitragshöhe und Leistungsumfang zu übernehmen, da § 32 Abs. 5 SGB XII im Bereich der Sozialhilfe lediglich die Übernahme angemessener Aufwendungen vorsieht. Das SGB II spricht von der Übernahme der Beiträge im notwendigen Umfang. Als Maßstab für die Angemessenheit bzw. dem notwendigen Umfang bei privaten Krankenversicherungsverträgen gilt der mit den Pflichtleistungen der GKV vergleichbare Basistarif. Möchten Versicherte in einem anderen, ggf. umfangreicheren Tarif verbleiben, können Sie von den Sozialbehörden im Rahmen bestehender Mitwirkungspflichten dazu aufgefordert werden, von dem jeweiligen Versicherungsunternehmen fiktiv den individuellen Beitrag zum Basistarif berechnen zu lassen. Im Rahmen der Sozialleistungen werden Beiträge zu anderen Tarifen bis maximal zu diesem fiktiv ermittelten individuellen Beitrag zum Basistarif übernommen, da ein Wechsel in den Basistarif grundsätzlich als zumutbar gilt. Eine ggf. bestehende Beitragsdifferenz zu Normaltarifen oder vertraglich vereinbarte Selbstbehalte zu Normaltarifen sind von den Versicherten selbst zu tragen.[24][25][26] Auch wenn Sozialbehörden keinen unmittelbaren Zwang ausüben dürfen, um einen Wechsel in den Basistarif zu erreichen, wird die grundsätzliche Zumutbarkeit eines Wechsel zusammen mit der Begrenzung der Beitragszahlung auf den individuellen halbierten Beitrag zum Basistarif dazu führen, dass viele hilfebedürftige PKV-Versicherte aus Normaltarifen in den Basistarif wechseln müssen, sofern ihr bisheriger Beitrag den individuellen halbierten Beitrag zum Basistarif übersteigt.

Ich habe spontan außerdem noch dieses hier gefunden:

"Das LSG München – L 8 SO 26/11 hat am 19.07.2011 entschieden, dass der Träger der Grundsicherung auch dann Aufwendungen zur privaten Krankenversicherung zu übernehmen hat, wenn der Sozialhilfeempfänger einen anderen Tarif als “Basistarif” gewählt hat. Ein Tarifwechsel in den Basistarif könne – trotz der rechtlichen Möglichkeit – nach den Vorschriften des SGB XII jedoch nicht verlangt werden. Es bliebe aber dabei, dass nur die angemessenen Kosten übernommen werden. Das bedeute in den meisten Fällen, dass lediglich die Kosten in Höhe des halben Basistarifs übernommen werden müssen." http://www.anwalt-kiel.com/sozialrecht/ ... erungsamt/

Was mache ich nun? Ich bin in privatärtzlicher Behandlung. Wieso sollte und kann mich das Sozialamt zwingen, in den Basistarif zu wechseln, wobei sich an der eigentlichen Kostensumme nichts ändern würde? Ich bin ehrlich gesagt nun ziemlich verzweifelt, wenn ich höre, dass ich doch Wechseln müsste.

Poet
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Beitrag von Poet » 31.03.2013, 12:03

klomann hat geschrieben:@Poet: Hallo, danke für die Antwort. Was meinten Sie jetzt damit? (: Dass ich mir selber den Tarif aussuchen kann, Mehrkosten über der Hälfte des Basistarifes dann zwar selber tragen müsste...
@klomann: Ja, genau so habe ich das gemeint. Sorry, meine AW war so rum oder so rum zu lesen, habe ich jetzt erst bemerkt. Die ersten Urteile drehten sich seinerzeit um den umgekehrten Fall, nämlich dass jmd den Beitragszuschuss für einen Tarif übernommen haben wollte, der preislich deutlich über dem Basistarif liegt (was auch bei Dir irgendwann passieren könnte). Das Sozialamt übernimmt beteiligt sich jedoch maximal an den Kosten des Basistarifes und kann insofern lediglich Druck ausüben über die Höhe der Kostenbeteiligung. Das ist die Ableitung daraus.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 03.04.2013, 17:24

Nun ja, das Sozialamt kann Dich de facto nicht zwingen in den Basistarif zu wechseln.

Das Sozialamt kann es nur über die Geldschiene machen.

Allerdings gibt es doch ganz offensichtlich immer noch Sozialämter die versuchen, die Kunden in den Basistarif zu drängen.

Dies ist allerdings rechtswidrig. Du hast selber ein Gestaltungsrecht, in welchem Tarif Du versichert sein möchtest.

Du solltest aber auch aufpassen. Denn in den Normaltarifen hat man in der Regel Selbstbeteiligungen. Den Basisatarif kann man ohne Selbstbeteiligung beanspruchen. Dort gibt es dann nur die Zuzahlungs- und Belastungsgrenzen.

Wenn Du im derzeitigen Tarif bspw. eine Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000,00 € hast, dann wird das Sozialamt diese Selbstbeteiligung nicht übernehmen. In dieser Konstellation kannst Du die Selbstbeteiligung vermeiden, in dem Du in den Basistarif wechselt.

Ferner bestehen häufig Probleme mit den Kur- und Rehamaßnahmen. In der Regel sind Kuren und Rehamaßnahmen in den Normaltarifen nicht versichert. Im Basistarif sind diese Maßnahmen enthalten.

Nur mal so ein kleines Beispiel. Du bist im Normaltarif und bekommst einen Infakt. Die normale Krankenhausbehandlung übernimmt die PKV in Normaltarif. Aber die anschließende Kur- bzw. Rehamaßnahme nicht. Da kommen mal so eben ein paar Tausend Euronen um die Ecke.

Dann hast Du ein Problem. Im Basistarif ist dies kein Problem.

In Normaltarif musst Du in der Regel die Arztrechnung oder Apothekenrechnung vorlegen und dann zur Erstattung bei der PKV einreichen. Kannst Du bspw. ein Rezept in Höhe von 500,00 € mal so eben zwischenfianzienren? Hast Du die 500,00 € in der Schublade liegen.

Im Basistarif hingegen kann der Arzt oder Apotheker direkt mit der PKV abrechnen; hier musst Du nicht vorlegen.

Der Basistarif hat ganz klar Nachteile, aber teilweise auch Vorteile.

Das Sozialamt bzw. der Sachbearbeiter sollte Dich vernünftig aufklären.

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