Rückwirkende Einstufung als nebenberuflich Selbständige

GKV - PKV wie kann man sich am besten versichern?

Moderator: Czauderna

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empirico
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Rückwirkende Einstufung als nebenberuflich Selbständige

Beitrag von empirico » 27.02.2010, 12:15

Hallo

ich bin seit 2008 nebenberuflich Tätig (Haupteinkunftsquelle Ehemann) und habe jetzt endlich nach unendlichen Verhandlungen eine reduzierten Tarif bekommen. Ich habe seit 2008 fast 3000 € zu viel bezahlt.

Die TK schrieb mir, dass "eine rückwirkende Einstufung als nebenberuflich Selbständige leider nicht möglich" ist. Allerdings hat sich an meiner Situation seit Versicherungsbeginn nichts geändert und ich habe von Anfang an auf meine Nebeberuflichkeit aufmerksam gemacht. Außerdem scheint es ja so zu sein, dass rückwirkende Beitragserhöhungen ohne weiteres möglich sind.

Was soll ich machen ? Gibt es eine Schlichtungsstelle oder so was ? Anwalt ? Oder einfach nur über den reduzierten Tarif freuen und das Maul halten ?

Danke und Gruß
empirico

Bully
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Beitrag von Bully » 27.02.2010, 14:39

Hallo,

Du hast 2 Möglichkeiten.

1) den Betrag der Krankenkasse sponsern, (möchtest Du das)

2) da Du ja von Anfang an, Deine nebenberufliche Tätigkeit angemeldet
hast, und dieses auch schriftlich besitzt, besteht durchaus ein
sozialrechtlicher Herstellungsanspruch.
Ausgleichsanspruch im Sozialrecht: Wird durch ein fehlerhaftes
Verwaltungshandeln eines Sozialversicherungsträgers die
Rechtsstellung eines Versicherten verschlechtert,
muß die Behörde den geseztlich gebotenen Rechtszustand
herstellen. ( z.b. bei unzureichender Beratung )

Widerspruch einlegen und notfalls SG.

Gruß Bully

MarcellosWallos
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Beitrag von MarcellosWallos » 27.02.2010, 21:33

So pauschal wie mein Vorgänger würde ich das nicht sagen. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Ich arbeite selbst in der Beitragsabteilung einer großen Krankenkasse.
In welcher Einkommensklasse bist du denn? Mindestbemessung für hauptberuflich Selbstständige, für hilfebedüftige Selbstständige oder für nicht hauptberuflich Selbstständige?
Grundsätzlich ist aber eine rückwirkende Einstufung nicht möglich. Das ergibt sich schon aus den einheitlichen Verfahrensrichtlinien für Selbstzahler. Wie warst du denn vor deiner Selbstständigkeit versichert? Versicherungspflichtig oder familienversichert?

empirico
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Beitrag von empirico » 28.02.2010, 00:14

Danke für die Antworten.

Ich nehme so etwa 1000 € im Monat ein. Ich bin nebenberuflich Tätig, da die Haupteinkünfte von meinem Ehemann erwirtschaftet werden. Vor der nebenberuflichen Tätigkeit war ich bei meinem Mann familienversichert.

Gruß
empirico

Bully
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Beitrag von Bully » 28.02.2010, 12:09

MarcellosWallos hat geschrieben: Grundsätzlich ist aber eine rückwirkende Einstufung nicht möglich
ist ja so nicht ganz richtig,
leider brauchen einige Kassen immer erst ein SG-Bescheid.

Klar kommt es immer auf den Einzelfall an.

Hier ist es aber so, das sich an der Situation nichts geändert hat
, hier wurde erst nach unzähligen Verhandlungen ein anderer Tarif angeboten.
diese Begründung der KK, die jetzt auf einmal zu diesem Sinneswandel führte würde mich mal interessieren.

und dann beantwortet sich das von selber.

Gruß Bully

MarcellosWallos
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Beitrag von MarcellosWallos » 28.02.2010, 13:20

Ob nun nebenberuflich oder hauptberuflich ist zunächst nicht von weiterer Bedeutung. Es kommt auf die gemeinsamen Einkommen an. Für die Beitragseinstufung als hilfebedüftiger Selbstständiger werden beide Einkünfte zur Beurteilung herangezogen. Dann ist noch zu beurteilen, ob dein Mann privat oder gesetzlich versichert ist. Hier ist jeder Fall anders. Eine pauschale Beurteilung lässt sich in einem solchem Forum kaum beantworten. Man benötigt Unterlagen.
Zu einer rückwirkenden Beitragseinstufung: Diese kommt nur in Betracht, wenn die Krankenkasse ein Verschulden trifft. Hierzu gibt es klare Regelungen in den einheitlichen Verfahrensrichtlinen. Zu den Sozialgerichtsurteilen. In der Regel gewinnt bei beitrags- und versicherungsrechtlichen Fragen die Krankenkasse. Das ist allerdings mein persönliches Empfinden bei meinem Arbeitgeber. Kann natürlich zwischen den Krankenkassen variieren.

Bully
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Beitrag von Bully » 28.02.2010, 14:49

MarcellosWallos hat geschrieben:Zu den Sozialgerichtsurteilen. In der Regel gewinnt bei beitrags- und versicherungsrechtlichen Fragen die Krankenkasse.
Es hatte sich insgesamt nichts geändert.
warum denn dann bitte eine andere Einstufung. ?????????

oh mit den Urteilen, die gerechtfertigt sind enden 75% mit einen Vergleich.

Was soll ich machen ? Gibt es eine Schlichtungsstelle oder so was ? Anwalt ? Oder einfach nur über den reduzierten Tarif freuen und das Maul halten ?

nein man muß diesen Bescheid nicht so einfach hinnehmen. Widerspruch plus eventuellen Termin beim SG sind für den Kläger kostenlos, ferner muß man nicht Anwaltlich beim SG vertreten sein,

Gruß Bully

glanceboden
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Beitrag von glanceboden » 07.03.2010, 11:40

Wieso steht ein Wechsel in die PKV, die dieses Einkunftsproblem nicht besitzt, nicht zur Debatte?

empirico
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Beitrag von empirico » 13.03.2010, 17:25

Vielen Dank für die Antworten. Die TK überprüft die Rückwirkende Einstufung noch mal. Wenn sie sich nicht meldet, werde ich mal hingehen und versuchen im 4 Augen Gespräch eine Rückzahlung zu erreichen.

Es kommt anscheinend nicht nur auf das gemeinsame Einkommen an. Bei mir ist die Nebenberuflichkeit durch das Haupteinkommen meines Mannes und eine Wochenarbeitsziet von unter 10 h gegeben.

PKV kommt nicht in Frage, da ich mir sowieso die ganze Zeit überlege, ob diese Nebentätigkeit Sinn macht (wegen der ganzen Sozialabgaben). Ich könnte dann ja nicht mehr einfach aufhören und in die Familienversicherung meines Mannes zurück.

Gruß
empirico

Hucky
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Beitrag von Hucky » 13.03.2010, 18:47

Bully hat geschrieben:
MarcellosWallos hat geschrieben:Zu den Sozialgerichtsurteilen. In der Regel gewinnt bei beitrags- und versicherungsrechtlichen Fragen die Krankenkasse.
Es hatte sich insgesamt nichts geändert.
warum denn dann bitte eine andere Einstufung. ?????????

oh mit den Urteilen, die gerechtfertigt sind enden 75% mit einen Vergleich.

Was soll ich machen ? Gibt es eine Schlichtungsstelle oder so was ? Anwalt ? Oder einfach nur über den reduzierten Tarif freuen und das Maul halten ?

nein man muß diesen Bescheid nicht so einfach hinnehmen. Widerspruch plus eventuellen Termin beim SG sind für den Kläger kostenlos, ferner muß man nicht Anwaltlich beim SG vertreten sein,

Gruß Bully
Ein Vergelich ist eine Niederlage für BEIDE Seiten. Wenn sich der Vers. bzw. dessen Anwalt so super sicher ist, dann braucht er keinen Vergleich.

Eine rückwirkende Einstufung ist nur bei Verfahrensfehlern der KK möglich. Ansonsten nur in die Zukunft gerichtet. Beides hat MarcellosWallos hingewiesen!

Dass die KK im Versicherungs- und Beitragsrecht immer gewinnt, stimmt nicht.

VG
Hucky

RHW
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Beitrag von RHW » 14.03.2010, 14:10

Ein Aspekt, der mir hier noch wichtig erscheint:
Wenn in der Vergangenheit zu der Selbständigeneinstufung bereits ein Bescheid existiert:
- Wurde in der angegebenen Frist Widerspruch eingelegt?
- Oder hatte der Bescheid keine Widerspruchsklausel: dann gilt eine Frist von einem Jahr!

Rossi
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Beitrag von Rossi » 11.04.2010, 12:55

Es dürfte ganz egal sein, ob der Bescheid ne Widerspruchsbelehrung hat, oder nicht.

Schließlich gibt es die sog. Wunderwaffe des § 44 SGB X. Hiermit kann man bereits bestandskräftige Bescheide immer wieder hochholen, auch wenn sie schon rechtskräftig sind.

Wir sind nämlich im Bereich des Sozialrechts, da ist immer das besondere Schutzbedürfnis des Kunden zu sehen.

Wobei, ich hatte letztens auch so eine ähnliche Geschichte. Da wurde der Antrag auf Überprüfung des Bescheids nach § 44 SGB X gestellt und innerhalb von 14 Tagen kam die Nachricht der Kasse, dass das nicht mehr geht, da der Bescheid schon rechtskräftig ist.

Da bin ich erst einmal rückwärts vom Stuhl gefallen und hab dann mal höflich nachgefragt, wenn welcher Vorschrift die Bestimmungen des § 44 SGB X für die Kassen nicht gilt. Danach begann das Schweigen im Walde!!

doppelcalifax
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Beitrag von doppelcalifax » 17.05.2010, 17:23

Hallo,

ja die Krankenkassen und der §44 SGB X, das ist ein brisantes Thema.

Ich habe jetzt einen Fall. da hat die Krankenkasse aus "Kulanz" meine Mandantin als nebenberuflich selbstständig zum 01.01.2010 rückwirkend eingestuft. Das scheint offensichtlich die Linie zu sein, ein paar Monate
rückwirkend geht noch alles aber weiter zurück ändern wir nichts.

Für 2009 will die Kasse trotz ausdrücklichen Antrags nichts ändern wegen versäumter Mitwirkungspflichten. Die Beitragsbescheide für 2009 sind leider auch schon rechtskräftig, aber ich bin da der Meinung von Rossi, dass auch diese mit §44 SGB X wieder überprüft werden müssten.

@empirico

Hat die TK bei Ihnen nunmehr positiv entschieden (auch rückwirkend)?

@Rossi

Haben Sie schon einmal §44 SGB X erfolgreich beim SG wegen falscher Einstufung bei der Beitragsbemessung durchgefochten?

Gruß
doppelcalifax

Rossi
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Beitrag von Rossi » 17.05.2010, 18:21

Haben Sie schon einmal §44 SGB X erfolgreich beim SG wegen falscher Einstufung bei der Beitragsbemessung durchgefochten?
Bislang habe ich es fast immer im Widerspruchsverfahren geschafft!

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