Endgültige Beitragsberechnung ...

GKV - PKV wie kann man sich am besten versichern?

Moderator: Czauderna

Antworten
Peter_W
Beiträge: 2
Registriert: 12.07.2018, 14:45

Endgültige Beitragsberechnung ...

Beitrag von Peter_W » 03.08.2018, 15:02

Hallo zusammen, ich habe Fragen zur endgültigen Beitragsberechnung bei Selbständigen.

Ich bin freiwiliig Versicherter bei der TK.

In den Jahren bis 2014 lagen meine Einkünfte aus gew. Tätigkeit jeweils oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen und ich zahlte monatlich den Höchstbeitrag. So weit, so gut.

Im Jahre 2015 lag ich per Ende Juni bei einem BWA-Ergebnis (entspricht den Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit im ESt-Bescheid) von Euro 55 TSD. Im Juli ging mein größter Kunde in Insolvenz und ich konnte die hohen KK-Beiträge nicht mehr leisten. Nach Rücksprache mit der TK reichte ich Ende Juli einen Ermässigungsantrag ein wg. Gewinneinbruch. Diesem Antrag waren beigefügt die BWA mit dem per Ende Juni ausgewiesenen Ergebnis sowie die Planwerte für das zweite Halbjahr, wonach sich pro Monat nur noch "Nullergebnisse" darstellten. Ebenfalls wurde eingereicht der am 23.07.15 ausgestellte und veränderte Vorauszahlungsbescheid des FA, wonach bereits ab Quartal II keine ESt-Vorauszahlungen mehr zu leisten waren.
Dem Antrag wurde durch die TK mit Wirkung zum Beitragsmonat 08/15 zugestimmt und ich zahlte dann nur noch Euro 243,10 pro Monat statt zuvor Euro 707,44.
Wichtig in diesem Zusammenhang:
Der TK war also das BWA-Ergebnis per Ende Juni 15 bekannt !

Nun liegt der ESt-Bescheid für 2015 seit Anfang 2018 vor und ich hatte diesen im Juni 18 aufgrund des obligatorischen Einkommensanfrageschreibens der TK eingereicht. Der ESt-Bescheid zeigt bei den Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit in etwa den Betrag, den auch meine im Juli 15 bei der TK eingereichte BWA bereits per Jahresende 15 auswies.

Jetzt im Juli 15 erhielt ich von der TK die endgültige Beitragsberechnung für das Jahr 2015 mit einer Nachforderung für die Monate 08-12/15.
Die Begründung: Meine Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit liegen pro Monat oberhalb der damals geltenden Beitragsbemessungsgrenze von Euro 4.125,--

Die TK hat hier einfach die zu Anfang genannten Euro 55 TSD durch 12 dividiert, obwohl ich diese Eínkünfte doch nur bis Juni 15 erzielt hatte und danach quasi "Nullergebnisse" hatte.

Ich habe dem Bearbeiter in einem Telefonat vorgehalten, daß ich dieses Vorgehen für einen Taschenspielertrick halte und das auch wie folgt begründet:
Wenn ich als AN im Zeitraum 01-06/15 Euro 55 TSD Brutto verdiene, zahle ich in dieser Zeit Höchstbeiträge, bin ich in der Zeit von 07-12/15 arbeitslos, zahle ich keine Beiträge mehr.
Da kann die TK doch auch nicht herkommen und einfach sagen: 55 TSD / 12 => Euro 4.125,--

Ich sehe mich hier massiv benachteiligt in der durch die TK endgültig festgelegten Beiträge. Hinzu kommt, daß die KK-Beiträge nach meinem Wissen keine Jahresbeiträge sind, sondern sich als Monatsbeiträge darstellen. S. auch das AN-Beispiel zuvor.

Ist dieses Vorgehen gesetzlich eigentlich irgendwo geregelt ?

Im Übrigen frage ich mich, warum die TK dann Ende Juli 15 überhaupt meinem Ermässigungsantrag zugestimmt hat, dem ja alle relevanten Unterlagen beigefügt waren...
Die TK konnte ja erkennen, daß per Ende Juni 15 bereits Einkünfte in benannter Höhe entstanden waren. Sie konnte ebenso erkennen, daß sich diese Zahl nicht mehr nach oben oder unten wesentlich verändert.

Macht es Sinn, anwaltlich dagegen anzugehen ?

Falls jemand hier im Kreise dabei ist, der von der Materie Ahnung hat, würde ich mich über eine Rückantwort sehr freuen.

Vielen Dank vorab.

Gruß Peter

Czauderna
Beiträge: 11322
Registriert: 10.12.2008, 14:25

Beitrag von Czauderna » 03.08.2018, 16:20

Hallo,
grundsaetzlich gilt, dass bei hauptberuflich Selbständigen, wenn sie das gesamte Kalenderjahr diese Tätigkeit ausgeübt haben das Jahreseinkommen lt. Einkommensteuerbescheid herangezogen und durch 12 geteilt wird. Das geschieht aus dem Grunde, dass in der Regel bei einem hauptberuflich Selbständigen keine feste Zuordnung der Einnahmen auf einzelne Kalendermonate vorgenommen werden kann - denn wenn dies möglich wäre, könnte folgendes Szenario eintreten.
Januar Einnahmen von 3000,00 € - Februar 1500,00 € - März - keine Einnahmen - April 6000,00 € usw., usw.,
Demzufolge müsste jeden Monat ein entsprechender Nachweis erbracht werden und die Beitragseinstufung würde sich dann auch monatlich ändern.
Da dies nicht möglich ist, hat man diese Regelung Einkommen lt. Steuerbescheid genommen.
In deinem Fall habe ich es so gelesen, dass dir deine Kasse aufgrund deines Antrages eine vorläufige Einstufung ab 01.08.2015 in die niedrigste Beitragsklasse zugestanden hat. Wahrscheinlich wurde es aber seinerzeit von der Kasse versäumt, dir zu sagen, dass am Ende doch das Jahreseinkommen zählt. Man hätte u.U. auch schon damals errechnen können, ob sich diese Umstufung in die niedrigere Klasse letztendlich wirklich lohnt.
Die Kasse hätte damals nach meiner Auffassung die Umstufung erst ab 01.01.2016 vornehmen sollen.
Gruss
Czauderna

RHW
Beiträge: 700
Registriert: 21.02.2010, 12:42

Beitrag von RHW » 04.08.2018, 10:39

Hallo Peter_W,

für de Krankenkasse sind diese Regelungen verbindliche Vorgaben:
(7a) Beim Vorliegen der Voraussetzungen einer unverhältnismäßigen Belastung im Sinne des § 6 Abs. 3a sind die auf der Grundlage eines Vorauszahlungsbescheides ermittelten Beiträge vorläufig festzusetzen. Die vorläufige Beitragsfestsetzung erfolgt mit Beginn des auf die Antrag-stellung und Vorlage des Vorauszahlungsbescheides folgenden Monats. Die vorläufige Beitragsfestsetzung endet mit Ablauf des Monats der Ausfertigung des aktuellen Einkommensteuerbescheides, es sei denn, die Voraussetzungen der unverhältnismäßigen Belastung auf der Grundlage der aktuellen Einkommensnachweise sind erneut erfüllt.

Die für die Zeit der vorläufigen Beitragsfestsetzung zu zahlenden Beiträge werden endgültig auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides für das maßgebliche Kalenderjahr festgesetzt.

Weist das Mitglied seine tatsächlichen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres nach, gilt für die endgültige Beitragsfestsetzung nach Satz 4 als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag 1/30 der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze.
Quelle:
https://www.gkv-spitzenverband.de/media ... derung.pdf
-> § 7 Absatz 7a auf Seite 13

Die Krankenkasse darf für die Beitragsberechnung nur den Steuerbescheid zu Grunde legen. Alle anderen Belege sind nicht erlaubt. Der Steuerbescheid macht keine Abgrenzung zwischen erstem und zweitem Halbjahr.

Wenn für die Beantragung der Beitragsermäßigung ein Vordruck der Krankenkasse benutzt wurde, gibt es häufig auch ein Erläuterungsblatt. Oder der Bescheid über die Bewilligung der Beitragsermäßigung erhält noch weitere Erläuterungen.

Die Planwerte für das 2. Halbjahr waren nur Schätzungen und Vermutungen. Ggf. können die Werte auch unter 0 sinken: z.B.
1. Halbjahr: 55.000 Euro
2. Halbjahr: -25.000 Euro
Dann hätte sich im Steuerbescheid für 2015 ein Wert von 30.000 Euro fürs ganze Kalenderjahr ergeben. Für das 2. Halbjahr konnte man durch eigene Entscheidungen die Höhe der steuerlichen Einkünfte fürs Jahr 2015 noch wesentlich beeinflussen.

Zum 1.1.2018 haben sich übrigens wesentliche Änderungen bei der Beitragsberechnung für Selbstständige ergeben:
https://www.haufe.de/sozialwesen/versic ... 21994.html

Peter_W
Beiträge: 2
Registriert: 12.07.2018, 14:45

Beitrag von Peter_W » 04.08.2018, 11:54

Zunächst meinen Dank für die gegebenen Antworten an Czauderna und insbesondere an RHW für die sehr detaillierten Ausführungen.
Hat mir wirklich sehr geholfen das Procedere zu verstehen !

Ich halte demnach also fest:

Zähne zusammenbeißen und zum 15.08.18 fristgerecht zahlen.

Soweit sogut...

-----

Trotz alledem bleibt für mich bestehen, daß AN (s. mein genanntes Beispiel im Opener) und hauptberuflich Selbständige unterschiedlich behandelt werden und ich frage mich, ob diese Ungleichbehandlung z. B. von grundgesetzlichen Regelungen gedeckt ist.

Mir ist dabei schon klar, daß beim AN im Rahmen der Lohnabrechnungen monatlich verbeitragt wird. Bei hauptberuflich Selbständigen dagegen ist es heutzutage überhaupt kein Problem, aus der FiBu-Anwendung eine sogenannte Verlaufsübersicht zu erzeugen, welche dann alle 12 Monate des Jahres in einer BWA-Form nebeneinander stellt.
Nun hat User RHW aber bereits aufgezeigt, daß außer dem Steuerbescheid keine andere Unterlage verwendet werden darf.

Nochmals vielen Dank RHW, für die sehr detaillierten Ausführungen !

Gruß Peter

RHW
Beiträge: 700
Registriert: 21.02.2010, 12:42

Beitrag von RHW » 04.08.2018, 12:49

Gern geschehen!

Man kann ggf. versuchen, mit der Krankenkasse eine Ratenzahlung der offenen Beiträge zu vereinbaren. Sich bis zum 15.8. zu einigen, wird aber sehr knapp. Bei der Ratenzahlung berechnet die Krankenkasse ggf. Zinsen.

Antworten