KK hat Krankengeld falsch berechnet
Moderator: Czauderna
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Wer schon mal was von der Rechtsprechung zu § 45 SGB X gehört oder gelesen
hat, glaubt noch nicht so richtig an die "Ruhe", wenn Beträge aus zeitweise parallelen
Beschäftigungsverhältnissen fälschlicherweise zusammengefasst wurden.
Aber wir sind uns doch hoffentlich einig, dass ein Widerspruch "aufschiebende Wirkung"
hätte: http://dejure.org/gesetze/SGG/86a.html ?
hat, glaubt noch nicht so richtig an die "Ruhe", wenn Beträge aus zeitweise parallelen
Beschäftigungsverhältnissen fälschlicherweise zusammengefasst wurden.
Aber wir sind uns doch hoffentlich einig, dass ein Widerspruch "aufschiebende Wirkung"
hätte: http://dejure.org/gesetze/SGG/86a.html ?
Hallo,
vorweg: Meine Ausführungen gelten NUR für den hier diskutierten Sachverhalt. Für andere Formen von Forderungen, oder andere Verwaltungsbereiche können andere Regelungen gelten.
ich möchte gerne zunächst einmal die Frage erläutern, wann Forderungen von Behörden eingetrieben werden können: Dies ist grundsätzlich erst dann möglich, wenn der Bescheid rechtskräftig geworden ist. Der rechtskräftige Bescheid hat den Stellenwert eines Vollstreckungstitels, aus dem ebenso wie im zivilen Bereich 30 Jahre lang vollstreckt werden kann.
Rechtskraft tritt erst dann ein, wenn der Bescheid nicht mehr angefochten werden kann. Normalerweise ist das, wenn kein Widerspruch eingelegt wird, nach einem Monat. Fehlt allerdings die Belehrung über die Widerspruchsfrist, verlängert sie sich auf ein Jahr. Dementsprechend würde der Bescheid auch erst dann, wieder wenn kein Widerspruch eingelegt wird, Rechtskraft und Vollstreckbarkeit erlangen.
Rechtskraft tritt aber auch nicht automatisch dann ein, wenn der Widerspruch abschlägig beschieden wird. Denn wenn rechtzeitig, also in der vorgesehenen Frist, Klage vor dem Sozialgericht erhoben wird, wird der Bescheid auch erst dann rechtskräftig, wenn es ein endgültiges Urteil gibt.
Ich brauche wohl nicht hinzu zu fügen, dass man überhaupt kein Interesse an einem baldigen Urteil hat.
Nun ist es aber auch so, dass manche Behörden trotzdem versuchen, aus ihrem so liebevoll verfassten Bettelbrief zu vollstrecken.
Eine Strategie, die mir immer wieder unterkommt ist, die Sache ans Hauptzollamt zu geben. Denn dann verschickt das Hauptzollamt einen brief, in dem mit Bundesadler drauf, Geld gefordert wird. Das ist dann eine sogenannte "Vollstreckungsankündigung", in der den Betroffenen eine letzte Woche Zahlungsfrist eingeräumt wird. Irgendwann, meist sehr viel später, wird dann ein Zollbeamter vor der Tür stehen. Nicht wenige, die Widerspruch eingelegt haben, verfallen dann in Panik und zahlen, oder einigen sich auf eine Ratenzahlung. Damit ist dann die Sache gelaufen, und der ursprüngliche Bescheid ist rechtskräftig.
Es ist deshalb unglaublich wichtig, absolut jeden Schritt so sicher wie nur irgendwie möglich zu dokumentieren, und das alles auch kurzfristig griffbereit zu haben, damit man jederzeit belegen kann, dass die Vollstreckung nicht erlaubt ist.
Ich erwähne das so explizit, weil ich vor dem Hintergrund dessen, was Du hier berichtet hast, mit allem rechne.
Es gibt auch die Möglichkeit, dass auf dem Wege der sogenannten Pfändungs- und Einziehungsverfügung versucht wird, in das Konto zu pfänden, falls die Kontonummer bekannt ist. Krankenkassen dürfen solche Verfügungen selbst ausfertigen, sind aber selbstverständlich an die Vorschriften gebunden.
Falls aus einem nicht vollstreckbaren Verwaltungsakt das Konto gepfändet werden soll, sollte man sofort das Sozialgericht kontaktieren, und dort Rechtsmittel einlegen - am Besten hinfahren, und mit einem Rechtspfleger sprechen. In der Regel können, wenn die Belege griffbereit sind, solche Pfändungen (die selten vorkommen) innerhalb kurzer Zeit aus der Welt geschafft werden.
Es wird auch nicht sofort Geld vom Konto überwiesen. Das passiert erst nach bestimmten Fristen, und auch, wenn das Konto dann in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt wird (was wiederum innerhalb einer bestimmten Frist zurück wirkt) , nur für Geldeingänge, die eine bestimmten Kontostand überschreiten - sehr, sehr grob zusammen gefasst.
Das war jetzt so ziemlich alles, was man zum Thema Vollstreckung solcher Forderungen wissen muss.
vorweg: Meine Ausführungen gelten NUR für den hier diskutierten Sachverhalt. Für andere Formen von Forderungen, oder andere Verwaltungsbereiche können andere Regelungen gelten.
ich möchte gerne zunächst einmal die Frage erläutern, wann Forderungen von Behörden eingetrieben werden können: Dies ist grundsätzlich erst dann möglich, wenn der Bescheid rechtskräftig geworden ist. Der rechtskräftige Bescheid hat den Stellenwert eines Vollstreckungstitels, aus dem ebenso wie im zivilen Bereich 30 Jahre lang vollstreckt werden kann.
Rechtskraft tritt erst dann ein, wenn der Bescheid nicht mehr angefochten werden kann. Normalerweise ist das, wenn kein Widerspruch eingelegt wird, nach einem Monat. Fehlt allerdings die Belehrung über die Widerspruchsfrist, verlängert sie sich auf ein Jahr. Dementsprechend würde der Bescheid auch erst dann, wieder wenn kein Widerspruch eingelegt wird, Rechtskraft und Vollstreckbarkeit erlangen.
Rechtskraft tritt aber auch nicht automatisch dann ein, wenn der Widerspruch abschlägig beschieden wird. Denn wenn rechtzeitig, also in der vorgesehenen Frist, Klage vor dem Sozialgericht erhoben wird, wird der Bescheid auch erst dann rechtskräftig, wenn es ein endgültiges Urteil gibt.
Ich brauche wohl nicht hinzu zu fügen, dass man überhaupt kein Interesse an einem baldigen Urteil hat.
Nun ist es aber auch so, dass manche Behörden trotzdem versuchen, aus ihrem so liebevoll verfassten Bettelbrief zu vollstrecken.
Eine Strategie, die mir immer wieder unterkommt ist, die Sache ans Hauptzollamt zu geben. Denn dann verschickt das Hauptzollamt einen brief, in dem mit Bundesadler drauf, Geld gefordert wird. Das ist dann eine sogenannte "Vollstreckungsankündigung", in der den Betroffenen eine letzte Woche Zahlungsfrist eingeräumt wird. Irgendwann, meist sehr viel später, wird dann ein Zollbeamter vor der Tür stehen. Nicht wenige, die Widerspruch eingelegt haben, verfallen dann in Panik und zahlen, oder einigen sich auf eine Ratenzahlung. Damit ist dann die Sache gelaufen, und der ursprüngliche Bescheid ist rechtskräftig.
Es ist deshalb unglaublich wichtig, absolut jeden Schritt so sicher wie nur irgendwie möglich zu dokumentieren, und das alles auch kurzfristig griffbereit zu haben, damit man jederzeit belegen kann, dass die Vollstreckung nicht erlaubt ist.
Ich erwähne das so explizit, weil ich vor dem Hintergrund dessen, was Du hier berichtet hast, mit allem rechne.
Es gibt auch die Möglichkeit, dass auf dem Wege der sogenannten Pfändungs- und Einziehungsverfügung versucht wird, in das Konto zu pfänden, falls die Kontonummer bekannt ist. Krankenkassen dürfen solche Verfügungen selbst ausfertigen, sind aber selbstverständlich an die Vorschriften gebunden.
Falls aus einem nicht vollstreckbaren Verwaltungsakt das Konto gepfändet werden soll, sollte man sofort das Sozialgericht kontaktieren, und dort Rechtsmittel einlegen - am Besten hinfahren, und mit einem Rechtspfleger sprechen. In der Regel können, wenn die Belege griffbereit sind, solche Pfändungen (die selten vorkommen) innerhalb kurzer Zeit aus der Welt geschafft werden.
Es wird auch nicht sofort Geld vom Konto überwiesen. Das passiert erst nach bestimmten Fristen, und auch, wenn das Konto dann in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt wird (was wiederum innerhalb einer bestimmten Frist zurück wirkt) , nur für Geldeingänge, die eine bestimmten Kontostand überschreiten - sehr, sehr grob zusammen gefasst.
Das war jetzt so ziemlich alles, was man zum Thema Vollstreckung solcher Forderungen wissen muss.
also kann ich mich auf §45 SGB X nicht berufen weil ich für 5 Monate mehrfach beschäftigt war? (hab mich auf korrekte Berechnung verlassen und das Geld ist weg)
Wie hätte ich denn sowas selbst wissen können? In dem Brief steht gar nix von irgendwelchen "Rechten" die ich evtl. hätte á la: Gegen diesen Bescheid können Sie Widerspruch einlegen oder sowas. Steht nur drin was ich gekriegt hab und was ich kriegen hätte sollen.
Die Schreibfehler in Satzbau, Interpunktion und Rechtschreibung deuten auch nicht auf ein Formschreiben hin
Wie hätte ich denn sowas selbst wissen können? In dem Brief steht gar nix von irgendwelchen "Rechten" die ich evtl. hätte á la: Gegen diesen Bescheid können Sie Widerspruch einlegen oder sowas. Steht nur drin was ich gekriegt hab und was ich kriegen hätte sollen.
Die Schreibfehler in Satzbau, Interpunktion und Rechtschreibung deuten auch nicht auf ein Formschreiben hin
Hallo,
und ich bleibe bei meiner Meinung, die Kasse versucht es eben, denn so wie geschildert handelt es sich nicht um einen widerspruchsfähigen Bescheid, schon erkennbar an den fehlenden Rechtsgrundlagen sondern um ein "stinknormales " Schreiben. Mein Rat - als Reaktion schriftlich einen widerspruchsfähigen Bescheid anfordern und vorsorglich im voraus den Widerspruch selbst einlegen - eine Begründung ankündigen sobald der richtige Bescheid da ist und dann abwarten. Wir tun ja hier schon so als wäre die Sache schon amtlich - das ist sie nicht.
Gruss
Czauderna
und ich bleibe bei meiner Meinung, die Kasse versucht es eben, denn so wie geschildert handelt es sich nicht um einen widerspruchsfähigen Bescheid, schon erkennbar an den fehlenden Rechtsgrundlagen sondern um ein "stinknormales " Schreiben. Mein Rat - als Reaktion schriftlich einen widerspruchsfähigen Bescheid anfordern und vorsorglich im voraus den Widerspruch selbst einlegen - eine Begründung ankündigen sobald der richtige Bescheid da ist und dann abwarten. Wir tun ja hier schon so als wäre die Sache schon amtlich - das ist sie nicht.
Gruss
Czauderna
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Sehr geehrte Frau Weißnet,
wie heute telefonisch besprochen, Ihr haben Sie für die Zeit vom 01.01.2013 bis 22.07.2013 zu viel Krankengeld erhalten.
Sie haben für die Zeit vom 01.01.2013 bis 22.07.2013 Krankengeld in Höhe von Brutto xx,xx EUR (täglich) und Netto xx,xx EUR (täglich) erhalten.
Es wurde bei der Berechnung der Dynamisierung nicht berücksichtigt, dass Sie ein Anspruch auf Krankengeld aus einer Mehrfachbeschäftigung besteht und der Betrag wurde fälschlicherweise zusammengefasst.
Für die Zeit vom 01.01.2013 bis 22.07.2013 steht Ihnen daher Krankengeld in Höhe von kalendertäglich xx,xx (netto) zu. Sie erhielten aber bereits Krankengeld in Höhe von insgesamt xx,xx EUR
Bitte überweisen Sie uns den zuviel gezahlten Betrag von xxx,xx mit dem Überweisungstext Krankengeld 01.01.2013 bis 22.07.2013/Weißnet/xxxxxxxx.
Grußformel
Ich seh da keinen Rechtshintergrund, auch keine Aufklärung dass ich dagegen vorgehen könnte.
wie heute telefonisch besprochen, Ihr haben Sie für die Zeit vom 01.01.2013 bis 22.07.2013 zu viel Krankengeld erhalten.
Sie haben für die Zeit vom 01.01.2013 bis 22.07.2013 Krankengeld in Höhe von Brutto xx,xx EUR (täglich) und Netto xx,xx EUR (täglich) erhalten.
Es wurde bei der Berechnung der Dynamisierung nicht berücksichtigt, dass Sie ein Anspruch auf Krankengeld aus einer Mehrfachbeschäftigung besteht und der Betrag wurde fälschlicherweise zusammengefasst.
Für die Zeit vom 01.01.2013 bis 22.07.2013 steht Ihnen daher Krankengeld in Höhe von kalendertäglich xx,xx (netto) zu. Sie erhielten aber bereits Krankengeld in Höhe von insgesamt xx,xx EUR
Bitte überweisen Sie uns den zuviel gezahlten Betrag von xxx,xx mit dem Überweisungstext Krankengeld 01.01.2013 bis 22.07.2013/Weißnet/xxxxxxxx.
Grußformel
Ich seh da keinen Rechtshintergrund, auch keine Aufklärung dass ich dagegen vorgehen könnte.
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Ich wiederhole mich einfach. An anderen Spekulationen wie und wann was vollstreckt wird beteilige ich mich nicht, da das bittet derzeit in kleinster Weise relevant ist.broemmel hat geschrieben:Du legst Widerspruch ein.
Begründung: die Übrrzahlung War für Dich nicht ersichtlich.
Das Geld hast Du im guten Glauben verbraucht.
Und dann ist wohl Ruhe tippe ich.
Hallo,
Du musst Dich auf gar nichts berufen, sondern einfach nur Widerspruch einlegen, und schreiben, dass Du keine Ahnung hattest, dass die Berechnung falsch war. Die Rechtsgrundlage muss die Krankenkasse selbst finden, und viele (mal übertrieben gesagt) Möglichkeiten gibt es da nicht.
Die Essenz meines voran gegangenen Posts war: So lange die Sache nicht rechtskräftig ist, musst Du auch nichts zahlen.
Dass dieses Schreiben Kokolores ist, müsste dann ziemlich schnell klar werden.
Es ist ja nicht einmal jetzt ersichtlich, wie die neue Berechnung zustande gekommen ist.
Ich als Außenstehender frage mich beispielsweise, wie die Dynamisierung von zwei Einzelbeträgen einen erheblichen Unterschied im Vergleich zur Dynamisierung des zusammengefassten Einzelbetrages ergeben soll, und vielleicht kann mich ja einer der Experten hier darüber aufklären.
Das ändert aber nichts daran, dass dieses Schreiben sicherlich die Anforderungen an einen Verwaltungsakt nicht erfüllt.
Du musst Dich auf gar nichts berufen, sondern einfach nur Widerspruch einlegen, und schreiben, dass Du keine Ahnung hattest, dass die Berechnung falsch war. Die Rechtsgrundlage muss die Krankenkasse selbst finden, und viele (mal übertrieben gesagt) Möglichkeiten gibt es da nicht.
Die Essenz meines voran gegangenen Posts war: So lange die Sache nicht rechtskräftig ist, musst Du auch nichts zahlen.
Dass dieses Schreiben Kokolores ist, müsste dann ziemlich schnell klar werden.
Es ist ja nicht einmal jetzt ersichtlich, wie die neue Berechnung zustande gekommen ist.
Ich als Außenstehender frage mich beispielsweise, wie die Dynamisierung von zwei Einzelbeträgen einen erheblichen Unterschied im Vergleich zur Dynamisierung des zusammengefassten Einzelbetrages ergeben soll, und vielleicht kann mich ja einer der Experten hier darüber aufklären.
Das ändert aber nichts daran, dass dieses Schreiben sicherlich die Anforderungen an einen Verwaltungsakt nicht erfüllt.
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Das ist zwar nicht gut - aber "nix" ist es nicht:
Es kommt von einer Krankenkassen und enthält den klaren Verfügungssatz,
dass der Betrag xxx,xx überwiesen/erstattet werden soll. Das ist ein wirksamer
Verwaltungsakt, und er wird nach einem Jahr bestandskräftig, wenn er nicht angegangen
wird - auch wenn er materiell und / oder verfahrensrechtlich rechtswidrig ist. Und
das - oder beides - ist er und muss deshalb aufgehoben werden.
Ideal wäre, den "Bescheid" anzufechten und diesen Zustand über die Jahres-
frist zu retten.
Es kommt von einer Krankenkassen und enthält den klaren Verfügungssatz,
dass der Betrag xxx,xx überwiesen/erstattet werden soll. Das ist ein wirksamer
Verwaltungsakt, und er wird nach einem Jahr bestandskräftig, wenn er nicht angegangen
wird - auch wenn er materiell und / oder verfahrensrechtlich rechtswidrig ist. Und
das - oder beides - ist er und muss deshalb aufgehoben werden.
Ideal wäre, den "Bescheid" anzufechten und diesen Zustand über die Jahres-
frist zu retten.