Azubi soll Krankengeld zurückzahlen ohne Bescheid!

Informationen und Fragen zum Krankengeld

Moderator: Czauderna

Rossi
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Beitrag von Rossi » 28.10.2016, 08:28

Okay, ob die Kasse nunmehr schwimmt oder rudert, dürfte letztendlich egal sein.

Denn verfahrensrechtlich hat die Kasse meines Erachtens super nachgebessert. Es fängt schon damit an, dass die Kasse den Ursprungsbescheid aufgehoben bzw. abgeholfen hat. Denn dieser Bescheid war völlig rechtswidrig, von daher war es am besten den Bescheid komplett aufzuheben. Also hier ein großes Lob.

Darüber hinaus hat die Kasse nunmehr super erkannt, dass Ermessen auszuüben ist. Noch einmal ein großes Lob.

So, jetzt kommt es zum Eingemachten.

Wir halten fest:

- am 15.06.2016 erfolgte die Lohnzahlung für Mai 2016. Urlaubsgeld war in der Lohnzahlung auch enthalten. Aus der Lohnabrechnung konnte die Tochter leicht entnehmen, dass für den Monat Mai 2016 überwiegend auch Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber gezahlt wurde. Sollte die Lohnabrechnung nicht vorgelegen haben, so dürfte dies mit Sicherheit auch aus dem Kontoauszug zu entnehmen sein.

- am 06.07.2016 erfolgt dann die Überweisung des Krankengeldes für die Zeit vom 01.05.2016 - 04.07.2016. Aus dem Kontoauszug war klar zu entnehmen für welchen Zeitraum das Krankengeld gewährt wurde.

Und dann kommt § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X

Zitat:
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Auch für einen Rechtsunkundigen sollte klar sein, dass man für einen Zeitraum nicht gleichzeitig Lohn und Krankengeld erhalten kann. Wenn die Tochter vielleicht einwendet, dass sie sich weder den Kontoauszug noch die Lohnabrechnung nicht näher angesehen hat, dann liegt zumindest grobe Fahrlässigkeit vor. Das Telefonat hilft dort nicht viel weiter.

Okay, dann machen wir weiter. Denn im Rahmen der Ermessensabwägung ist vielleicht auch das Fehlverhalten der Kasse bzw. die mangelnde Abstimmung mit dem Arbeitgeber / Berufsgenossenschaft zu berücksichtigen. Es sind aber hier die öffentlichen und privaten Interessen abzuwägen. Ggf. ist beiden ein Fehlverhalten anzulasten - Versicherter guckt sich nicht richtig die Lohnabrechnung / Kontoauszug an - , die Kasse stimmt sich nicht richtig ab.

Meines Erachtens kann die Kasse hier jetzt zurückfordern. Die fatalen Formfehler hat sie überwiegend beseitigt, die vielleicht jetzt noch kleinen Patzer in dem neuen Bescheid, machen den Kohl nicht fett.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 28.10.2016, 08:47

Hier ein Auszug aus einer Kommentierung:

Unbeachtlich ist das Vertrauen des Begünstigten schließlich, wenn er die Rechtswidrigkeit des VA kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte ("Bösgläubigkeit"). Die Kenntnis der Rechtswidrigkeit erfordert nicht die genaue Kenntnis der zur Rechtswidrigkeit führenden Rechtsvorschriften. Es genügt, dass der VA in der Vorstellung des Begünstigten nach allgemeinen Grundsätzen von Recht und Billigkeit nicht rechtens sein kann ("Parallelwertung in der Laiensphäre"). Die Bösgläubigkeit kann auch auf grober Fahrlässigkeit beruhen. Sie liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 2. HS vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Hierfür genügt es nicht, dass er mit der Rechtswidrigkeit rechnen musste. Verlangt wird vielmehr eine Sorgfaltspflichtverletzung in einem besonders hohen Ausmaße, die erst dann zu bejahen ist, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden, wenn also nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Ob dies der Fall ist, muss unter Berücksichtigung des Bildungsstandes und der Einsichtsfähigkeit des Begünstigten individuell geprüft werden, wobei auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen, das Verhalten des Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Einzelfalles abzustellen ist (BSG, Urteil v. 27.7.2000, B 7 AL 88/99 R, SozR 1300 § 45 Nr. 42 m. w. N.; BSG, Urteil v. 9.2.2006, B 7a AL 58/05 R: "subjektiver" Fahrlässigkeitsmaßstab, nicht "objektiver").

Wenn man aus der Nummer rauskommen möchte, dann muss man ggf. auf den Bildungsstand und der Einsichtsfähigkeit der Tochter eingehen, ansonsten hätte es meines Erachtens einleuchten müssen.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 28.10.2016, 10:02

Hallo Rossi,

ja, der „Bescheid war völlig rechtswidrig“, aber nicht aufzuheben, sondern
zu korrigieren, wobei die weitere Entscheidung unmittelbar „Gegenstand“ des
laufenden Widerspruchsverfahrens wird https://dejure.org/gesetze/SGG/86.html
(von wegen weiterer Widerspruch).

Worauf stützt sich deine Erkenntnis zur Ermessensausübung? Ich finde da nichts,
was vor Gericht Bestand haben könnte.

Aber egal, denn die Krankenkasse „ruderte“ ohnehin in die völlig falsche Richtung.
Sie wird vor Gericht nicht glaubhaft machen können, dass es keinen begünstigen-
den Verwaltungsakt gab oder ein solcher nicht bekannt gemacht und wirksam
wurde https://dejure.org/gesetze/SGG/86.html

Durch die Rücknahme der Rücknahmeentscheidung ist dieser begünstigende
Verwaltungsakt für die streitbefangene Zeit wieder existent. Davon kommt
die Krankenkasse nicht mehr weg. Carina bzw. ihre Tochter kann darauf
vertrauen, dass es bei diesem Ergebnis näherer Überprüfung bleibt.

Ohne Rücknahme eines existenten Verwaltungsaktes ist eine Erstat-
tungsforderung ausgeschlossen https://dejure.org/gesetze/SGB_X/50.html

Das war´s dann wohl – auch wenn die Krankenkasse nochmals
sieben Seiten texten und vielleicht doch lieber eine Bestätigung
im Klageverfahren will.

Schönen Gruß
Anton

Rossi
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Beitrag von Rossi » 28.10.2016, 11:26

Nun ja, die Frage ist natürlich, ob Carina damit vor das Sozialgericht zieht. Eins ist schon mal klar; ohne Anwalt läuft dort nicht viel.

Wie dann die Geschichte ausgeht, dürfte völlig offen sein. Mein Spruch lautet immer; vor Gericht und auf hoher See, weiß man nie wohin die Reise geht.

Ich persönlich würde in diesem Fall allerdings nicht losziehen, es sei denn man fährt die Taktik mit der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit und das Einsichtvermögen!!!

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 28.10.2016, 12:19

Du meinst also, dass es die Behörde darauf ankommen lassen wird?
Trotz einer nicht mehr aufhebbaren begünstigen Bewilligungsentscheidung
oder weil die Leistung ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden ist?

Beim Sozialgericht gilt die Offizialmaxime, will sagen, dort muss es mit oder
ohne Anwalt ähnlich laufen. Vor allem aber ist die Gefahr dass jemand nur
ein Mandat - aber nicht gewinnen - will, wesentlich geringer, ebenso das
Risiko eines billigen Vergleiches, der dem Anwalt zusätzliche Kohle
bringt.

Ich persönlich würde das wissen wollen.

Carina
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Beitrag von Carina » 28.10.2016, 15:11

So, ich habe jetzt mal alles etwas sacken lassen und für mich eine kleine
chronologische Zusammenstellung gemacht. Was mich nämlich unglaublich ärgert, ist die Unterstellung der "groben Fahrlässigkeit" meiner Tochter, mit der sich die KK nun versucht, einen schlanken Fuß zu machen, indem sie ihr eigenes Fehlverhalten und Unachtsamkeit auf den Versicherten abzuwälzen, der anscheinend die Aufgabe hat, die SB bei ihrer Arbeit auf Ungereimtheiten hinzuweisen und zu kontrollieren, ob die erbrachten Leistungen dann auch schlüssig sind. Und das kann es ja wohl nicht sein!

Also, hier meine Zusammenfassung:

Unfall geschah am 11.3. - demzufolge Verletztengeldzahlung nach Ablauf von 6 Wochen, also ab 23.4.

Verletztengeld 23.4.-30.4. (basierend auf AU vom 11.4.)
Danach:
AU 30.5.-7.6. (basierend auf AU vom 30.5.)
AU 7.6.-19.6. (basierend auf AU vom 7.6.)
AU 17.6.-4.7. (basierend auf AU vom 17.6.)
Ende

Für die Zeit vom 1.5.-29.5. lag weder der BG noch der KK eine AU-Besch. vor - wie kommt sie denn dann darauf, für diese Zeit Verletztengeld zu zahlen?

Es hieß ja in dem Schreiben, dass die AU-Bescheinigungen vom 30.5. und vom 7.6. der KK von der BG einmal am 3.6. und am 10.6. per Fax vorgelegt wurden.

Weiter war angegeben, dass die KK von der BG aufgefordert wurde (am 6.7.) Verletztengeld für die Dauer AB 30.5. zu zahlen.
Wer hat den Zeitraum 1.5.-29.5. als AU dazugerechnet? Die KK? Ohne AU-Bescheinigung?
Das ist ja wohl eindeutig ein Fehler der KK und nicht ein Fehler wegen falscher Angaben o.ä. meiner Tochter.

Zudem komme ich nochmals auf das Telefonat vom 5.7. zurück (ich habe mir zwischenzeitlich auch den entsprechenden EVN für diesen Tag ausgedruckt - als Beweis, dass dieses Telefonat stattgefunden hat!). An
diesem Tag hatte meine Tochter vormittags ihre letzte Prüfung und da sie am Monatsanfang wissen wollte, wann sie mit der Überweisung des KG rechnen könne, nachmittags bei der SB angerufen. Diese teilte ihr mit, sie hätte "telefonisch" bereits das o.k. für die Zahlung von der BG erhalten, sie müsse nur noch den schriftlichen Eingang abwarten (der erfolgte dann ja am nächsten Tag). Bei diesem Telefonat (bei dem ich anwesend war) ging es auch kurz um die Abschlussprüfung und den dafür während der Krankheitsphase genommenen Urlaub zur Prüfungsvorbereitung und DAMIT sie überhaupt zur Prüfung antreten durfte (mit AU hätte sie keine Prüfung ablegen dürfen).
Spätestens hier hätte der SB dann ein Licht aufgehen müssen, dass die Urlaubszeit ja dann nicht eingerechnet werden kann - das ist aber Aufgabe der SB und nicht des Versicherten, zumal ja keinerlei Falschangaben gemacht wurden!

So und nun noch zu der "groben Fahrlässigkeit", weil meine Tochter nicht "erkannt hat", dass die Überweisung bzw. -summe nicht rechtens sein kann:

Ja, im Textbereich der Überweisung steht der angegebene Text "Zahlung im Auftrag ...................... 01.05.-04.07."! Ja, steht dort!

Heutzutage macht fast jeder online-Banking - die Jüngeren meist auch schon vom Handy aus (ich nicht, aber ich bin auch sonst keine Handy-Nutzerin). Wenn man sehen will, ob etwas auf dem Konto eingegangen ist, öffnet man kurz das online-Banking und dann kommt eine Übersicht mit den Konten und dem jeweiligen Saldo darauf. Das genügt im allgemeinen, um zu wissen, ob eine erwartete Zahlung eingegangen ist oder nicht. (Genauso mache ich es selbst auch, wenn ich nur nachsehen will, ob das Geld schon drauf ist oder nicht).
Meine Tochter erhält zwischen dem 4. und 8. jeden Monats ihr Kindergeld auf das Konto und als sie am 6./7. auf ihr Konto geschaut hat, war ein Saldo angegeben, der ihr angezeigt hat, dass wohl sowohl das KG als auch das KG eingegangen ist. ÜBERPRÜFT, was da evtl. als Buchungstext steht hat sie nicht - wer macht das schon, wenn er mit einer entsprechenden Eingangszahlung rechnet.

Nachdem sie ja tags zuvor die Auskunft der SB erhalten hatte - konnte sie ja wohl darauf vertrauen, dass nun die Abrechnung für die ausstehende Zeit damit erledigt war ................. zumal sie ja auch bei der ersten KG-Zahlung weder vorher noch nachher einen KG-Bescheid erhalten hatte (welches wiederum Sache der KK oder BG ist - auf jeden Fall nicht im Aufgabenbereich eines Versicherten).

Wir werden auf jeden Fall Widerspruch einlegen und - wenn's drauf ankommt - auch das SG bemühen. Einklagen muss das ja die KK. Und ich sehe nicht ein, für das Fehlverhalten der Kasse mit "grober Fahrlässigkeit" abgestempelt zu werden. Meine Tochter hat alle Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten erfüllt, sämtliche Unterlagen umgehend an die betreffenden Stellen geschickt .............. und zuvor auch keinerlei "Erfahrungen" in diesem Bereich gehabt. Die hat sie nun allerdings bekommen. Aber ganz sicher werden wir uns nicht den Schwarzen Peter zuschieben lassen.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 28.10.2016, 17:00

Hallo Carina,

auf all dies kommt es meiner Meinung nach gar nicht mehr an.

Wir werden auf jeden Fall Widerspruch einlegen und - wenn's
drauf ankommt - auch das SG bemühen.


Ja, klar.

Einklagen muss das ja die KK.

nein.

Und ich sehe nicht ein, für das Fehlverhalten der Kasse mit "grober Fahr-
lässigkeit" abgestempelt zu werden.


Die Verletzung von Mitteilungs- oder Mitwirkungspflichten steht nicht im
Raum. Die Frage ist vielmehr, ob deine Tochter wusste oder infolge grober
Fahrlässigkeit nicht wusste, dass sie annähernd 700 Euro zu viel auf dem
Konto hatte. (Kontrollfrage: wären ihr 7.000 Euro zu viel auch nicht
aufgefallen?)

Schönen Gruß
Anton

Carina
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Beitrag von Carina » 28.10.2016, 17:27

Hallo Anton,

erstens: Natürlich wären ihr 7.000 Euro "zu viel" aufgefallen (würde mir auch so gehen ........... soooo üppig sind die Eingänge auf dem Konto im allgemeinen nicht). Aber wie ich schon sagte: Zum Zeitpunkt, als das Geld einging, hat sie ja auch mit dem Kindergeld-Eingang gerechnet (rd. 200,-),
außerdem hatte sie ja auch noch ein paar Euro auf dem Konto und sie hat sich dann über den Gesamtsaldo nicht gewundert.

zweitens: Ich finde schon, es kommt auf den gesamten "Verlauf" an - wenn man schon mit grober Fahrlässigkeit und Fehlverhalten argumentiert. Den Ball mit der groben Fahrlässigkeit kann man dann genauso auf die KK zurückspielen, die ohne die entsprechenden Belege für die berechnete AU-Zeit einfach mal drauflos zahlt und erst hinterher nachfragt bzw. erst durch ein erneutes Schreiben der BG am Tag darauf (wieso eigentlich??) darauf aufmerksam wird.

drittens: Warum muss die KK das nicht einklagen, wenn sie das Geld zurückfordert und sich der Versicherte weigert/nicht in der Lage ist, den Betrag zu erstatten? Müssen wir Klage gegen die KK erheben, WEIL sie das fordert?

Es ist m.W. nach nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass ich auf meinem Privatkonto eingehende Zahlungen täglich kontrollieren/dokumentieren muss. Bei Leuten, die nur monatlich einen Kontoauszug bekommen oder ziehen, wird eine derartige Zahlung auch erst am Monatsende "sichtbar" (mit dem Buchungstext).
Das Konto meiner Tochter ist in Bezug auf Zu- und Abgänge überschaubar. Da gibt es Gehalt, Kindergeld, Wohngeld, Überweisung Miete, Dauerauftrag Sparkonto, Handy-Vertrag und sonst nur Abbuchungen über EC-Karte oder Bargeld-Auszahlung am Automaten.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 28.10.2016, 20:49

.
Hallo Carina,

ja so ist es: wenn die Entscheidung bestands-/rechtskräftig wird, geht die Forderung der
Krankenkasse in das Einziehungsverfahren, erforderlichenfalls in das Vollstreckungsverfahren.

Natürlich sind deine Argumente in Ordnung – auch wenn es darauf nur nachrangig ankommt.

Vorschlag für den ersten Teil des neuen Widerspruchs:


Sehr geehrte Damen und Herren,


mit Schreiben vom …. nehmen Sie Ihren Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 29.07.2016 zurück und erlassen einen Rückzahlungsbescheid. Obwohl die neue Entscheidung nach der Gesetzesautomatik des § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sein dürfte, wird entsprechend Ihrer Rechtsbehelfsbelehrung auch dagegen




....................................................................................Widerspruch


erhoben.




Begründung:


Ihre neue Entscheidung ist auf § 50 Abs. 2 SGB X gestützt. Danach sind Leistungen zu erstatten, soweit sie ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind.

Unabhängig davon, dass die §§ 45 und 48 SGB X entsprechend gelten, findet schon § 50 Abs. 2 SGB X hier keine Anwendung. Die Leistungen sind nämlich nicht ohne Verwaltungsakt erbracht worden. Jedenfalls haben Sie das Vorliegen dieser Voraussetzung nicht nachvollziehbar dargelegt. Wie Sie richtig erkannt haben, kann eine Verfügung / Entscheidung i. S. des § 31 SGB X nicht nur schriftlich, sondern auch in „anderer Weise“ – durch die (erste) Auszahlung der Leistung – erlassen und bekannt gegeben werden, um Wirksamkeit zu erlangen. Dies alles ist nicht von der Rechtmäßigkeit abhängig, denn nur ein nichtiger Verwaltungsakt ist von vornherein unwirksam.

Es gibt auch keinen regelmäßig typischerweise befristeten Selbstvollzug des Gesetzes entsprechend den vom Arzt ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. In einer befristet bescheinigten Arbeitsunfähigkeit liegt kein Verwaltungsakt über die zeitlich befristete Bewilligung von Verletztengeld und eine fehlende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung steht einem Verwaltungsakt über bewilligtes bzw. trotzdem gewährtes Verletztengeld nicht entgegen. Stattdessen kommt es darauf an, ob eine Nebenbestimmung der Befristung zulässig und hinreichend bestimmt ist. Dazu wird auf die Urteile der Sozialgerichte Speyer und Mainz Bezug genommen:

Urteil SG Speyer vom 30.11.2015, S 19 KR 160/15:
http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/Display ... 29286A92FA}
Urteil des SG Mainz vom 21.03.2016, S 3 KR 255/14:
http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/Display ... C31976559C}
Urteil des SG Speyer vom 11.07.2016, S 19 KR 599/14:
http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/Display ... 82AABAD587}
Urteil des SG Mainz vom 25.07.2016, S 3 KR 428/15:
http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/Display ... A7E4CCFF61}

Die von Ihnen zum Verletztengeld übertragene Krankengeld-Rechtsprechung des 1. BSG-Senates entbehrt jeglicher sozial-rechtlichen Grundlage und widerspricht der BSG-Rechtsprechung zum Verletztengeld. Danach handelt es sich bei der Bewilligung von Verletztengeld durch die Krankenkasse im Namen der Unfallversicherung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (BSGE 74, 287, 289 = SozR 3-1300 § 48 Nr 33 und BSG-Urteil vom 26.10.1998, B 2 U 35/97 R: http://lexetius.com/1998,279 ). Die Bewilligung verliert ihre Wirksamkeit nicht mit Ablauf des vom Arzt bescheinigten „voraussichtlich-bis-Datums“.

Im Übrigen soll durch den Verweis auf die entsprechende Anwendung der §§ 45, 48 SGB X sichergestellt werden, dass bei der Erstattung nach § 50 Abs. 2 SGBX derselbe Vertrauensschutz gilt wie bei der Erstattung nach Abs. 1.

Grobe Fahrlässigkeit lag nicht vor. ….

Die Erstattungsentscheidung ist daher aufzuheben.


Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift

Schreibe in den zweiten Teil ("Grobe Fahrlässigkeit lag nicht vor. …") ruhig alles rein,
was gegen den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit spricht.


Schönen Gruß
Anton
.
Zuletzt geändert von Anton Butz am 28.10.2016, 21:21, insgesamt 1-mal geändert.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 28.10.2016, 21:20

Hallo,
Sorry, aber für mich ist der Sachverhalt klar und deutlich - da hat jemand doppelt Geld bekommen, nämlich Krankengeld bzw, Verletztengeld und Arbeitsentgelt und weiß das auch, will aber wegen vermeintlicher oder auch offensichtlicher Verfahrensfehler das Zuviel erhaltene Verletztengeld nicht zurückzahlen und sucht nun Hilfe für dieses Unterfangen.
Wenn ich die Beitraege dazu lese, auch die von Anton, dann komme ich zu dem Schluss - viel Glueck !
Gruß
Czauderna

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 28.10.2016, 21:28

Hallo Czauderna,

ja die Rechte der Versicherten nach den Sozialgesetzbüchern I und X
gehen wesentlich weiter als sich die Krankenkassen und ehemalige KM
vorstellen können.

Wir hatten dies hier schon:
http://www.krankenkassenforum.de/azubi- ... ght=#81237

Mach´dir nichts draus.

Schönen Abend!
Anton

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 29.10.2016, 08:41

Hallo Anton,
Das habe ich nun nicht aus der Sicht eines ehemaligen Krankenkassenmitarbeiters geschrieben und gemeint, sondern als einfacher Leser dieses Threads. Sicher, wenn es um einen Fehler seitens einer Behoerde geht dann soll durch diesen Fehler der Buerger nicht benachteiligt werden, ganz klar, aber soll er deshalb auch bevorteilt werden gegenüber den anderen, denen dieser Fehler nicht zuteil wurde ?
Wie auch immer, hier muss das Gericht entscheiden.
Gruß
Czauderna

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 29.10.2016, 08:54

Moin Czauderna,

verstehe was du meinst, auch dass das SGB X 35 Jahre nach Inkrafttreten
am 01.01.1981 noch nicht in den Krankenkassen angekommen ist wenn es sogar
vom 1. Senat des BSG beharrlich ignoriert wird.

Ebenfalls als Kontrollfrage: Wäre es grobfahrlässig, 70 Euro auf dem Konto nicht
zu bemerken?

Übrigens: diese Rechtsauslegung "Deutschlands Kreativster" wäre ein Hinweis
in den Fachmedien wert, ersatzweise halt hier:
http://www.sozial-krankenkassen-gesundh ... #post22749

Gruß
Anton

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 29.10.2016, 10:26

Hallo,
70,00 € Zuviel auf dem Konoto ? - von meiner Warte aus gesehen - nein, keine grobe Fahrlaessigkeit, das nicht zu merken, allerdings, wenn mein Konto immer auf 0,00 € stūnde, dann schon - grins.
Was ich sagen will, kommt eben auf die Summe an und die Fallkonstellation, z.B. wie hier, dass auch auf dem Auszug der Zeitraum angegeben war.
Gruß
Czauderna

Carina
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Beitrag von Carina » 29.10.2016, 14:24

Nun, um das "zu viel" auf dem Konto würde wahrscheinlich bei einem Millionär nicht einmal großartig auffallen, wenn er mal 7.000 Euro "zu viel" (oder auch zu wenig!) auf dem Konto hätte.
Und in der üblichen Praxis unter Privatpersonen zieht sich kein Mensch täglich einen Kontoauszug - außer er ist vielleicht Ebayer und kontrolliert seine Verkäufe. Und in Zeiten des online-Banking ist es oftmals so (bei mir z.B. weil ich mein Konto auf einer reinen Internet-Bank habe), dass ich mir meine Kontoauszüge selbst ausdrucken, archivieren kann - wie ich es will.
Man bekommt einen "monatlichen" Kontoauszug ins "Postfach" gestellt und kann damit verfahren, wie man möchte. Bedeutet, dass ich mir im allgemeinen damit meine Buchungen auf dem Konto (mit dem entsprechenden Überweisungstext) auch nur einmal im Monat anschaue. Wann man seine eigenen Daueraufträge etc. laufen hat, weiß man ja und auch Abbuchungen von Versicherungen etc. laufen üblicherweise zu den gleichen Daten (1., 15.) und auch da schaue ich mir nicht jedes Mal den Buchungstext dazu an, wenn ich weiß, dass im lfd. Monat die Kfz-Versicherung abgebucht wird oder mir vielleicht eine Nachzahlung/Rückerstattung (die üblicherweise vorher angekündigt wird) ins Haus steht.
Wenn eine Pflicht zur Kontrolle meiner eingegangenen Überweisungen incl. der Buchungstexte besteht - sollte ich vorher darüber auch Kenntnis haben, in welcher Höhe ich etwas zu erwarten habe. Da sind wir z.B. wieder beim fehlenden "Bescheid", der Auskunft darüber gibt, in welcher Höhe mir eine Leistung/Tag/Woche/Monat zusteht.
Seltsam, dass der Leistungsempfänger anscheinend mehr "Kontrollpflichten" hat als der Leistungsträger, denn aus den der KK vorliegenden Unterlagen ging ja hervor, für welche Zeiten AU bestand.

Aber wir drehen uns hier anscheinend im Kreis .................. ähnlich wie bei der Frage mit dem Huhn und dem Ei. Was war zuerst da?

Letztendlich wird wohl ein Gericht entscheiden müssen.

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