AOK möchte Krankengeldzahlung zum Monatsende einstellen

Informationen und Fragen zum Krankengeld

Moderator: Czauderna

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 23.02.2011, 21:45

Das BSG?

Machts Sinn

Beitrag von Machts Sinn » 23.02.2011, 22:40

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Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 23.02.2011, 22:57

Hallo,
also ich selbst habe einen solchen Fall in der Praxis erst einmal gehabt, ist auch schon etwas länger her. Damals war es so, dass die Rentenberechnung ergeben hatte, dass die Rente etwa 40% niedriger gewesen wäre als das Krankengeld.
Da bei diesem Falle es auch nur noch etwa 8 Wochen bis zum Leistungsende war, haben wir damlas (ohne Gericht) dem Wunsche des Versicherten entsprochen und nicht weiter interveniert. Ich muesste mal nachschauen ob es da verbindliche Regeln gibt wann das Dispositionsrecht des Versicherten Vorrang hat.
Gruss
Czauderna

Peter_10
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Beitrag von Peter_10 » 24.02.2011, 10:37

Hallo zusammen,

danke für die rege Beteiligung!

Zunächst mal wie angekündigt der Inhalt des Briefes:


Ihr Antrag auf Rehabilitationsverfahren

Sehr geehrte Frau X,

Sie erhalten zurzeit Krankengeld. Dieses ist nicht als Dauerleistung vorgesehen, sondern soll für einen befristeten Zeitraum den durch die Krankheit eingetretenen Verdienstausfall ersetzen. Das gilt insbesondere, wenn die Erwerbsfähigkeit nach ärztlichen Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist.In solchen Fällen kann die KK das Mitglied bitten, innerhalb einer Frist von 10 Wochen Leistungen zur Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben beim Rentenversicherungsträger zu beantragen. (§ 51 Abs. 1 Sozialgesetzbuch V - SGB V). Ein solcher Antrag gilt nach § 116 Abs. 2 SGB VI als Rentenantrag, wenn wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eine erfolgreiche Rehabilitation nicht zu erwarten ist oder die Leistungen zur Rehabilitation die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert haben.

Nach ärztlichem Gutachten ist Ihre Erwerbsfähigkeit gegenwärtig erheblich gefährdet. Wir würden Sie deshalb zur Stellung eines Antrags auf Rehabilitationsmaßnahmen auffordern. Dies hat folgende Gründe:

Sofern Ihnen für für Zeiträume, für die Sie bereits KG bezogen haben, rückwirkend Rente zugebiligt wird, haben nicht nur Sie, sondern auch wir für diesen Zeitraum einen Anspruch auf die Rentennachzahlung. Dies hat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Folge, dass Sie zukünftig für die Abgabe bestimmter Erklärungen gegenüber dem Rentenversicherungsträger unsere Zustimmung benötigen. Dazu gehören insbesondere Erklärungen

- zur Rücknahme des Antrags auf medizinische Rehabilitationsleistungen, auf Teilhabe am Arbeitsleben oder auf Rente,

- über den Verzicht auf medizinische Rehabilitationsleistungen, auf Teilhabe am Arbeitsleben oder auf Rente,

- zur gewünschten Rentenart oder zum Rentenbegin, wenn hierdurch auf mögliche Leistungsansprüche gegen den Rentenversicherungsträgers ganz oder teilweise verzichtet wird.


Wenn Sie derartige Erklärungen gegenüber dem Rentenversicherungsträger beabsichtigen, wenden Sie sich bitte zunächst an uns. Sofern Sie eine der o.a. Erklärungen gegenüber dem Rentenversicherungsträger ohne unsere Zustimmung abgeben, kann Ihr Krankengeldanspruch auch rückwirkend ab 09.05.2011 wegfallen. Das über diesen Termin hinausgezahlte KG müssen Sie ggf. zurückzahlen.

Wir haben Ihnen mit diesem Schreiben eine schwierige Rechtsproblematik dargestellt. Sicherlich werden Sie hierzu Fragen haben. Bei deren Klärung helfen wir Ihnen gerne mit ergänzenden Informationen. Bitte rufen Sie uns bei Bedarf unter der auf der blabla...

Wenn Sie dennoch mit diesem Verfahren nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich blabla...



Ich sehe jetzt gerade, dass das 2. Schreiben (praktisch die Kopie, welche beigelegt war) noch einige zusätzliche Angaben enthält und zur Unterschrift auffordert:


Aktenvermerk

- Die Absicht zur Aufforderung wurde am 21.02.2011 eingehend mit Frau X erörtert. Dabei wurden Ihr die vorliegenden Gründe (u.a. der ärztlich ausführlich bestätigte Rehabilitationsbedarf) dargelegt.

- Frau X hat gegen die Darlegung keine Einwände erhoben.


Dazu muss ich sagen, dass der gute Mann NIE mit meiner Frau gesprochen hat. Lediglich mit mir.

Demzufolge hat meine Frau weder "keine" noch Einwände erheben können. Ich tat das, indem ich ihm gesagt habe, wie ich die persönliche Stellungnahme des MDK gesehen bzw. verstanden habe. Weiter habe ich ihm gesagt, dass er uns das Ganze erstmal zuschicken soll und ich mir erst alles in Ruhe ansehen und prüfen möchte.

Dann lag dem Schreiben noch folgendes bei. Sehe ich da Gespenster oder ist das ein Versuch die Reha jetzt schon zu beantragen?

Empfangsbestätigung

Antrag auf Rehabilitationsverfahren am (leer ???)

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bestätige hiermit den Empfang Ihres Schreibens vom 21.02.2011


Nochmals zur Zeitrente:
Alles in allem haben wir nichts gegen eine Zeitrente. Sollte sich der Zustand meiner Frau tatsächlich nicht bessern, dann bleibt uns eh nichts anderes übrig.
Für mich ist dieses Vorgehen nichts anderes als eine Sparmaßnahme. So sehe ich das eben. Ich lasse mich da auch gerne eines besseren Belehren.

Wie bereits erwähnt, bin ich davon überzeugt, dass es Krankheiten gibt, die eben Ihre Zeit brauchen um wegzugehen. Man sagt doch auch nicht zu jemandem mit einem gebrochenem Bein, dass er gefälligst innerhalb der nächsten 10 Tage wieder schmerzfrei gehen soll, da ansonsten Maßnahmen drohen. Evtl. bedarf es bei meiner Frau nur noch etwas Zeit. Mit Druck erreicht man nur das Gegenteil bei depressiven Menschen.

Zum finanziellen:
Ich gehe auch mal stark davon aus, dass die Zeitrente nicht annähernd so hoch ist, wie das KG.

Meine Frau will nichts anderes als wieder gesund werden und auch wieder arbeiten gehen können. Wie vor ihrer Erkrankung halt.

Ich möchte unserer KK jetzt auch nichts böshaftes unterstellen. Für mich hat dieses ganze Vorgehen aber nichts mehr mit dem Ziel einer Genesung zu tun, sondern für mich sieht das so aus, als wenn gespart werden will, und das mit allen Mitteln.

Wie wirkt dieses Schreiben auf euch? Was sollten nun unsere nächsten Schritte sein?


MfG

Peter

Machts Sinn

Beitrag von Machts Sinn » 24.02.2011, 11:55

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Peter_10
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Beitrag von Peter_10 » 24.02.2011, 13:27

Hallo Machts Sinn,

ok, ich warte jetzt erstmal ab.

Nein, ansonsten gab es keine weiteren Gründe.

Für mich klang das vom MDK-Doc so, dass man eben "zur Zeit" noch keine Reha angreifen sollte. Zeit ist ja relativ. Mich interessiert, welchen Zeitraum der MDK gemeint hat. Ich hoffe, sowas kann man aus dem Gutachten entnehmen.
Auf meinen SB und seine Auslegung kann und werde ich mich nicht verlassen, da ich bis heute noch nichts von dem damaligen Gutachten gehört habe, welches ich eigentlich angefordert habe.

Sollte sich der MDK dann dahingehend -bei aktuellen Gutachten- geäussert haben, dass u.U. eine Rente sinnvoll ist, dann müsste man ja auch mal sehen, was der Facharzt meiner Frau davon hält.

Wir möchten das tun, was für meine Frau gut ist, und nicht das einer Kasse.


MfG

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 24.02.2011, 20:13

Dieses Schreiben ist m. E. absolut in Ordnung - vorausgesetzt es gibt tatsächlich dieses MDK-Gutachten, in dem steht, dass die Erwerbsfähigkeit laut MDK erheblich gefährdet bzw. gemindert ist. Und nach dem, was der du von der Begutachtung geschrieben hast, erscheint es mir logisch, dass der Arzt dies bestätigt hat.

Sobald dieses Aussage des MDK vorliegt, tritt der § 51 Abs. 1 SGB V in Kraft:
Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, kann die Krankenkasse eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen haben.
Diese Materie ist komplex und für den Laien nicht auf Anhieb nachvollziehbar. Deshalb auch mein Hinweis, dass es sich bei Machts Sinn um einen durchaus interessierten Laien handelt, der aber leider oft das große Ganze aus dem Blick verliert.

Wenn es dieses Gutachten gibt, wovon ich ausgehen, habt ihr 10 Wochen Zeit, um den Antrag zu stellen. Nichts machen - dieser Schuss könnte ganz schnell nach hinten losgehen, denn dann würde die Krankenkasse nach 10 Wochen die Leistungen einstellen.

Wie schon einmal geschrieben, sobald diese Minderung festgestellt wird, ist nicht mehr die Krankenkasse zuständig, sondern die Rentenversicherung. Dies hat das BSG klar festgestellt:
Speziell im Schnittbereich der Leistungspflicht von Kranken- und Rentenversicherung kann die Dispositionsbefugnis des Versicherten unter einem weiteren Gesichtspunkt eingeschränkt sein. So kann eine Krankenkasse nach § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V (hier noch anzuwenden idF des Gesetzes vom 18. Dezember 1989, BGBl I 2261) einem Versicherten, dessen Erwerbsfähigkeit - wie bei der Versicherten W. - nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb derer er einen Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation zu stellen hat. Stellt der Versicherte innerhalb der Frist den Reha-Antrag nicht, so entfällt der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der Frist bzw lebt bei späterer Antragstellung erst mit diesem Zeitpunkt wieder auf (§ 51 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB V). § 51 SGB V will iVm § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V zum einen die doppelte Gewährung von Sozialleistungen vermeiden und zum anderen eine sachgerechte Abgrenzung der Leistungszuständigkeit von Kranken- und Rentenversicherung dahin vornehmen, dass Rentenzahlungen den Vorrang vor Krankengeldleistungen haben, weil es in erster Linie Aufgabe der Rentenversicherung ist, bei dauerhafter Erwerbsminderung mit Leistungen einzutreten (so zB Marschner, WzS 1996, 65 f; Buschmann, SGb 1996, 279). Der Krankenkasse wird durch die Aufforderung und Fristsetzung nach § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V das Recht eingeräumt, Einfluss auf den Beginn der antragsabhängigen Rente wegen Erwerbsminderung zu nehmen (vgl § 99 Abs 1 SGB VI) und einen Wegfall ihrer Leistungszuständigkeit für das Krankengeld schon vor Erreichen der Anspruchshöchstdauer (vgl § 48 SGB V) zu bewirken. Um der Krankenkasse diesen Vorteil zu erhalten, hat das BSG in ständiger Rechtsprechung bereits zu § 183 Abs 7 und 8 RVO - den Vorgängerregelungen zu § 51 Abs 1 und 2 SGB V - entschieden, dass der Versicherte, der auf die Aufforderung der Krankenkasse hin einen entsprechenden Antrag gestellt hat, diesen Antrag wirksam nur noch mit Zustimmung der Krankenkasse zurücknehmen bzw beschränken kann (vgl BSGE 52, 26, 29 ff = SozR 2200 § 1248 Nr 33; BSG USK 81171). Diese Rechtsprechung ist auch unter der Geltung des § 51 SGB V aufrechterhalten worden (vgl BSGE 76, 218, 223 = SozR 3-2500 § 50 Nr 3 S 11).
http://lexetius.com/2004,3654

Bevor Machts Sinn jetzt hier aus der erfolgreichen Revision des Versicherten wieder rausliest, dass das alles nicht gilt, der Hinweis, dass es hier darum ging, dass die Krankenkasse nicht nach pflichtgemessen Ermessen entschieden hat, nicht um die Sache an sich.

Laut BSG reicht der Wunsch nach einer im Vergleich zum Krankengeld höheren Rentenzahlung auf jeden Fall nicht aus:
Da die Krankenkasse - wie beschrieben - nach der gesetzlichen Wertung ihr Interesse an einem frühzeitigen Wegfall des Krankengeldes und an möglichen Erstattungsansprüchen gegen den Rentenversicherungsträger aktiv wahrnehmen soll, ist das bloße Interesse des Versicherten, weiterhin und möglichst lange das im Vergleich zu Rentenleistungen höhere Krankengeld in Anspruch nehmen zu wollen, nicht schützenswert und kann regelmäßig kein durchgreifender Umstand für das Abgehen von der Antragsfiktion sein (vgl zB Marschner in: GK-SGB V, § 51 RdNr 18). Im gleichen Sinne würde das Interesse an höheren Rentenleistungen, die sich aus der Berücksichtigung zusätzlicher Anrechnungszeiten wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (vgl § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI) bzw Beitragszeiten wegen Krankengeldbezugs (vgl § 247 Abs 1 SGB VI) ergeben soll, nicht für die Zustimmung ausreichen (ähnlich LSG Berlin Breithaupt 1987, 811).
Ich schlage folgende Vorgehensweise vor:

* Gutachten abwarten bzw. beim behandelnden Arzt nachfragen, der bekommt normalerweise eine Kopie
* wenn die Erwerbsminderung bestätigt wird, mit dem behandelnden Arzt klären, ob er dieser Einschätzung zustimmt
* wenn nein, Widerspruch gegen das Gutachten
* wenn ja, Rehaantrag innerhalb der 10-Wochen-Frist stellen

und dann wieder melden, je nachdem, wie die Rentenversicherung entscheidet

Peter_10
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Beitrag von Peter_10 » 25.02.2011, 10:08

Hallo GerneKrankenVersichert,

danke für deinen ausführlichen Beitrag. Wenn im dem Gutachten etwas über die verminderte Erwerbsfähigkeit steht und alle Ärzte sich einig sind, dann ist das auch für uns kein Problem.

Für mich ist der Zustand unerträglich, dass man nach so kurzer Zeit ins finanzielle Abseits befördert wird obwohl niemand -schon garnicht der Betroffene- etwas für eine ernsthafte Erkrankung kann. Sie wurde weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt.
Warum gibt man den betroffenen nicht noch etwas Zeit.
Es ist doch nicht so, dass man sich auf dem KG ausruhen will.

Wie gesagt.... für mich klang das vom MDK etwas anders: "Jetzt erstmal nicht." (in Bezug auf die Reha bzw. der gefährdeten oder geminderten Erwerbsfähigkeit.)
Für mich heisst das: Nicht im Moment... evtl. aber in 2-3 Monaten.

Aber das Gutachten wird es wohl zeigen.

In ein paar Tagen hat meine Frau den nächsten Termin bei ihrem Psychologen. Mal sehen, was der dazu sagt.


MfG

Peter

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 25.02.2011, 15:17

Peter_10 hat geschrieben:Für mich ist der Zustand unerträglich, dass man nach so kurzer Zeit ins finanzielle Abseits befördert wird obwohl niemand -schon garnicht der Betroffene- etwas für eine ernsthafte Erkrankung kann. Sie wurde weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt. Warum gibt man den betroffenen nicht noch etwas Zeit.
Es ist doch nicht so, dass man sich auf dem KG ausruhen will.
Ob deine Frau ins finanzielle Abseits befördert wird, würde ich mit einem Rentenberater klären bzw. mal auf den regelmäßigen Mitteilungen der Rentenversicherung nachsehen, wie hoch die voraussichtliche Erwerbsminderungsrente sein wird. Im Gegensatz zur Altersrente wird deine Frau bei der Erwerbsminderungsrente so behandelt, als hätte sie bis zum Erreichen der Altersgrenze gearbeitet.

Und jetzt mal ganz hart, auch wenn ich mir dafür Schelte einfange: Deine Frau kann glücklich sein über das soziale Netz, das sie auffängt. Wäre sie gesund und hätte keinen neuen Arbeitsplatz gefunden, was leider viele Leute trifft, wäre wie du schreibst, nach vier Wochen ALG Schluss. Ohne Krankengeld und Rente.

Peter_10
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Beitrag von Peter_10 » 28.02.2011, 10:18

GerneKrankenVersichert hat geschrieben:....Und jetzt mal ganz hart, auch wenn ich mir dafür Schelte einfange: Deine Frau kann glücklich sein über das soziale Netz, das sie auffängt. Wäre sie gesund und hätte keinen neuen Arbeitsplatz gefunden, was leider viele Leute trifft, wäre wie du schreibst, nach vier Wochen ALG Schluss. Ohne Krankengeld und Rente.
Hi,

also, von mir bekommst du da auf jeden Fall keine Schelte.
Ich hatte eingangs schon erwähnt, dass man über dieses soziale Netz froh sein kann. Dieses Netz kann auf der anderen Seite aber nur existieren, wenn es Menschen gibt, die dafür bezahlen. Meine Frau hat das über Jahre getan. Ich glaube -von der Schwangerschaft und des Mutterwerdens mal abgesehen-, ich kann an einer Hand abzählen, wieviele Tage sie in den letzten 10 Jahren krank war. Und wenn sie krank war, hat sie die Zähne zusammengebissen und ist arbeiten gegangen. Jeden Tag -von Mo-Sa- 10 Stunden.
Jetzt wäre sie mal an der Reihe, etwas von ihren Leistungen zurückzubekommen. Und das, ohne zu knurren.
Wie du sicher auch weißt, behandeln nicht alle KK ihre Mitglieder gleich. Die AOK scheint mir hier ein hinreichend bekannter Fall dafür zu sein.
Das jedes Unternehmen sparen muss bzw. wirtschaftlich denken muss, sollte jedem klar sein. Aber bitte nicht an falscher Stelle.


Ok, das Gutachten ist angekommen. Ich fasse das mal kurz zusammen:


(Seite 1)

Sozialmedizinisches Gutachten

Kurzinformation

Anlass: Medizinische Voraussetzungen zur Anwendung des § 51 SGB V
Notwendigkeit von Maßnahmen zur Rehabilitation/Teilhabe

Gutachten: Erstgutachten

Begutachtungsdatum: 27.01.2011

Ergebnis: Aus medizinischer Sicht auf Zeit arbeitsunfähig

Zu den med. Voraussetzungen für eine erhebliche Minderung/Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ist festzustellen: Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 SGB V

Alle weiteren Informationen entnehmen Sie bitte dem beiliegendem Gutachten.


(Seite 2)

Anlass: Medizinische Voraussetzungen zur Anwendung des § 51 SGB V
Notwendigkeit von Maßnahmen zur Rehabilitation/Teilhabe

Erläuterungen:
Die KK fragt nach der Dauer der Arbeitsunfähigkeit und den medizinischen Voraussetzungen von § 51 Absatz 1 SGB V.

Vorliegende Dokumente:
Bescheinigung Dr. XXX
Arztanfrage vom 26.01.2011

Reha- und Rentenverfahren, GdB, MdE

Keine Reha
Keine GdB

(Seite 3 kurz zusammengefasst)

... Von weiterer Arbeitsunfähigkeit ist auszugehen. Aus meiner Sicht ist eine erneute stationäre Behandlung zu diskutieren. Angesichts der Dauer der Erkrankung ist die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet, die medizinischen Voraussetzungen von § 51,1 SGB V liegen vor.

Es ist allerdings zweifelhaft, ob eine medizinische Rehabilitation angesichts des Zustandsbildes möglich ist; in der Untersuchung schien die Versicherte nicht rehabilitationsfähig.


Weitere Arbeitsunfähigkeit ist aus meiner Sicht gegeben.


Übereinstimmung von Leitungsvermögen mit Anforderungsprofil der zuletzt ausgeübten Tätigkeit

Keine Übereunstimmung.

.....



Soweit das Gutachten.
Was sagt uns das jetzt?
Was ich daraus entnehme: Voraussetzungen für eine Reha gegeben, aber nicht möglich = Rente?

Sehe ich das richtig?

Wenn es so sein sollte, ok.
Ich persönlich bin -obwohl kein Arzt- der Ansicht, dass meine Frau zwar arbeitsunfähig, aber auch davon überzeugt, dass eine Heilung in Sicht ist.
Ich wehre mich einfach dagegen zum jetzigen Zeitpunkt schon über eine Rente nachzudenken. Bin auf den nächsten Arzttermin und die Sicht des Facharztes gespannt.
Mir ist dieser Sprung der KK von: "Arbeitsfähig für 6 Stunden" zu "soweit arbeitsunfähig, daher Rente" etwas zu extrem. Entschuldigt daher meine skepsis bzgl. der Vorgehensweise der AOK.

Czauderna hat geschrieben:(Zitat von Seite 2)Hallo,
klar, man muesste den wirklichen Inhalt des Gutachtens kennen, aber so wie geschildert hat der MDK eben nicht die Voraussetzungen des § 51 SGB V. als erfüllt beurteilt sondern hat eher zum Ausdruck gebracht dass derzeit an eine Reha nicht zu denken ist. Dass die Kasse nun den Weg mit der "Zeitrente" fahren will, na ja, aus Kassensicht zwar veständlich aber wohl rechtlich nicht abgesichert.
[...]Gruss
Czauderna
Ich glaube, das hats ganz gut getroffen.

Was wäre nun der nächste Schritt?


lg

Peter

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 28.02.2011, 13:29

Auch wenn die AOK etwas "gewöhnungsbedürftig" gestartet ist, so scheint mir jetzt alles in Ordnung zu sein. Für mich wäre das ein eindeutiger Rentenfall, "auf Dauer arbeitsunfähig" sieht leider nicht danach aus, als sei in absehbarer Zeit mit einer Arbeitsaufnahme zu rechnen. Die Krankenkasse hat keine rechtliche Handhabe, deine Frau zum Rentenantrag aufzufordern, deshalb der Umweg über die Reha, obwohl allen Beteiligten klar ist, dass es dazu wohl nicht kommen wird und eine Umdeutung erfolgen wird. Von daher wäre es wirklich am einfachsten, die Rente zu beantragen, damit kommt deine Frau ihrer Verpflichtung ebenfalls nach.

Um die Angst vor der Rente zu verlieren, würde ich eine Rentenauskunft bei der Rentenversicherung beantragen, sofern deine Frau diese nicht sowieso schon vorliegen hat. Hier ist das möglich: deutsche-rentenversicherung.de/sid_8255F3C2F1D6A5EE47E1F5159F1B0466.cae02/SharedDocs/de/Navigation/Beratung/renteninfo_anfo_node.html. So wie du es schilderst, hat sie jahrelang Vollzeit gearbeitet und ist jetzt arbeitslos. Ich könnte mir vorstellen, dass der finanzielle Unterschied nicht so groß ist. Und deine Frau hätte bei einer z. B. zweijährigen Rentenbewilligung erst mal den Druck raus, in dieser Zeit ist sie finanziell abgesichert und keine Krankenkasse fordert irgendwelche Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. Sie könnte sich ganz in Ruhe auf ihre Genesung konzentrieren. Und sollte sie tatsächlich schneller als vom MDK erwartet wieder gesund sein, hat sie noch ein gewisses Zeitfenster, innerhalb dessen sie einen neuen Arbeitsplatz suchen kann und nicht nur die vier Wochen Rest-ALG.

Also, mit dem Facharzt reden, ob er der Einschätzung "Minderung der Erwerbsfähigkeit" zustimmt. Wenn ja, müsst ihr überlegen, ob ihr einen Rentenantrag stellt oder über den Umweg Rehaantrag geht.

Alles Gute.

Machts Sinn

sinnlose Aufforderung zum Reha-Antrag, 3 51 SGB V

Beitrag von Machts Sinn » 28.02.2011, 14:37

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Re: sinnlose Aufforderung zum Reha-Antrag, 3 51 SGB V

Beitrag von GerneKrankenVersichert » 28.02.2011, 15:28

Machts Sinn hat geschrieben: Das Gutachten erscheint mir aber auch im Übrigen widersprüchlich, denn einerseits führt es aus: „Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 SGB“ V“ und andererseits: „Es ist allerdings zweifelhaft, ob eine medizinische Rehabilitation angesichts des Zustandsbildes möglich ist; in der Untersuchung schien die Versicherte nicht rehabilitationsfähig.“
Dieser vermeintliche Widerspruch löst sich auf, wenn du dir klar machst, was die "medizinischen Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 SGB V" sind. Das ist keine Rehafähigkeit, sondern die erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Machts Sinn hat geschrieben: Es ist auch nicht „dein Bier“ oder das deiner Frau, dass die AOK zum völlig sinnlosen Reha-Antrag auffordert, nur weil sie nicht zum Rentenantrag auffordern darf.

Also ich würde gegen den Aufforderungs-Bescheid aus diesen Gründen Widerspruch einlegen, weil ich der Auffassung bin, dass es sich um einen rechtswidrig belastenden Verwaltungsakt handelt. Eine Mehrfertigung wäre der Rechtsaufsicht zuzuleiten, denn sonst verzögern die das Verfahren und treiben dich in die Enge.

Die 10-Wochen-Frist muss nämlich trotzdem eingehalten werden, denn im Zweifel hat dieser Widerspruch keine aufschiebende Wirkung, jedenfalls ist das Risiko einer Fristversäumnis nicht verhältnismäßig.

Ergo: erst mal näher klären aber die Frist im Auge behalten und auf jeden Fall einhalten!

Merkst du was: GerneKrankenVersichert vertritt hier die Position der Krankenkassen und die kann von der Position des Fragestellers doch deutlich abweichen - wie jetzt hier in eurem Fall.
Dass du deine eigene Rechtsauffassung liebend gerne über die des BSG stellst, ist mir mittlerweile klar. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das von mir bereits zitierte BSG-Urteil. Der Krankenkasse wird ganz klar dieses Recht zugestanden. da nun die Rentenversicherung zuständig ist. Und die Krankenkassen sind nicht nur diesem einen Mitglied verpflichtet, das gerne weiterhin eine höhere Zahlung hätte (wobei ich wieder darauf hinweise, sich erstmal bestätigen zu lassen, wie hoch die Erwerbsminderungsrente wäre), sondern auch allen anderen Versicherten, die die Leistungen mit ihren Beiträgen finanzieren. Die Rentenversicherung ist nun am Zuge, nicht mehr die Krankenversicherung.

Machts Sinn

Ermessensausübung bei Anwendung des § 51 SGB V

Beitrag von Machts Sinn » 28.02.2011, 18:11

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GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 28.02.2011, 19:49

Seufz. Dass du dieses Urteil wieder in deinem Sinne verwurschtelst, hatte ich befürchtet. Deshalb auch damals schon mein entsprechender Hinweis.

Du wirfst wieder mal verschiedene Dinge in einen Topf und heraus kommt deine über allem stehende Rechtsauffassung. Auch wenn das BSG genauestens ausführt, dass die hier von Peter aufgeführten Gründe eben NICHT ausreichen, um die Zustimmung der Krankenkasse zur Rücknahme des Reha- und somit fiktiven Rentenantrages zu erhalten. Die Aufforderung nach § 51 SGB V war doch vollkommen unstrittig. Bei diesem Urteil ging es um die Einschränkung des Gestaltungsrecht und die Gründe, die ausreichen, um den Rehaantrag bei einer Umdeutung zurückziehen zu können, damit es nicht zur Rentenzahlung kommt.

Diese Gründe reichen laut BSG nicht aus (zur besseren Lesbarkeit habe ich die Quellenangaben mal geguttenbergert):
Da die Krankenkasse - wie beschrieben - nach der gesetzlichen Wertung ihr Interesse an einem frühzeitigen Wegfall des Krankengeldes und an möglichen Erstattungsansprüchen gegen den Rentenversicherungsträger aktiv wahrnehmen soll, ist das bloße Interesse des Versicherten, weiterhin und möglichst lange das im Vergleich zu Rentenleistungen höhere Krankengeld in Anspruch nehmen zu wollen, nicht schützenswert und kann regelmäßig kein durchgreifender Umstand für das Abgehen von der Antragsfiktion sein. Im gleichen Sinne würde das Interesse an höheren Rentenleistungen, die sich aus der Berücksichtigung zusätzlicher Anrechnungszeiten wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bzw Beitragszeiten wegen Krankengeldbezugs ergeben soll, nicht für die Zustimmung ausreichen.
Berechtigte Gründe laut BSG:
In diesem Sinne werden auch in der Literatur weitere Sachverhaltskonstellationen für ein berechtigtes Herausschieben des Rentenbeginns bzw ein Abgehen von der Rentenantragsfiktion hervorgehoben, zB dass ein Rentenantrag nach tarifvertraglichen Regelungen automatisch zum Arbeitsplatzverlust führen würde, dass der Anspruch auf Betriebsrente durch einen frühzeitigen Rentenbeginn verloren ginge, dass eine qualifizierte Wartezeit noch erreicht werden kann oder dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner noch erfüllbar sind. Unter diesem Blickwinkel bestehen keine Bedenken, - wie hier - einem (rechtmäßigen) Wunsch des Versicherten nach Ausschöpfung von betrieblichen oder tarifvertraglichen Leistungen des Arbeitgebers grundsätzlich den Vorrang gegenüber den finanziellen Interessen der Krankenkasse einzuräumen; dies gilt vor allem dann, wenn das finanzielle Volumen das Ausmaß der Einbußen, die die Krankenkasse durch einen späteren Rentenbeginn erleidet (zB weil wegen absehbarer Erschöpfung der Anspruchshöchstdauer ohnehin nur noch geringe Krankengeldzahlungen anfallen würden) deutlich übersteigt.
Von Peter wurden bisher nur die Gründe angegeben, die laut BSG nicht ausreichen. Mein Hinweis, sich eine Rentenauskunft anzufordern und mal zu schauen, wie hoch der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente ist, erfolgte vor dem Hintergrund der berechtigten Gründe. Allerdings müsste, so wie Peter das Berufsleben seiner Frau beschrieb, die Wartezeit erfüllt sein. Ein Arbeitgeber ist nicht vorhanden.

Sich darüber Gedanken zu machen hat jedoch noch Zeit, bis (wenn) der Rehaantrag tatsächlich umgedeutet wird.

Zum Thema Anhörung: Da kann man jetzt drüber streiten, ob das Gespräch mit dem Ehegatten einer schwer depressiven Versicherten als Anhörung zu werten ist oder nicht. Aber selbst wenn dies nicht ausreichen sollte, hat die AOK immer noch die Möglichkeit, die Anhörung nachzuholen. Bis hin zum Widerspruchsverfahren, so dass der Bescheid nicht rechtswidrig ist.

Und auch die fehlenden Informationen gibt es nicht. Die Krankenkasse hat mitgeteilt, dass der Rehaantrag in einen Rentenantrag umgedeutet werden kann.

Bevor du hier wie in anderen Foren den Eindruck erweckst, alles zu wissen und alles zu können, solltest du fairerweise darauf hinweisen, dass du in eigener Sache mit deiner Rechtsauffassung weder bei deiner Krankenkasse, in Juraforen, dem Sozialgericht, Landessozialgericht, Bundesversicherungsamt noch Gesundheitsministerium weitergekommen bist.

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