WISO: Kassenpatienten warten länger

Welche Erfahrungen haben Sie beim Arzt gemacht?

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Rentner
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Beitrag von Rentner » 18.03.2009, 21:22

Niemand verlangt von einem Arzt nur für die Solidarität arbeiten zu müssen, das tut auch niemand.

Aber nur aufgrund einer langen Ausbildung den Anspruch auf weit überdurchschnittlichen Lohn zu erheben kann´s auch nicht sein. Es gibt Architekten, Informatiker, Philosophen etc. und allen bleibt letztlich nur die Möglichkeit eines anderen Jobs, wenn´s keinen im erlernten gibt oder der nicht entsprechend bezahlt wird.

Die 90 % in der GKV decken übrigens auch ca. 90 % der Einnahmen, ist also nicht so, wie oft behauptet, daß der Arzt nur von der PKV lebt.

Es gibt, besonders in Ballungszentren, in manchen Bereichen zu viele Ärzte, die sich das vorhandene Geld nun mal teilen müssen. Und wenn das Angebot zu groß ist, gibt´s nun mal für jeden etwas weniger. Auch das ist Marktwirtschaft.

soisses
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Beitrag von soisses » 19.03.2009, 00:10

Ich muss da dem "Rentner" recht geben, denn

1. habe ich noch von keinem Arzt gehört der seine Kassenzulassung zurückgegeben hat.

2. gibt es in Deutschland das Recht der freien Berufswahl

Viele Grüße
Thomas

übrigens; mein Hausarzt fährt einen BMW X5 und ein Audi Cabrio :wink:

Lord Dragon
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Beitrag von Lord Dragon » 19.03.2009, 14:22

Trotzdem verstehe ich die Notwendigkeit der Pauschalisierung und Budgetierung nicht.

Es gibt funktionierende Vergütung für Ärzte. Diese heißt GOÄ. Gesetzliche Krankenkassen können es *** wie im Basistarif höchstens mit 1,8 fachen Satz vergüten. Somit wären die Kosten begrenzt. Damit kann man Kassenärztliche Vereinigungen komplett abschaffen. Das Geld kann man in die Versorgung investieren.

Damit hätten wir auch nicht jedes Jahr eine Diskussion über die Vergütungen. Ärzte könnten nach Leistung abrechnen und Patienten und Krankenkassen hätten die Kontrolle über die Kosten. Die Patienten können dann die Rechnungen prüfen, ob irgendwelche nichtberechtigte Leistungen abgerechnet worden sind. Im Moment kann das ein Patient gar nicht machen. Patienten hätten auch bessere medizinische Versorgung, da ein Arzt nur das abrechnen kann, was er auch geleistet hat. Wenn er keine Behandlung durchgeführt hat dann kriegt er auch kein Geld.

In den heutigen Pauschalen sind zwar die Leistungen aufgeführt, die inklusive sind. Der Arzt kriegt diese Pauschale auch wenn er das Minimum an Leistungen erbringt. Die Behandlung darf also auf keinen Fall viel Zeit kosten.

Bei Privatpatienten ist es anders. Untersuchung durchgeführt, dann darf er auch 10 EUR abrechnen. Behandlung durchgeführt dann gibt es 30 EUR dazu. Also wird für Privatpatienten Zeit genommen und für Kassenpatienten nicht.

Krankenkassenfee
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Beitrag von Krankenkassenfee » 19.03.2009, 20:19

Hallo,

die Ärzte wollten doch die Pauschalierung. Jetzt, wo sie "ungerecht", geht das Geschrei wieder los. Komischerweise aber nicht von allen. Verdächtig still sind doch einige Facharztgruppen und die Hausärzte im Osten ...

Für den Verteilungskampf kann nur die KV etwas. Und da sollten die Ärzte sich melden, nicht beim Patienten.

LG, Fee

Paule
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Beitrag von Paule » 20.03.2009, 12:24

Lord Dragon hat geschrieben:Trotzdem verstehe ich die Notwendigkeit der Pauschalisierung und Budgetierung nicht.
Verstehe ich auch nicht.
Bei Privatpatienten ist es anders. Untersuchung durchgeführt, dann darf er auch 10 EUR abrechnen.
Hat aber andere Nachteile: Ich hab in der Familie und in mehreren Monaten KH mitgekriegt, dass Privatpatienten ungern "abgegeben" werden, auch wenns der Kollege (in einer anderen Klinik oder sogar im gleichen Haus) besser kann. Wenn die Op dann nicht so klappt, wars eben besonders schwierig.

Lord Dragon
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Beitrag von Lord Dragon » 20.03.2009, 15:18

Paule hat geschrieben:
Bei Privatpatienten ist es anders. Untersuchung durchgeführt, dann darf er auch 10 EUR abrechnen.
Hat aber andere Nachteile: Ich hab in der Familie und in mehreren Monaten KH mitgekriegt, dass Privatpatienten ungern "abgegeben" werden, auch wenns der Kollege (in einer anderen Klinik oder sogar im gleichen Haus) besser kann. Wenn die Op dann nicht so klappt, wars eben besonders schwierig.
Hier sehe ich nicht wirklich ein Problem. Ein Privatpatient hat doch freie Arztwahl.

Aber mir ging es eigentlich nur darum, dass Kassenpatienten nach GOÄ behandelt werden sollen. Da wird sich je kein Chefarzt darum reißen einen Kassenpatienten zu behandelt, wo man nur z.B. max. 1,8-fachen GOÄ Satz abrechnen kann.

Abrechnung wäre aber transparent und Ärzte hätten auch eine leistungsbezogene Vergütung erhalten. Wer mehr für einen Patienten tut, der kriegt auch mehr Geld.

Momentan werden Kassenpatienten wie auf dem Laufband abgefertigt. Pauschale kassiert, was verschrieben (am Besten auch nur was günstiges) und weiter geht's. Nach dem zweiten Monat im Quartal werden für Kassenpatienten keine Termine mehr vergeben, weil man sonst Budget überschreitet. Was soll das für eine medizinische Versorgung sein?

Ich war Jahre lang ein Kassenpatient und jetzt habe ich "Kostenerstattung" gewählt. Man sieht wirklich den Unterschied. Bei mir muss der Arzt wirklich was leisten, bevor er sein Geld kriegt. Für einen Kassenpatienten kriegt der Arzt so oder so sein Geld und muss sich gar nicht anstrengen.

bauflor
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Beitrag von bauflor » 07.08.2009, 09:42

Wenn ich mal zum Arzt muss warte ich als GK versicherter meiner Meinung nach nicht sehr lang, habe aber leider keinen Vergleich zu jemanden der Privat versichert ist. Ich hatte aber noch nie eine Erkrankung welche einen schnellen Termin erforderte, wenn das der Fall sein sollte und ich muss länger warten wäre dies natürlich mehr als ärgerlich, da stimmt dann ja was mit dem System nicht..

Lady Butterfly
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Beitrag von Lady Butterfly » 07.08.2009, 20:50

Hier sehe ich nicht wirklich ein Problem. Ein Privatpatient hat doch freie Arztwahl.

Aber mir ging es eigentlich nur darum, dass Kassenpatienten nach GOÄ behandelt werden sollen. Da wird sich je kein Chefarzt darum reißen einen Kassenpatienten zu behandelt, wo man nur z.B. max. 1,8-fachen GOÄ Satz abrechnen kann.

Abrechnung wäre aber transparent und Ärzte hätten auch eine leistungsbezogene Vergütung erhalten. Wer mehr für einen Patienten tut, der kriegt auch mehr Geld.
im Gesundheitssystem ist schon genug Geld - Deutschland hat nach den USA die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben. Bei der Qualität oder der Zufriedenheit der Patienten liegt Deutschland jedoch nur auf einem Mittelplatz. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Situation dadurch verbessert, indem man noch mehr Geld ins System rein stopft.

Ein Problem bei der Leistungsabrechnung besteht allerdings auch darin, dass der Arzt bestimmt, welche Leistungen der Versicherte erhält. Die Gefahr dass der gute Doktor, um einen Wochenendtrip zu finanzieren, dann fragt "darfs auch eine Spritze mehr sein?" besteht schon. :o

Eine transparentere Abrechnung wäre allerdings schon praktisch...

Lord Dragon
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Beitrag von Lord Dragon » 28.08.2009, 23:16

@Lady Butterfly
Bei Privatpatienten wird leistungsbezogene Abrechnung gemacht. Der Patient muss halt auch mit dem Arzt sprechen, was wirklich notwendig ist und sich auch selbst erkundigen.

Das Problem ist doch, dass Ärzte ein Geldtopf kriegen und dafür keine Leistung erbringen müssen. Karte rein und das war es schon. Kassenpatienten werden schnell abgefertigt, damit man Ruhe hat.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 02.09.2009, 09:08

Hallo,
dem kann man so nicht zustimmen - betrachten wir es doch mal
realistisch.
Was wir so lesen und hören sind sicherlich reale Fälle und ich kann es aus meiner Praxis auch bestätigen - die gibt es häufig und überall in Deutschland aber sie sind ganz bestimmt nicht überwiegend und wenn ich mich protentual festlegen sollte dann warten 30% der Kassenpatienten nur deshalb länger weil sie eben Kassenpatienten sind.
Das sind sicherlich 30% zuviel aber nun doch nicht so weltbewegend wie es gerne dagestellt wird.
Auch widerspreche ich (und als Kassenmitarbeiter gehört das ja auch wohl zu meinem Pflichtprogramm) vehement der Behauptung dass PKV-Versicherte durchgängig die bessere medizinische Versorgung erhalten als Kassen-Patienten.

Gruß

Czauderna

Lady Butterfly
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Beitrag von Lady Butterfly » 02.09.2009, 21:25

Der Patient muss halt auch mit dem Arzt sprechen, was wirklich notwendig ist und sich auch selbst erkundigen.
das ist schwierig, da dem medizinischen Laien dazu häufig die Fachkenntnisse fehlen. Bei einer planbaren Behandlung ist es vielleicht noch machbar - man kann verschiedene Meinungen einholen und vielleicht auch im Internet recherchieren. Bei akuten Sachen ist das schon viel schwieriger. und überhaupt: wenn der Arzt sagt, dass er diese Untersuchung oder jene Behandlung für sinnvoll hält, richten sich wohl die meisten Patienten danach. Mehrere Meinungen holt man doch in der Regel nur bei größeren Sachen ein oder wenn die keine Besserung bringt...
Auch widerspreche ich (und als Kassenmitarbeiter gehört das ja auch wohl zu meinem Pflichtprogramm) vehement der Behauptung dass PKV-Versicherte durchgängig die bessere medizinische Versorgung erhalten als Kassen-Patienten.
da kann ich nur zustimmen. Ich bin auch der Meinung, dass der Arzt, der bei einen gesetzlich Versicherten eine falsche Diagnose stellt wohl bei einem privat Versicherten nicht viel richtiger liegt - Geld hin, Geld her. Und wer bei einem gesetzlich Versicherten keinen Erfolg mit der Behandlung hat, wird auch durch eine höhere Bezahlung nicht erfolgreicher...

ippuj
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Beitrag von ippuj » 03.09.2009, 08:12

Hallo,

eine sehr aktuelle Erfahrung von mir:

am 31.08.09 hatte ich einen Tag Urlaub, um endlich den lange überfälligen Termin beim Augenarzt wahrzunehmen. Wartezeit für diesen Termin waren übrigens zehn Wochen. Dieser Besuch verlief eigentlich halbwegs zufriedenstellend. Es war noch Zeit, einen Besuch beim Orthopäden hinter mich zu bringen (der glücklicherweise ohne Terminvereinbarung arbeitet) mit Verdacht auf Fersensporn und Rückenschmerzen im Lendenbereich. Der Ablauf stellte sich so dar:

Arzt: "Fersensporn. Legen Sie sich mal da hin." Kurzes Betasten der Ferse. "Ja, da ist wohl ein Fersensporn. Ich schreibe Ihnen ein Rezept für Einlagen." Ich: "Hm, das löst aber nicht wirklich das Problem sondern lindert nur die Symptome." Arzt: "Tja, ich kann Ihnen eine Spritze geben, oder es gibt noch die Stoßwellentherapie." Ich: "Im letzten Jahr hatte ich einen Fersensporn am anderen Fuß, der nach Röntgenbestrahlung jetzt ziemlich schmerzfrei ist." Arzt: "Dann gebe ich Ihnen ein Rezept für Bestrahlung." Ich: "Und dann habe ich noch Schmerzen rechts im Lendenbereich." Arzt: "Lassen Sie mal die Hose runter und beugen sich vor." Er drückt links der Wirbelsäule: "Schmerzt das?" Ich: "Nein." Er drückt rechts der Wirbelsäule. Ich: "Au!" Arzt: "Na, da gebe ich Ihnen mal eine Spritze." Gesagt, getan.

Den Arzt habe ich insgesamt für drei Minuten gesehen. Die Rückenschmerzen sind unverändert... :x

MfG Ippuj

Targot
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Beitrag von Targot » 03.09.2009, 09:31

Oh je, Stoßwellentherapie......

Da kann ich ja auch gleich bei Vollmond eine tote Katze im Wald am Kreuzweg vergraben....

Sorry, aber ich habe enormste Vorbehalte gegenüber Therapieformen, die in der wissenschaftlichen Zulassungsprüfung seinerzeit beinahe geringere medizinische Erfolge erzielt hat als die Plazebo-Gruppe.

Aber: Wenn man dran glaubt, funktionierts wohlmöglich!

Viele Grüße
Targot

Lord Dragon
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Beitrag von Lord Dragon » 03.09.2009, 13:20

Lady Butterfly hat geschrieben:Ich bin auch der Meinung, dass der Arzt, der bei einen gesetzlich Versicherten eine falsche Diagnose stellt wohl bei einem privat Versicherten nicht viel richtiger liegt - Geld hin, Geld her. Und wer bei einem gesetzlich Versicherten keinen Erfolg mit der Behandlung hat, wird auch durch eine höhere Bezahlung nicht erfolgreicher...
Ich bin nicht deiner Meinung.
Ich bin in der GKV. Dieses Jahr habe Kostenerstattung gewählt und kann jetzt direkt vergleichen.

Termine kriege ich jetzt viel früher. Bei meiner Hausärztin wurde mir gesagt, dass ich überhaupt keinen Termin mehr brauche. Ich kann Sie besuchen, wann ich möchte.

Die Ärzte nehmen sich auch viel länger Zeit bei der Untersuchung und Beratung. Vorher hatte ich das Gefühl, dass ich nur schnell abgefertigt wurde (wie auf dem Laufband).

Wenn man intensiver untersucht wird und zu Symptomen befragt wird, dann kann man auch genauere Diagnose stellen.

freundblume
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Beitrag von freundblume » 30.11.2009, 23:27

Wenn ich mir hier die Diskussionen so durchlese, frage ich mich immer wieder warum Deutschland sich eigentlich als einzigstes? Land zwei parallele Krankenversicherungssysteme leistet diese noch durch eine ziemlich willkürliche Einkommensgrenze voneinander trennt. Wäre es nicht sinnvoller das zu einem egal wie ausgestaltem System umzugestalten. Dann hätte diese PKV/GKV Diskussionen endlich ein Ende und es könnte alle Energie auf eine sinnvolle und leistungsfähige Krankenversorgung gerichtet werden.
Ich hab daher die folgende Petition mitgezeichnet:
http://epetitionen.bundestag.de/index.p ... ition=8457

Wenn genug Leute mitzeichnen muss es wenigstens eine öffentliche Anhörung zu dem Thema geben. :wink:

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