theoretischer Fall mit ungerechter Lösung ??

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

heinrich
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theoretischer Fall mit ungerechter Lösung ??

Beitrag von heinrich » 13.03.2013, 22:02

Jemand kommt am 01.03.2012 aus einem Land mit dem kein Abkommen besteht.

1.
Es wird erstmals am 01.03.2012 eine Beschäftigung aufgenommen.
Entgelt oberhalb der JAE-Grenze.
Klares Beitrittsrecht nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 SGB V

2.
Es wird erstmals am 01.03.2012 eine Beschäftigung aufgenommen.
Entgelt 3000 EUR. Also Versicherungspflicht zur Kranken – und auch Pflegevers
Ab 01.10.2012 Erhöhung des Gehaltes auf 5000 EUR monatlich = Ausscheiden aus der Versicherungspflicht zum 31.12.2012
Frage: Freiw. Versicherung ab 01.01.2013 ??
Antwort: ja,
Auszug aus § 190 Abs. 3
…mit Ablauf des Kalenderjahres der e r s t m a l i g e n Beschäftigungsaufnahme im Inland nach § 6 Absatz 4 Satz 1 aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind, die Voraussetzungen der freiwilligen Versicherung nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 aber nicht erfüllen.



Bis jetzt kein Problem, haltet durch, die spannende Frage kommt noch

3.
Jemand wohnt bis zu seinem 30. Lebensjahr in Deutschland und hat schon zahlreiche Beschäftigungen abgeleistet (hat also die erste Beschäftigung im Inland hinter sich gebracht).
Er ist auch zuletzt Arbeitnehmer als er nach Afrika geht um dort in einer Unternehmensberatung zu arbeiten.
Nach 13 Jahren (er hat dort immer noch als Arbeitnehmer gearbeitet) kommt er am 01.03.2012 zurück nach Deutschland. Ab diesem 01.03.2012 ist er JAE-Überschreiter.
Direkt am 01.03.2012 beantragt er auch nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 SGB V die freiwillige Versicherung
Lösung: die freiwillige Versicherung ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 SGB V möglich



So jetzt kommt das Problem bei Nr 4.

Jemand wohnt bis zu seinem 30. In Deutschland und hat schon zahlreiche Beschäftigungen abgeleistet (hat also die erste Beschäftigung im Inland hinter sich gebracht).
Er ist auch zuletzt Arbeitnehmer als er nach Afrika geht um dort in einer Unternehmensberatung arbeiten zu gehen.
Nach 13 Jahren (er hat dort immer noch als Arbeitnehmer gearbeitet) kommt er am 01.03.2012 zurück nach Deutschland. Ab diesem 01.03.2012 ist JEDOCH N I C H T JAE-Überschreiter, sonder versicherungspflichtig, da er nur 3000 EUR erhält.

Da soll man doch denken: ALLES ok.

Am 01.10.2012 erhält dieser Mensch dann eine Gehaltserhöhung auf 5000 EUR und scheidet zum 31.12.2012 aus der KV-PV-Pflicht aus.

UND jetzt ???, geht eine freiwillige Versicherung ???
Die Vorversicherungszeit ist ja n i c h t erfüllt und der § 190 Abs. 3 erlaubt nur das Entfallen der Vorversicherungszeit bei erstmaliger Beschäftigung im Inland.

ALSO: nach dem Wortlaut des Gesetztes ist KEINE freiwillige Versicherung möglich
(Bürgerversicherung ebenfalls nicht; dies braucht hier sicherlich nicht mehr erwähnt zu werden; dies geht ja für JAE-Überschreiter nicht)

Damit wäre der zunächst Versicherungspflichtige (hier Fall 4) schlechter gestellt als derjenige, der wie im Fall 3 sofort JAE-Überschreiter ist.

WAHNSINN

Poet
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Beitrag von Poet » 13.03.2013, 23:31

@heinrich: Meiner Meinung beißt sich die Katze hier in den Schwanz.

Erstens wird doch die Umstellung von versicherungspflichtigem Arbeitnehmer auf freiwillig versicherten Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erst vorgenommen, wenn derjenige rückblickend betrachtet 1 Jahr über der BBG lag und auch über der neuen Grenze liegt.

Zweitens gelten die Ausführungen des §9 für einen Beitritt in die freiwillige Versicherung, nicht für die Weiterversicherung als freiwillig Versicherter nach einer Versicherungspflicht. Derjenige in deinem Fall No 4 tritt doch nicht mehr bei, seine Mitgliedschaft wird doch nur umgestellt.

Mal sehen was die Kassenexperten sagen, wie es gehandhabt wird in der Praxis.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 14.03.2013, 08:44

Was gilt seit dem 01.04.2007 ?

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 14.03.2013, 08:51

Hallo,
ja, ein schon recht theoretischer Fall - von daher kann auch nur die Antwort entsprechend sein, denn Erfahrungswerte aus der Praxis gibt es da eher nicht. Also, wenn ich mit diesem Sachverhalt (4) konfrontiert würde, ich würde auf "Weiterversicherung" bei der bisherigen Kasse entscheiden und meine Entscheidung mit der besonderen Fallkonstellation begründen. Wer sollte später daran Interesse haben diese Entscheidung anzuzweifeln oder gar aufzuheben - ich denke, nicht einmal ein Revisor des BVA. käme hier auf den Gedanken diese Entscheidung zu kritisieren und den Betroffenen in die PKV zu zwingen. Meine (theoretische) Meinung aus der Praxis dazu.
Gruss
Czauderna

heinrich
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Beitrag von heinrich » 14.03.2013, 09:04

Poet:
ich bin Kassenexperte. Ich hatte so einen Fall in 30 Jahren nicht.

Ich wollte nur auf die (meines Erachtens bestehende) Lücke hinweisen



Cicero:
Deine Frage kann ich nicht verstehen.
Wenn Du meinst, was ab 01.04.2007 gilt.
Jedenfalls gibt es seit 01.04.2007 geltenden Rechtslage, die zum 01.01.2009 für JAE-Überschreiter (und auch Beamte) ein wenig geändert wurde
JEDENFALLS KEINE Bürgerversicherung für einen JAE-Überschreiter.

Dies hatte ich meinem Posting schon erwähnt

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 14.03.2013, 09:20

aha, und was machst du nun nach dem du feststellst das nicht versichert ist.

Sportsfreund
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Beitrag von Sportsfreund » 14.03.2013, 09:42

Hi,
Poet hat geschrieben:@heinrich: Meiner Meinung beißt sich die Katze hier in den Schwanz.

Erstens wird doch die Umstellung von versicherungspflichtigem Arbeitnehmer auf freiwillig versicherten Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erst vorgenommen, wenn derjenige rückblickend betrachtet 1 Jahr über der BBG lag und auch über der neuen Grenze liegt.
Das stimmt nicht ganz. Es geht dabei nämlich nicht um 1 ganzes (Kalender-)Jahr. Denn das Überschreiten der JAG ist IMMER im Rahmen einer vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen.
Poet hat geschrieben:Zweitens gelten die Ausführungen des §9 für einen Beitritt in die freiwillige Versicherung, nicht für die Weiterversicherung als freiwillig Versicherter nach einer Versicherungspflicht. Derjenige in deinem Fall No 4 tritt doch nicht mehr bei, seine Mitgliedschaft wird doch nur umgestellt.
Mit WEITERversicherung ist auch immer ein Beitritt zu einer freiwilligen Mitgliedschaft gemeint. Da wird rechtlich nicht unterschieden.

Insofern hat heinrich schon Recht. Und mir fällt jetzt auf Anhieb auch keine Lösung ein, wie so jemand in der GKV weiterversichert sein kann.

Gruß
Sportsfreund

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 14.03.2013, 09:44

Unklare Gesetzeslage mit noch nicht geregeltem Ablauf, was mache nwir denn da?

broemmel
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Beitrag von broemmel » 14.03.2013, 10:04

Sehr seltene Konstellation, aber nicht unmöglich.

Ich würde es wie Czauderna halten.

Wäre nur zu klären ob das BVA bei einer Prüfung darauf drängen kann die Mitgliedschaft rückwirkend zu beenden oder ob es dann bei einer Prüffeststellung bleibt.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 14.03.2013, 10:06

eher nicht, denn die Kasse hatte da denn einen gewissen Ermessensspielraum. Wenn ich mich nicht ganz irre ist das Ganze denn so zu sehen > Gesetz > Rundschreiben>Höchstrichterliche Rechtsprechung >allgemeine Verkehrsauffassung >Interner Handlungsablauf = Ermessen der Kasse, ergo wo liegt das Problem?

heinrich
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Beitrag von heinrich » 15.03.2013, 08:55

Cicero,
bei deiner KK hast Du doch bestimmt einen RSA-Beauftragten.

Frag ihn doch mal, was passiert, wenn Du eine Mitgliedschaft zu Unrecht einträgst, was er dann mit Dir macht ???


Das Gesetz: ist doch gaaaanz klar; nämlich KEIN Recht auf freiwillige Versicherung.

Es ist halt nur ungerecht.

Ich warte jetzt erst mal ab, ob ich jeweils noch in meinen restlichen 20 Jahren meiner interessanten Berufstätigkeit so einen Fall haben werden.

Vielen Dank für die Diskussion

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 15.03.2013, 10:38

heinrich hat geschrieben:Cicero,
bei deiner KK hast Du doch bestimmt einen RSA-Beauftragten.

Frag ihn doch mal, was passiert, wenn Du eine Mitgliedschaft zu Unrecht einträgst, was er dann mit Dir macht ???
Gegenfrage, was macht dein vorgesetzer wenn man so Leute verliert?

heinrich
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Beitrag von heinrich » 15.03.2013, 19:47

dies wäre ein Mitglied weniger
und damit eines mehr in der GKV


eine ungerechte Mitgliedschaft kostet Deine KK zigtausend Euros.

Außerdem beantwortet man eine Frage nicht mit einer Gegenfrage.

Nun sage bloß nicht: warum nicht

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 15.03.2013, 19:51

Hallo Heinrich,
toll - ein RSA-Beauftragter, der alle Mitgliedschaftsanträge überprüft - man lernt nie aus - muss ich direkt am Montag mal recherchieren ob wir so etwas haben - einen RSA-Beauftragten - habe ich noch nie gehört.
Gruss
Czauderna

heinrich
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Beitrag von heinrich » 17.03.2013, 12:54

Moin Czauderna;

dann nennen wir es anders.

Derjenige, der dem RSA-Prüfuger Rede und Antwort stehen muss, wenn dieser feststellt, dass Du ein Mitglied zu Unrecht führst und daher zu Unrecht Gelder aus dem RSA-Topf ziehst.

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