Säumniszuschläge trotz Widerspruch?

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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Laura
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Säumniszuschläge trotz Widerspruch?

Beitrag von Laura » 28.02.2011, 18:25

Hallo zusammen :) ,

ich war von Sommer 2009 bis Winter 2010 nicht krankenversichert. Seit Winter 2010 bekomme ich ALG2 und bin wieder krankenversichert. Die Krankenkasse fordert nun die Beiträge aus dem o.g. Nichtversicherungszeitraum nach und hat mir einen Beitragsbescheid geschickt.

Gegen diesen Bescheid habe ich Widerspruch eingelegt und das u.a. mit dem § 186 abs. 11 Satz 4 SGB V begründet. Ich habe in dem Schreiben auch deutlich gemacht, dass ich die Forderung unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit nicht bezahlen könnte.

Nachdem ich Widerspruch eingelegt hatte, hat mir die Krankenkasse eine Mahnung geschickt und zusätzlich Säumniszuschlage (für den Monat seit dem ersten Beitragsbescheid) + Mahngebühren verlangt. Auf meinen Widerspruch wurde mit keinem Wort eingegangen.

Wenn ich nicht innerhalb einer Woche bezahle, will die Krankenversicherung weitere Maßnahmen der Zwangsvollstreckung einleiten.

Unter dem Schreiben steht noch:
Wichtiger Hinweis: Ihr Leistungsanspruch ruht, wenn Sie mit zwei Beitragszahlungen im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen.

Unter bestimmten Vorraussetzungen ist die Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge durch den Sozialhilfeträger beziehungsweise den Leistungsträger nach dem Sozialgesetzbuch II möglich.

Diese Zahlungsaufforderung gilt als Mahnung. Unsere Gesamtforderung wird hiermit förmlich festgesetzt.
Meine Fragen dazu sind:
  • 1. Können Säumniszuschläge erhoben werden, obwohl ein
    Widerspruch gegen den Beitragsbescheid läuft?
    Muss nicht erst über den Widerspruch entschieden werden?

    2. Ich habe hier im Forum gelesen, dass die Krankenkasse bei ALG2-Bezug den Leistungsanspruch trotz rückständiger Altbeiträge nicht ruhen lassen darf. Der Hinweis der KK würde dann nicht auf mich zutreffen. Nur wo steht das im Gesetz?

    3. Unter welchen bestimmten Vorraussetzungen ist die Übernahme der (rückständigen?) Krankenversicherungsbeiträge durch den Leistungsträger möglich? Ich dachte gerade das ginge nicht. Oder ist damit ein zinsloser Kredit gemeint?

    4. Mit welchen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung müsste ich als nächstes rechnen? Kommt sofort der Gerichtsvollzieher oder gibt es vorher noch einen Mahnbescheid / Vollstreckungsbescheid o.ä.?

    5. Angenommen ich bin nicht bereit zu zahlen: Kann man irgendwie bei Gericht beantragen, dass weitere Säumniszuschläge/Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erst mal ausgesetzt werden?

    6. Angenommen ich bin bereit zu zahlen, aber kann nicht:
    Habe ich ein Recht auf Erlass von Säumniszuschlägen bei Ratenzahlung? Wo steht das?
    Wie viel vom ALGII-Satz würdet ihr bei Ratenzahlung anbieten?
Vielen Dank!

LG
Laura

Rossi
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Beitrag von Rossi » 28.02.2011, 20:00

Tja,
1. Können Säumniszuschläge erhoben werden, obwohl ein
Widerspruch gegen den Beitragsbescheid läuft?
Muss nicht erst über den Widerspruch entschieden werden?
Der Beitragsbescheid ist sofort vollziehbar. Ein Widerspruch hat hier keine sog. aufschiebende Wirkung. Die Kasse kann also, ohne das Widerspruchsverahren durchzuziehen, die Beiträge vollstrecken.
2. Ich habe hier im Forum gelesen, dass die Krankenkasse bei ALG2-Bezug den Leistungsanspruch trotz rückständiger Altbeiträge nicht ruhen lassen darf. Der Hinweis der KK würde dann nicht auf mich zutreffen. Nur wo steht das im Gesetz?
Die Krankenkasse ist bei ALG II-Beziehern machtlos. Der Anspruch kann definitiv nicht auf ruhend gestellt werden. Du bekommst die volle Palette, obwohl Du Rückstände hast.

Dies ergibt sich aus § 16 Abs. 3a SGB V

Zitat:
das Ruhen endet, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind oder wenn Versicherte hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches werden.

Obwohl die Kasse von Dir eine Anmeldung im Rahmen des ALG II-Bezuges hast, verschweigt sie dies scharmvoll, dass ein Ruhen während des Leistungsbezuges nicht eintritt.

Nein im Gegenteil, die Kasse macht Dir Angst und droht rechtswidriger weise mit dem Ruhen. Warum möchte ich hier scharmvoll verschweigen.


3. Unter welchen bestimmten Vorraussetzungen ist die Übernahme der (rückständigen?) Krankenversicherungsbeiträge durch den Leistungsträger möglich? Ich dachte gerade das ginge nicht. Oder ist damit ein zinsloser Kredit gemeint?
Gerade dieser Hinweis der Kasse ist dann die Krönung der gesamten unendlichen Geschichte. Kein SGB II oder SGB XII-Träger aus der BRD wird Dir für die rückständigen Beiträge ein Darlehen gewähren. Und weisst Du warum, es ist relativ einfach. Die Kasse hat den § 16 Abs. 3a SGB V einfach zu beachten und Dir die volle Palette zu gewähren, trotz des Beitragsrückstandes. Von daher gibt es im Ansatz keinen Grund, Dir ein Darlehen in Sonderfällen (akute bzw. qualifizierte Notlage) zu gewähren.

Ich finde diesen Hinweis - Darlehen durch SGB II oder SGB XII - völlig daneben.

Die Kasse betreibt mit Dir das sog. Pontius-Pilatus-Spiel. Sie jagt Dich von einem Sozialleistungsträger zum anderen Sozialleistungsträger und ist nicht in der Lage die eigenen gesetzlichen Bestimmungen zu beachten.

Du sollst Dir offensichtlich die Hacken abrennen ohne einen Erfolg zu haben.

Wunderbar!? Mehr fällt mir derzeit hierzu nicht ein!

5. Angenommen ich bin nicht bereit zu zahlen: Kann man irgendwie bei Gericht beantragen, dass weitere Säumniszuschläge/Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erst mal ausgesetzt werden?
Beantrage aufgrund des Hartz IV-Bezuges die Stundung des nachzuzahlenden Beitrages. Du erhälst derzeit Leistungen im Rahmen des Existenzminimums und hast nix.

Last und least, verfolge weiter den eingereichten Antrag nach § 186 Abs. 11 SGB V; ziehe vors Sozialgericht!

Laura
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Beitrag von Laura » 01.03.2011, 12:06

Hallo Rossi,

vielen vielen Dank für deine Antwort! :D
Ich hatte mich schon beim Widerspruch teilweise an deiner Argumentation zu § 186 SGB V orientiert.
Ein Widerspruch hat hier keine sog. aufschiebende Wirkung. Die Kasse kann also, ohne das Widerspruchsverahren durchzuziehen, die Beiträge vollstrecken.
Also wenn ich zahle oder in Teilen zahle ist das kein "Schuldeingeständnis" bzw. akzeptiere ich damit nicht die Rechtmäßigkeit der Forderung?

Wenn dem Widerspruch nachträglich statt gegeben würde, würden die ggf. vollstreckten Beiträge zurückgezahlt? Wird das dann auch verzinst?
Dies ergibt sich aus § 16 Abs. 3a SGB V
Super, genau das habe ich gebraucht!
Nein im Gegenteil, die Kasse macht Dir Angst und droht rechtswidriger weise mit dem Ruhen. Warum möchte ich hier scharmvoll verschweigen.
Tja, entweder war das schlampiges copy&paste oder wirklich ne miese Tour vom Sachbearbeiter. :roll:
Die Kasse hat den § 16 Abs. 3a SGB V einfach zu beachten und Dir die volle Palette zu gewähren, trotz des Beitragsrückstandes. Von daher gibt es im Ansatz keinen Grund, Dir ein Darlehen in Sonderfällen (akute bzw. qualifizierte Notlage) zu gewähren.
Ich war heute morgen beim Arbeitsamt und habe mal nachgefragt.
Der Sachbearbeiter meinte, die Chancen für eine zinsloses Darlehen wären sehr schlecht. Dabei kamen die von dir genannten Argumente.

Um überhaupt eine Chance zu haben soll ich mir von der Kasse schriftlich geben lassen, dass sie Ratenzahlung ablehnen und mir Leistungskürzungen androhen.

Ich habe dann dein Argument mit dem Existenzminimum gebracht und gesagt, dass ich noch gar nicht Ratenzahlung beantragt hätte. Mir wurde dann geraten der Krankenkasse trotzdem 10 oder 20€ Raten anzubieten.

Ich stelle mir da halt auch wieder die Frage, ob ein Angebot zur Ratenzahlung nicht zur Anerkennung der Forderung führt.

:?: Kann mir jemand die Paragraphen zu Ratenzahlung und Stundung nennen :?:
Last und least, verfolge weiter den eingereichten Antrag nach § 186 Abs. 11 SGB V; ziehe vors Sozialgericht!
Ich habe mich noch entschieden ob ich das machen würde.
Wenn ich da verlieren würde, hätte ich noch ein zweites Problem. So oder so muss ich aber doch eh erst die Entscheidung über den Widerspruch abwarten, oder?

Gruß
Laura

Rossi
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Beitrag von Rossi » 02.03.2011, 00:26

Na ja,
Also wenn ich zahle oder in Teilen zahle ist das kein "Schuldeingeständnis" bzw. akzeptiere ich damit nicht die Rechtmäßigkeit der Forderung?
Zahle einfach ggf. unter Vorbehalt.
Wenn dem Widerspruch nachträglich statt gegeben würde, würden die ggf. vollstreckten Beiträge zurückgezahlt? Wird das dann auch verzinst?
Die Beiträge werden dann selbstverständlich erstattet. Allerdings ist hier keine Verzinsung vorgesehen. Wenn Du nach nach der Stattgabe eines Widerspruches die Erstattung beantragst und die Kasse dann nicht sofort die Beiträge auszahlst, dann bekommst Du ab dem Beginn des übernächsten Monat 4 % Zinsen.
Tja, entweder war das schlampiges copy&paste oder wirklich ne miese Tour vom Sachbearbeiter.
Sorry, ich muss mich hier bremsen, was dieser Hinweis angeht. Selbst bei einem Ruhen (sofern kein Hartz IV) muss die Kasse sog. Notfallbehandlungen (Grundversorgung) gewährleisten. Davon findet man in diesem Schreiben nicht einen Pups!
Um überhaupt eine Chance zu haben soll ich mir von der Kasse schriftlich geben lassen, dass sie Ratenzahlung ablehnen und mir Leistungskürzungen androhen.
Ist doch völliger Quatsch. So etwas kann die Kasse nicht machen bzw. bestätigen, da es völlig rechtswidrig ist.

Es gibt definitiv weder im SGB II noch im SGB XII hier Handlungsbedarf ein Darlehen zu gewähren. Die Auffassung aus dem Ministerium ist hier auch sehr eindeutig. Es kann natürlich sein, dass Dein Jobcenter nicht so richtig einen Plan hat und Dir dennoch ein Darlehen gewährt.

Bei meinem Jobcenter würdest Du allerdings hierfür keinen Cent bekommen.

Die Stundung und Ratenzahlungsmöglichkeit ergibt sich aus der jeweiligen Satzung der Kasse. Aber der sog. Spitzbubenverband hat eine Empfehlung bzw. Mustervorschlag für diese Klamotte herausgegeben.


In der Regel beziehen sich die Kassen auf § 76 SGB IV.

Wenn ich da verlieren würde, hätte ich noch ein zweites Problem. So oder so muss ich aber doch eh erst die Entscheidung über den Widerspruch abwarten, oder

Nein, jenes musst Du nicht (abwarten bis die Entscheidung des Widerspruches vorliegt).

Du hast die Möglichkeit direkt bei der Kasse die Aussetzung der sofortigen Vollziehung zu beantragen. Diese Möglichkeit ergibt sich aus § 86a Abs. 3 SGG. Dies wird mit Sicherheit keinen Erfolg haben, da die Kasse natürlich ganz anders denkt und weiterhin meint mit einer Kanone auf einen Spatzen schießen zu dürfen.

In dieser Konstellation kann man dann auch gem. § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG beim zuständigen Sozialgericht die Aussetzung der Vollstreckung beantragen.

Hierfür musst Du allerdings dezidiert Gründe vortragen, dass die Vollstreckung der Kasse ernsthaft zu bezweifeln ist, was ich persönlich bei einem Hartz IV Bezug unterstelle.

Ich habe in dem anderen Forum eine Betroffene schon mal tatkräftig unterstützt und wir haben zumindest teilweise gewonnen; die Kasse wurde wach. Aber jenes kostet ne Menge Zeit und Arbeit.

Du brauchst hierfür fachanwaltiche Unterstützung. Aber ich sage nur Mut zur Lücke!

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