Nachzahlungspflicht-Befreiung löst das Problem nicht

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

Hasso33
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Beitrag von Hasso33 » 16.06.2013, 16:26

also, so wie ich das auffasse, bedeutet das gesetz zunächst nur, allen bürgern, die seit dem 1.april 2007 nie versichert waren, die beiträge und zinsen zu erlassen, wenn sie sich bis ende des jahres 2013 bei einer kasse melden.

alle anderen mitglieder, die noch ein vertragsverhältnis mit ihrer krankenkasse haben, aber ihre beiträge nicht zahlen können (aus welchen gründen auch immer), sollen die zinsen von 5 auf 1% ermässigt werden und bei härtefällen, dürfen bzw. sollen die kassen kulanter handeln, um beiträge zu stunden oder zu erlassen.

das wars zunächst, was die gesetzlichen krankenkassen betrifft.

jetzt weiss ich nicht, in welchen tatbestand ich reinpasse? eher zu den jenigen, die nicht versichert sind (bin bei keiner keiner krankenkasse gemeldet) oder eher zum zweiten fall, da ich ja seit dem 1 april 2007 zwischenzeitlich schonmal versichert war, aber das angebot der freiwillgen versicherung ignoriert habe und das ist schon mehr als 2 jahre her, also somit nicht in den tatbestand der gruppe reinpasse, denen die beiträge komplett erlassen wird.?

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 16.06.2013, 19:43

Hallo Hasso33,
zunächst soll es so sein, dass den schon erfassten Beitragsschuldnern die Zinsen erlassen bzw. auf 1% gesenkt werden und auch die Beitragsschuld als solches soll erlassen werden können - die Durchführungsbestimmungen sind noch nicht raus.
Zu wem du genau gehörst kann dier verbindlich noch keiner sagen - wahrscheinlich auch deine Kasse morgen noch nicht - fest steht jedoch m,einer Meinung nach, dass du für die Vergangenheit wahrscheinlich nix nachzahlen musst, meine ich.
Gruss
Czauderna

Rossi
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Beitrag von Rossi » 16.06.2013, 23:22

Nun ja, welcher Personenkreis profitiert hiervon?

Es gibt - nach meiner Lesart - unterschiedliche Fallkonstellationen.

1. Fallkonstellation - Versicherungspflicht wurde bereits festgestellt (Anzeigebogen liegt der Kasse vor).


Bei diesen Versicherten muss man gucken, wann genau die Versicherungspflicht festgestellt bzw. die Mitgliedschaft eingetragen wurde.

Nehmen wir an, dass bei einem Kunden die Versicherungspflicht am 01.01.2012 ab dem 01.04.2007 festgestellt wurde. Damit hat der Kunde die Beiträge für die Zeit vom 01.04.2007 - 31.12.2011 nachzuzahlen.

Wenn er diese Beiträge noch nicht gezahlt hat, dann werden die nachzuzahlenden Beiträge erlassen und er ist ggf. schuldenlos, allerdings nur für den Zeitraum vom 01.04.2007 - 31.12.2011. Hat er allerdings schon einen Teilbetrag davon entrichtet, dann bekommt er diesen natürlich nicht erstattet.

Wenn er ab dem 01.01.2012 (Feststellung der Mitgliedschaft) die Beiträge bis heute nicht gezahlt hat, dann muss er nicht 5 % Säumniszuschläge zahlen, sondern nur 1 %. Die Beiträge natürlich auch.

2. Fallkonstellation - Versicherungspflicht wurde bislang noch nicht festgestellt.

Wenn demnächst d.h. mit Wirkung für die Zukunft die Versicherungspflicht festgestellt wird, dann werden die nachzuzahlenden Beiträge erlassen.

Damit werden natürlich diejenigen belohnt, die bislang der Versicherungspflicht nicht nachgekommen sind.



Es könnte natürlich auch noch andere Fallkonstellationen geben. Aber man muss hier die Praxis abwarten.

Hasso33
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Beitrag von Hasso33 » 17.06.2013, 10:03

rossi, wie sieht es aus, wenn man ab dem 1. april 2007 zwischenzeitlich plichtversichert war und danach irgendwann sich nicht mehr freiwillig versichern liess? in meinem fall seit 2011, das angebot der freiwilligen versicherung ignorierte und seitdem auch nicht versichert war, geschweige denn irgendwelche forderungen zahlen musste, sprich einfach nicht mehr bei einer krankenkasse angemeldet war. dieser tatbestand betrifft ja auch viele menschen. werden die genau so behandelt, wie die jenigen, die nie seitdem 1. april 2007 versichert waren?

Rossi
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Beitrag von Rossi » 17.06.2013, 18:12

Jooh, dieser Sachverhalt wird auch von dem Erlass erfasst. Es muss nicht unbedingt der 01.04.2007 gewesen sein, wo diese Versicherungspflicht kraft Gesetz eingetreten ist und bislang nicht bei der Kasse eingetragen wurden. Es kann auch später sein, wie bspw. bei Dir erst ab 2011.

Poet
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Beitrag von Poet » 17.06.2013, 21:49

@Rossi: Danke für die Zusammenfassung der beiden Konstellationen!

Eine gewisse Ungerechtigkeit wird wohl entstehen und sicher wird es wohl trotzdem Leute geben, die weder Beiträge noch SZ mit geminderten 1% rückwirkend bis 01.01.2012 zahlen können.

Mal sehen wie es der Spibu sieht.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 17.06.2013, 22:14

@Poet, Du musst Dir als erstes diesen vermeintlichen Sinn der Ungerechtigkeit aus der Birne kloppen. Sonst wirst Du nicht klarkommen.

Das Problem des sog. Kanonenspiels (auf Spatzen zu ballern) ist seit April 2007 bekannt. Alle Kassen in Deutschland haben sich auf die dollen Aussagen in dem GR vom 20.03.2007 (Spibu) verlassen. Dort steht es schwarz auf weiss als Musterempfehlung der Satzung, dass fast in keiner Fallkonstellation eine Ermäßigung oder Erlass der nachzuzahlenden Beiträge möglich ist. Alle Bürger in Deutschland haben durch die Veröffentlichung des Gesetzes (Publzitätswirkung von Gesezten) am 01.04.2007 wissen müssen, dass sie kraft Gesetz versichert sind.

Ich persönlich möchte mit diesem Knaben, der diese Musterempfehlung der Satzung für die Kassen in Deutschland herausgegeben hat, mal ein persönliches Gespräch führen. Ich liefere diesem hochbezahlten Boss 3 Fälle aus der Praxis, die er zu lösen hat. Danach gucken wir uns das Ergebnis bzw. die Lösung des hochbezahlten Theoretikers an.

Asche auf mein Haupt, wir sind nicht allwissend. Aber das System des sog. multifunktionalen Absicherungssytems im Krankheitsfall ist total kompliziert.

Poet
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Beitrag von Poet » 18.06.2013, 09:23

@Rossi: Klar, mir ist die Lösung generell auch lieber als das davor, was zum Abtauchen vieler Nichtversicherter geführt hat.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 18.06.2013, 12:26

Ferner finde ich gut, dass der Gesetzgeber bis zum 31.12.2013 eine sog. Amnestie geschaffen hat.

Bei allen unversicherten Schäfchen, die sich bis zum 31.12.2013 bei der Kasse melden und die Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eintragen lassen, sind die nachzuzahlenden Beiträge zu erlassen.

Diese Möglichkeit soll die unversicherten Schäfchen eben ermunten.

Poet
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Beitrag von Poet » 18.06.2013, 18:22

@Rossi: ...auch das mit den Anschluss an die Familienversicherung ist gut.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 07.07.2013, 12:00

Tja, es gibt jetzt schon die ersten Gedankengänge des Spibus.

Zitat:

Beseitigung finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden Abteilung Systemfragen, Referat Mitgliedschafts- und Beitragsrecht 11.06.2013

Erste Gedanken zum Regelungsauftrag des GKV-SV Beitragserlass

Voraussetzungen für Neufälle bis Ende 2013:


- keine Inanspruchnahme von Leistungen bzw. Verzicht auf Kostenerstattung für Nacherhebungszeitraum

- Nacherhebungszeitraum umfasst mehr als 3 Monate

- Beitrittsrecht zur freiwilligen Krankenversicherung bestand nicht


Voraussetzungen für Altfälle:


- keine Inanspruchnahme von Leistungen bzw. Verzicht auf Lostenerstattung für Nacherhebungszeitraum


- Nacherhebungszeitraum umfasst mehr als 3 Monate

- Antragserfordernis bei geschlossenen Konten

- Beitrittsrecht zur freiwilligen Krankenversicherung bestand nicht


Bis zum 31.12.2013 ist es eine sog. Sollvorschrift. D.h., die Kasse "sollen" in der Regel die nachzuzahlenden Beiträge erlassen. Nur in atypischen (außergewöhnlichen Fällen) kommt kein Erlass der nachzuzahlenden Beiträge in Frage.

Warum in aller Welt will der Spibu keinen Erlass, wenn der Nachzahlungszeitraum unterhalb von 3 Monaten liegt oder damals eine reguläre Beitrittsmöglichkeit zur freiw. Kv. bestanden hat.

Dies ist für mich ein klassicher Fall und kein atypischer Fall. Hier sind die Beiträge auch zu erlassen. Meine Erachtens schießt der Spibu schon wieder übers Ziel hinaus.

Viele Fälle hatten in den Jahren 2007 bis 2013 eine Beitrittsmöglichkeit zur freiw. Kv. Sie haben diese Möglichkeit aus bestimmten Gründen nicht genutzt warum auch immer. Wenn dieser Personenkreis von der sog. Anmestie nicht erfasst wird, dann werden sich diese Personen mit Sicherheit auch nicht nach dem neuen Gesetz bei der Kasse melden.

Die derzeitigen Gedankengänge helfen somit in vielen Fällen überhaupt nicht.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 08.07.2013, 14:43

Hallo,
ja, das mit den drei Monaten verstehe ich auch nicht so richtig. Man kann sich einiges dazu denken, aber das wäre Spekulation - z.B. könnte sich jetzt ein Betroffener überlegen, ob er nicht doch bis zum 30.12.2013 mit seiner Meldung wartet, dann muss er erst ab Dezember oder Januar zahlen ?.
Ich weiss es nicht.
Interessant ist in meinen Augen auch die Einschränkung - "Es bestand kein Ansoruch auf freiwillige Weiterversicherung" - da kämen wir mit dem neuen Gesetz in vielen Fälle aber keinen Schritt weiter denn die Praxis hat in der Vergangenheit gezeigt das oftmals schon der Anspruch bestand, aber nicht umgesetzt wurde - dan sind wir mal gespannt, was da auf uns zukommt.
Gruss
Czauderna

Rossi
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Beitrag von Rossi » 08.07.2013, 20:03

Eben Günter, sehe ich auch so. Wenn die Passage (Möglichkeit zur freiw. Kv. hat bestanden) in die Praxis umgesetzt wird, dann ist das neue Gesetz überwiegend fast wirkungslos.

Ich bleibe dabei; dies ist einfach nur unglaublich, was der Spibu sich dabei wohl gedacht hat!?

Poet
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Beitrag von Poet » 09.07.2013, 15:55

@Rossi: Man könnte aber auch sagen, das BMG hat es sich einfach gemacht...und spricht vielleicht selbst mit gespaltener Zunge. Ein Wahlgeschenk etwa? :D

Rossi
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Beitrag von Rossi » 09.07.2013, 16:56

Tja, es bleibt abzuwarten, was der Spibu macht.

Denn es sind ja nur erst einmal Gedankengänge.

Ferner muss der Spibu bis zm 15.09.2013 dem zuständigen Ministerium seine Gedanken vortragen. Das Ministerium will offensichtlich wohl mitreden.

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