Keine Familienversicherung mehr für erwachsene Tochter

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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Enasusa
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Keine Familienversicherung mehr für erwachsene Tochter

Beitrag von Enasusa » 06.04.2010, 10:07

Hallo guten Morgen!

Ich bin ganz neu hier und beim Surfen im Internet auf der Suche nach einer Lösung meines Problems auf dieses Forum gestoßen.
Vielleicht kann mir ja der ein oder andere weiterhelfen.

Meine Familie (Vater, Mutter(ich), ein 12jähriger Sohn und eine 23jährige Tochter) sind bei der AOK Rheinland/Hamburg versichert. Meine Tochter wohnt seit 2 Jahren nicht mehr zuhause, sondern mit ihrem Freund zusammen. Nunmehr erlischt die Familienversicherung meiner Tochter, da sie ja 23 Jahre alt geworden ist am 02.03. Ich muß dazu sagen, daß meine Tochter seit ihrer Jugend an einer schweren Angsterkrankung leidet und noch nie gearbeitet hat.

So haben wir versucht durch ein Attest ihres Neurologen und Beifügen von Klinikberichten die Familienversicherung aufrecht zu erhalten. Der nette Mitarbeiter unserer AOK hat uns sogar dazu geraten. Allerdings wurde dies abgelehnt, was wir eigentlich auch schon gedacht hatten. :(

Nun muß meine Tochter ja freiwillig versichert werden. Nur, mal ganz dumm gefragt, wie soll sie das aufbringen (140,53), wo sie noch nie gearbeitet hat, und auch nicht für ihren Unterhalt alleine aufkommen kann? Ihr Freund ist seit kurzem auch in HartzIV. Und für uns als Eltern sind die 140Euro nur ganz schwer aufzubringen.

Auf Antworten würde ich mich freuen! :)

LG Enasusa

Hucky
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Beitrag von Hucky » 06.04.2010, 11:18

Hallo,

sofern Sie im Sinne des SGB als arbeitsfähig gilt, wäre die Prüfung auf Anspruch ALG II erforderlich. Sicher werden Deine Tochter und ihr Freund als Bedarfsbegemeinschaft betrachtet. Aber es geht hier vorrangig um die KV Deiner Tochter. Über den Bezug von ALG II wäre sie versichert.

Also auf zur ARGE.

VG
Hucky

dresdner
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Beitrag von dresdner » 07.04.2010, 20:59

habt ihr denn von der aok eine schriftliche ablehnung erhalten? falls ja, sind da die gründe für die ablehnung nachvollziehbar oder würden sie eurer meinung nach grund zur beanstandung liefern??

grundsätzlich kann eine fami über das 23 lebensjahr hinaus verlängert werden, wenn man außer stande ist, sich selbst zu unterhalten. diese behinderung muss jedoch vor vollendung des 23. lebensjahres eingetreten sein. das wisst ihr ja aber schon.

eine solche behinderung kann auch nur vorübergehend sein, was ja anhand der krankheit eurer tochter auch belegbar ist.

der tipp mit dem alg 2 ist goldwert. die arge prüft ebenfalls die arbeitstauglichkeit. wenn ihr es also geschickt anstellt, bekommt eure tochter von der arge ein arbeitsmedizinisches gutachten. dieses gutachten reicht zwar nicht zur verlängerung der famigrenze, belegt jedoch die fehlende arbeitsfähigkeit.

kurzum: falls schriftliche ablehnung, dann widerspruch, wenn die darin benannten gründe nicht nachvollziehbar sind. dann kraft tanken und kämpfen.

im übrigen ist diese entscheidung zwar gesetzlich geregelt, jedoch praktisch immer ein einzelfall. die gesetzliche denke ist hier leider sehr schwammig und lässt den krankenkassen etwas interpretationsspielräume. von daher ist ein freundlicher widerspruch (ernst gemeint) sinnvoll.

Enasusa
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Beitrag von Enasusa » 09.04.2010, 22:49

Hallo,

vielen Dank für eure hilfreichen Antworten. :)

Wir waren heute nochmals bei der Krankenkasse, und die sagten plötzlich, daß der Medizin. Dienst sich noch nicht endgültig entschieden hat. Seltsam ehrlich gesagt, wo doch der Herr unserer AOK uns schon die Absage unterbreitet hatte vor Ostern. Entweder gibt es da einen Verständigungsfehler bei den Krankenkassenleuten, oder wir haben doch noch Glück. Unser netter AOK-Mitarbeiter war heute leider krank. Mal sehen was er nächste Woche dazu sagt.

Meine Tochter geht aber Montag zur Arbeitsagentur und informiert sich zwecks ALGII. Sollte dann doch das Ablehnungssschreiben eintrudeln, werden wir wohl Widerspruch einlegen. Ein Versuch ist es auf jeden Fall wert.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 10.04.2010, 10:24

Liegt ggf eine Schwerbehinderung vor ,die bereits vom Versorgungsamt festgestellt worden ist ,bereits vor Vollendung des 23 Lebensjahres?
Sofern dazu bereits Unterlagen vorliegen sollten, würde ich diees denn mit einreichen.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 10.04.2010, 13:24

CiceroOWL, man braucht hierfür keinen Schwerbehindertenausweis.

Voraussetzung ist nur, dass man behindert ist. Eine Schwerbehinderung geht ab 50 % los, aber jenes ist ja gerade nicht erforderlich.

Ich würde die Feststellung als behindertes Kind aufrecht erhalten. Hier ist sehr viel Potential.

Das LSG NRW hat hierzu ne klasse Aussage getroffen.

LSG NRW, L 5 KR 152/06 vom 26.6.08:
Die Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten, ist gegeben, wenn das Kind seinen eigenen Lebensunterhalt, zu dem auch notwendige Aufwendungen infolge der Behinderungen sowie sonstige Ausgaben des täglichen Lebens rechnen, nicht selbst bestreiten kann. Dies setzt zunächst voraus, dass das Kind infolge der Behinderung nicht in der Lage ist, durch Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen, insbesondere eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben und mehr als nur geringfügige Einkünfte zu erzielen. Insoweit ist der Begriff des Außerstandeseins mit dem der Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 43 (2) SGB VI) vergleichbar.


Es ist doch gerade so, dass die Tochter selber noch nie gearbeitet hat bzw. konnte, weil sie an einer schweren Angsterkrankung leidet. Damit ist seelisch bzw. pyschisch gegenüber anderen eingeschränkt und somit behindert im Sinne von § 2 SGB IX.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 10.04.2010, 14:10

Tag Rossi,
du hast zwar Recht. Aber in der Argumentation gegen den Bescheid ist das ganze sehr Hilfreich.
vergl:
Gr. v. 09.12.1988 Pkt 24.24.2.4 i.V.m, Gr. 26.01.2007 Pkt. 1.8.1 zu § 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB V i. V. m § 2 Abs 1 Nr. 1 SGB IX ,

Siehe Gerlach Die Familienversicherung S.89 ff ASGRAD Verlag

Da sich der Begriff der Schwerbehinderung an den ICD Normen und der Definition der WHO orientiert und da das Ganze vorrausschend geschieht, muß entsprechend durch den Sachbearbeiter entschieden werden, dafür sind denn aber auch stichhaltige Informationen notwendig.
Ergo schaden tut es nichts ist aber besser .

Formal würde da denn aber auch die Ablehnung durch die ARGE , vergl § 19 SGB II erwerbsfähige Hilfsbedürftige,. Aber das weiß du ja am besten.
Gruß
Cicero

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 10.04.2010, 14:31

reichen

Rossi
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Beitrag von Rossi » 10.04.2010, 17:40

Nun denn, die zitierte Fundstelle kannst Du schon mal in die Tonne kloppen.
Da sich der Begriff der Schwerbehinderung an den ....
Man muss nicht schwerbehindert sondern nur behindert sein. Der Begriff der Behinderung ist wesentlich weicher defininiert.

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 10.04.2010, 18:40

Und bei der Definition kommt noch die Schwierigkeit hinzu, dass es sich um eine seelische Behinderung handelt. Da stellt sich mir die Frage nach den bisherigen Eingliederungsmaßnahmen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Tochter bis zum Ende der Schulpflicht zur Schule ging und dann in dieser Richtung nichts weiter geschah. Die Unterlagen darüber müssten doch eine Einschätzung möglich machen.

GKV

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 10.04.2010, 19:59

Falsch, es kommt darauf an ob die Behidnerung ggf die Arbeitsfähig verhindert, dies gilt es zu prüfen bei einer F diagnose ist das sehr schwierig, das Urteil mag in gewisser Weise eine Richtschnur geben mehr aber auch nicht.
Was fetgestellt wrden muß ist aufgrudn der Behinderung die erwerbsfähigkeit voll eingeschränkt ist und es keine Mögglichkeit gubt das die Behinderung mehr als 6 Monate eine Erwrbstätigkeit auch in einer Behindertenwrkstatt auschließt und ein eigner Lebensunterhalt nicht durch das Kind möglich ist.
Und so lange das nicht festgestellt ist ....

Rossi
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Beitrag von Rossi » 11.04.2010, 00:29

Nun denn, die Entscheidung des LSG NRW vom 26.06.2008 soll nur eine Richtschnur sein?

Es gibt es weitere Entscheidung des LSG NRW aus dem Jahre 2006 von einem anderen Senat. Der Senat hat genau das Gleiche festgehalten.

Na ja, ich kann ja nur aus meiner Erfahrung berichten.

Die Kassen in meinem Bereich waren anfangs auch sehr zurückhaltend.

Nachdem dann mehrere Widerspruchsverfahren - natürlich durch einen Fachanwalt für Sozialrecht - durchgezogen wurden, geht es mittlerweile. Einige Kassen haben Lehrgeld bezahlt (Rechtsanwaltskosten). Aber jetzt hören sie zu und es geht teilweise unproblematisch.

Meine Erfahrung zeigt halt, dass dort sehr viel Potential liegt und die Kassen noch sehr zurückhaltend sind.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 11.04.2010, 00:40

Ach ja, CiceroOWL, was ist denn eine Behinderung?

Ein Exkurs ins SGB IX bringt die Erleuchtung.

§ 2 Behinderung SGB IX



(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.



Dann pflücken wir diese gesetzliche Grundlage doch mal auseinander und vergleichen sie mit dem hier eingestellten Sachverhalt.

Seit mehreren Jahren leidet das Kind an schweren Angstzuständen. Jenes ist nicht typisch.

Na klar, ich habe manchmal auch Angst. Aber die Angstzustände von der Tochter gehen soweit, dass sie bislang noch nicht einmal ne Arbeit aufnehmen konnte. Sie ist daher - an der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt - weil andere - ohne Angstzustände ne Arbeit aufnehmen können.

Also ist die Tochter behindert und aufgrund der Behinderung (Angstzustände) außerstande sich selber zu unterhalten. Damit sind die Voraussetzungen für eine weitere Familienversicherung de facto erfüllt.

So einfacht ist das.

Aber ich muss eingestehen, die Kassen in meinem Bereich waren auch immer erst anderer Auffassung. Es hat ein wenig gedauert!

Ach ja
Erwrbstätigkeit auch in einer Behindertenwrkstatt auschließt
Das ist jetzt das Oberknallerargument! Ich kenne dies aus der Praxis; es kam immer sofort. Na ja, ist man durch die Tätigkeit in der WFB in der Lage sich selber zu unterhalten? Weißt Du wieviel man in einer WFB verdient?

Mit Sicherheit nicht, sonst hättest Du es nicht geschrieben! Auf jeden Fall definitiv nicht soviel um den Lebensunterhalt bestreiten zu können.


Aber diese Argumente kommen mir alle so bekannt vor!

Ich kann Dich auch beruhigen, dass BSG hat es schon vor Jahren entschieden, dass derjenige, der in der WFB tätig ist, voll erwerbsgemindert ist und somit nicht in der Lage ist min. 3 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Und wenn man noch nicht einmal 3 Stunden am Tag arbeiten kann, wie soll man dann in der Lage sein sich selber zu unterhalten?!?


Am liebsten möchte ich hier meine Musterwidersprüche einstellen, die auch auf meinen Seminaren zu diesem Thema anbiete!

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 11.04.2010, 10:23

Mag alles sein, nur ich würde da denn jedes Jahr angesteiefelt kommen und denn jedes Jahr die Schwerbehinderung prüfen.
Wäre ich vonm Gesetz auch her verpflichtet,ergo gib mi was schriftliches das ich sehe das die sChwerbehinderung so schwerwiegend ist das die Tochter sich nicht selber unterhalten kann.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 11.04.2010, 12:33

Also, bei uns läuft es in der Regel.
rgo gib mi was schriftliches das ich sehe das die sChwerbehinderung so schwerwiegend
Nun denn, das ist genau meine Erfahrung. Ihr müsst es schwarz auf weiß haben, sonst läuft nix.

Upsela, man kann doch eins und eins zusammenzählen, oder musst Du das Ergebnis immer uff´n Papier haben. Bei vielen Kassen, ist es noch das Letztere!

Das eins und eins zusammenzählen macht dann bei uns der Fachanwalt für Sozialrecht; kostet jedesmal 250,00 Euro zzgl. Märchensteuer!

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