Jemand aus der Ferne meldet sich zu Wort

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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GKVfan
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Jemand aus der Ferne meldet sich zu Wort

Beitrag von GKVfan » 11.06.2020, 17:08

Hallo liebe Forengemeinde,

ich bin seit ein paar Monaten AU im Krankengeld und habe ein Schreiben der Kasse mit
sinngemäß folgendem Inhalt erhalten.

Der MDK habe sich meinen Fall angesehen und eingeschätzt, wohl rein aus den Akten heraus.
Er empfiehlt kurzfristig eine stufenlose Wiedereingliederung durchzuführen.
Ich soll nun mit meinem behandelnden Arzt ein Formular ausfüllen und den Beginn der Wiedereingliederung abstimmen.
Eine Kopie des Formulares soll der Kasse binnen 10 Tagen zugesendet werden.

Das war's ? Dem Schreiben liegt kein Befund o.ä. des MDK bei.

Was soll das sein ?
Ich habe mir das Formular angeschaut.
Überall ist mein Einverständnis und/oder das des Arztes (..." nach meiner ärztlichen Beurteilung empfehle ich") erforderlich.
https://www.kbv.de/media/sp/Muster_20.pdf

Ein Büroarzt der mich gar nicht kennt oder untersucht hat schreibt meinem Arzt der mich untersucht hat
nun vor was er zu empfehlen hat und wozu ich mich einverstanden zu erklären habe ? :shock:
Da würde mich nun doch die rechtliche Grundlage dafür interessieren.

Czauderna
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Re: Jemand aus der Ferne meldet sich zu Wort

Beitrag von Czauderna » 11.06.2020, 19:11

Hallo und willkommen im Forum,
zuerst mal, ich kenne keine stufenlose, sondern nur eine stufenweise Wiedereingliederung.
Eine stufenlose Wiedereingliederung ist keine, sondern bedeutet Arbeitsfähigkeit.
Wenn der MDK bei seiner Begutachtung nach Aktenlage die Arbeitsfähigkeit festgestellt hätte, dann müsstest du nicht einverstanden sein oder irgendwelche Formulare ausfüllen, dann würde dir die Kasse mitteilen, dass du ab Tag X wieder arbeitsfähig bist und das wäre es gewesen.
Dagegen könntest du natürlich auch angehen.
Was hier aber offensichtlich gemeint ist, ist eine stufenweise Wiedereingliederung und um diese einzuleiten, bedarf es der Zustimmung aller Beteiligten.
Aufgrund der Begutachtung durch den MDK ( der übrigens schon nach Aktenlage beurteilen kann und auch darf - er muss dazu nicht zwingend eine persönliche Begutachtung durchführen - die Entscheidung darüber trifft der MDK selbst), schreibt die Kasse den Versicherten an und bittet ihn, oder, wie in deinem Fall, fordert ihn auf, hier tätig zu werden. Da haben wir dann die ersten Beteiligten, die einverstanden sein müssen - die Kasse und der Versicherte. Nun kommt der oder die nächste ins Spiel, der behandelnde Arzt/Ärztin - auch der/ die muss einverstanden sein, da wären es jetzt drei Beteiligte. Bevor wir jedoch zum Wiedereingliederungsplan kommen, muss der vierte Beteiligte ins Boot geholt werden, ohne den nichts läuft, der Arbeitgeber, denn da soll ja die Wiedereingliederung stattfinden. Wenn der nein sagt, kann die Sache vergessen werden, wenn der ja sagt, vor allen Dingen, wenn er weiß, dass während der Wiedereingliederung die Krankenkasse weiter Krankengeld zahlt, dann sagt er sehr wahrscheinlich ja.
Bevor wir zum Wiedereingliederungsplan kommen, kurz noch etwas zum Sinn und Zweck der Wiedereingliederung. All Beteiligten, also Kasse, Arbeitgeber und natürlich auch der Arbeitnehmer haben das Ziel, dass so bald als möglich die vollständige Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit wieder erfolgen kann. Die Kasse, weil sie dann kein Krankengeld mehr zahlen muss, der Arbeitgeber, weil er dann wieder seinen Arbeitnehmer voll einsetzen kann und der Arbeitnehmer, weil er auch wieder arbeiten will, natürlich auch wieder arbeitsfähig sein will, das wird bei dir sicher nicht anders sein, oder ?.
Jetzt also zum Plan. Dazu am besten mal ein Beispiel :
Herr A. bezieht seit dem 2.1.2020 Krankengeld - Vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit hat er wöchentlich 40 Stunden gearbeitet (Mo-Fr je 8 Stunden)
Ende April regt die Kasse, nach Begutachtung durch den MDK (muss nicht zwingend der MDK sein, kann auch der behandelnde Arzt oder die Kasse selbst sein, ja sogar auch der Versicherte selbst kann der Auslöser sein) eine stufenweise Wiedereingliederung an.
Alle Beteiligten sind einverstanden und so füllt der behandelnde Arzt, zusammen mit dem Patienten den Plan aus - der dann so aussieht.
Beginn 11.05.2020 - wöchentliche Arbeitszeit 6 Stunden an drei Tagen - bis zum 22.05.2020 - ab 25. Mai wöchentliche Arbeitszeit 15 Stunden an 5 Tagen,- bis zum 05.06.2020, dann ab 8.6. wöchentliche Arbeitszeit 24 Stunden an 5 Tagen bis zum 19.6. - Ende der Wiedereingliederung - ab 22.06.2020 wieder voll arbeitsfähig.
Während dieser Zeit erhält der A weiter Krankengeld von der Kasse, gilt also gegenüber dem Arbeitgeber als arbeitsunfähig.
Ende Beispiel.

So ein Plan kann natürlich auch kürzere Laufzeiten haben, aber auch längere, kommt eben auf den Einzelfall (Diagnosen, Beeinträchtigungen) an.
Ich habe solche Wiedereingliederungen immer sehr positiv gesehen und die Versicherten auch. Die Arbeitgeber nicht unbedingt immer, denn gerade bei kleineren Firmen war das nicht immer einfach, aber das würde jetzt zu weit führen.
Mein Rat - lass dich nochmals von der Kasse beraten, rede mit deinem Arzt und natürlich auch mit deinem Arbeitgeber. Das mit der 10-Tage-Frist ist natürlich Unsinn und du hast recht, es handelt sich hier auch nicht um eine Aufforderung zur Beantragung einer Reha-Massnahme nach § 51 SGB V,
aber ich denke, wenn auch der Stil etwas seltsam anmutet, es ist doch eine gute Sache.
Gruss
Czauderna

GKVfan
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Re: Jemand aus der Ferne meldet sich zu Wort

Beitrag von GKVfan » 11.06.2020, 19:27

Ganz herzlichen Dank für die sehr ausführliche und vor allem sehr verständliche Auskunft.
Czauderna hat geschrieben:
11.06.2020, 19:11
Wenn der MDK bei seiner Begutachtung nach Aktenlage die Arbeitsfähigkeit festgestellt hätte, dann müsstest du nicht einverstanden sein oder irgendwelche Formulare ausfüllen, dann würde dir die Kasse mitteilen, dass du ab Tag X wieder arbeitsfähig bist und das wäre es gewesen.
Dann verstehe ich das hier als nett gemeinten Vorschlag der nach Einschätzung des behandelnden Arztes umgesetzt werden kann oder auch nicht.
Ist das so richtig ?

Czauderna
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Re: Jemand aus der Ferne meldet sich zu Wort

Beitrag von Czauderna » 11.06.2020, 19:37

GKVfan hat geschrieben:
11.06.2020, 19:27
Ganz herzlichen Dank für die sehr ausführliche und vor allem sehr verständliche Auskunft.
Czauderna hat geschrieben:
11.06.2020, 19:11
Wenn der MDK bei seiner Begutachtung nach Aktenlage die Arbeitsfähigkeit festgestellt hätte, dann müsstest du nicht einverstanden sein oder irgendwelche Formulare ausfüllen, dann würde dir die Kasse mitteilen, dass du ab Tag X wieder arbeitsfähig bist und das wäre es gewesen.
Dann verstehe ich das hier als nett gemeinten Vorschlag der nach Einschätzung des behandelnden Arztes umgesetzt werden kann oder auch nicht.
Ist das so richtig ?
Hallo,
richtig, es ist ein Vorschlag, der sich zwar so liest wie ein "Befehl", aber wie gesagt, wenn es Gründe seitens der Ärzte, deiner Person oder des Arbeitgebers gibt, dann ist die Wiedereingliederung erst mal Geschichte.
Meine Vermutung ist aber auch, dass man bei der Kasse aufgrund der Corona-Krise und dem Umstand, dass deshalb die MDK`s sowieso keine körperlichen Untersuchungen machen können und deshalb Aufforderungen zur Reha-Beantragung mehr Aufwand erfordern, man bei geeigneten Fällen es erst mal mit der Wiedereingliederungsmassnahme probiert, könnte also sein, dass bei Nichtumsetzung die Reha-Aufforderung folgt, aber wie geschrieben, das ist nur eine Vermutung.
Ach ja, was ich vergessen habe - wenn es sich während der Wiedereingliederung herausstellt, dass die doch nicht zum Ziel führt, dann kann die auch abgebrochen werden, auch vom Versicherten selbst (Absprache mit Arzt ist trotzdem dringend angeraten).
Gruss
Czauderna

GKVfan
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Re: Jemand aus der Ferne meldet sich zu Wort

Beitrag von GKVfan » 11.06.2020, 19:39

Herzlichen Dank für die Antwort.

D-S-E
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Re: Jemand aus der Ferne meldet sich zu Wort

Beitrag von D-S-E » 11.06.2020, 21:08

Hallo,

wenn die Wiedereingliederung nicht erfolgt, halte ich folgenden Verlauf für wahrscheinlich:

a) Wenn du den Wiedereingliederungsplan nicht einreichst, dich auch sonst nicht meldest und dein Arzt ebenfalls nicht: Die Kasse stellt die Krankengeldzahlung ein.

b) Wenn eine Nicht-Wiedereingliederung lediglich mit der fehlenden Möglichkeit einer Wiedereingliederung / Ablehnung durch den AG begründet wird: Die Kasse stellt die Krankengeldzahlung zu einem späteren Zeitpunkt ein.

c) Wenn eine Wiedereingliederung nach ärztlichem Attest zwar gewollt, aber erst zu einem festgelegten, späteren Zeitpunkt möglich ist: Es passiert nichts.

d) Wenn an eine Wiedereingliederung oder vollständige Arbeitsfähigkeit absehbar nicht möglich ist: Die Kasse wird demnächst zur Reha auffordern.


Viele Grüße
D-S-E

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