Liebe Forengemeinde,
bei meiner Internetrecherche bin ich auf dieses Forum gestoßen und wäre über jede Hilfe zu folgendem Problem dankbar:
Ich habe nach meinem Studium gut 2 Jahre im außereuropäischen Ausland gelebt. In dieser Zeit war ich nicht in Deutschland gemeldet und habe mich auch von meiner GKV abgemeldet. Seit dem 6.9. bin ich jetzt wieder in Deutschland mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Da ich mich zunächst voll in die Jobsuche gestürzt habe, bin ich erst Mitte Dezember dazu gekommen, mich wieder bei meiner Krankenkasse anzumelden.
Ich ging davon aus, dass ich ab diesem Zeitpunkt, bzw. sobald meine Anmeldung schriftlich bestätigt wurde, den normalen Tarif für Arbeitssuchende zahlen muss.
Mitte Januar bekam ich dann Post, dass ich wieder aufgenommen wurde; jedoch bin ich fast vom Stuhl gekippt als man mir sämtliche Beiträge ab dem Tag meiner Einreise in Rechnung stellte, obwohl ich keinerlei Leistungen in Anspruch genommen habe, geschweige denn die Möglichkeit dazu hatte (keine Versichertenkarte o.ä.).
Man erklärte mir, dass ab Tag der Einreise bzw. Meldung Versicherungspflicht bestand und ich alle Beiträge nachzahlen muss, was ich mir als Arbeitssuchender schlichtweg nicht leisten kann.
Erst im Januar, nachdem ich die Rechnung erhalten hatte, machte mich ein Mitarbeiter der Krankenkasse auf das Gesetz zur Ermäßigung und Erlass der Beitragsschulden aufmerksam.
Jedoch wurde die Anwendung von der Krankenkasse abgelehnt:
- obwohl ich keine Leistungen in Anspruch genommen habe
- obwohl ich mich vor dem 31.12. gemeldet habe
Man sprach davon, dass der Versicherungsschutz mind. für 3 Monate vor Meldung Bestand haben musste (was ich aus dem Gesetz in keinster Weise herauslesen kann). Auch dies war eigentlich gegeben: Bis zum Tag der Meldung waren knapp 3,5 Monate vergangen.
Man will den Zeitraum aber jetzt nur von November an zählen und da ich am 6.9. eingereist bin, zähle der September nicht voll und man erlässt mir somit keine keine Gebühren, nicht mal eine Ermäßigung wäre möglich.
- Wie ist denn diese 3 Monatsfrist geregelt? Ich kann davon in dem Gesetz nichts finden. Ist die Bestimmung des Zeitraums richtig? D.h. man sagt ich hätte keine vollen Monate Versicherungspflicht, berechnet mir aber bis zum Tag der Antragsstellung ca. 3,5 Monate?
- Ich habe gelesen, dass bei einer Meldung bei der Krankenkasse NACH dem 31.12. die Beitragsschuld zwar nicht erlassen aber auf 10% ermäßigt wird. Ist das richtig?
Angenommen, alles was man mir erzählt hat und was ich gelesen habe, stimmt. Heißt das für meinen Fall:
- Wäre ich 6 Tage früher ins Land eingereist, hätte ich sämtliche Beiträge bis zur Meldung erstattet bekommen?
- Wäre ich zwar nicht früher eingereist, aber hätte mich nur kurze Zeit später (im Januar) gemeldet, hätte ich 90% erlassen bekommen?
Und in meiner Konstellation gibt es weder Erlass noch Ermäßigung? Das kann doch nicht wahr sein...
Hohe Nachzahlung: Wiedereintritt in GKV nach Ausland
Moderator: Czauderna
Der Gesetzgeber hat mit dem neuen § 256a SGB V den Rahmen zum Beitragserlass und zur Ermäßigung gesetzt. Die genaue Ausgestaltung der Regelung hat er dem GKV-Spitzenverband überlassen, der folgende "Einheitliche Grundsätze" beschlossen hat:
http://www.gkv-spitzenverband.de/media/ ... rmteil.pdf
Entscheidend ist: Der "Nacherhebungszeitraum" muss mehr als drei Monate betragen, sonst scheidet eine Ermäßigung aus (sogenannte Bagatellregelung).
Das Problem ist nun dass der Nacherhebungszeitraum definiert ist als "Zeit seit dem Beginn der Versicherungspflicht bis zum Ende des Monats, der dem Tag der Anzeige vorhergeht". Das ist im konkreten Fall der Zeitraum 06.09.2013-30.11.2013 - und das sind weniger als drei Monate. Der Dezember gehört nicht zum Nacherhebungszeitraum, denn für den Monat der Meldung ist selbst bei wirksamer Amnestie voll (rückwirkend ab Monatsbeginn) zu zahlen.
Bei einer Meldung erst im Januar 2014 wäre die Amnestiezeitraum zwar vorbei gewesen, aber dann käme immerhin die Ermäßigungsregel zum tragen und es wären für September-Dezember 2013 nur ca. 50 EUR pro Monat zu zahlen.
Also es ist insgesamt sehr unglücklich gelaufen.
Prüfen sollte man noch:
Falls Arbeitslosengeld 1 oder 2 beantragt und bewilligt wurde/wird, so zahlt die Arbeitsagentur oder das Jobcenter ggf. rückwirkend ab dem Antragsmonat die Beiträge.
Falls es einen GKV-versicherten Ehegatten gibt, ist ggf. eine kostenlose rückwirkende Mitversicherung (Familienversicherung) möglich.
http://www.gkv-spitzenverband.de/media/ ... rmteil.pdf
Entscheidend ist: Der "Nacherhebungszeitraum" muss mehr als drei Monate betragen, sonst scheidet eine Ermäßigung aus (sogenannte Bagatellregelung).
Das Problem ist nun dass der Nacherhebungszeitraum definiert ist als "Zeit seit dem Beginn der Versicherungspflicht bis zum Ende des Monats, der dem Tag der Anzeige vorhergeht". Das ist im konkreten Fall der Zeitraum 06.09.2013-30.11.2013 - und das sind weniger als drei Monate. Der Dezember gehört nicht zum Nacherhebungszeitraum, denn für den Monat der Meldung ist selbst bei wirksamer Amnestie voll (rückwirkend ab Monatsbeginn) zu zahlen.
Bei einer Meldung erst im Januar 2014 wäre die Amnestiezeitraum zwar vorbei gewesen, aber dann käme immerhin die Ermäßigungsregel zum tragen und es wären für September-Dezember 2013 nur ca. 50 EUR pro Monat zu zahlen.
Also es ist insgesamt sehr unglücklich gelaufen.
Prüfen sollte man noch:
Falls Arbeitslosengeld 1 oder 2 beantragt und bewilligt wurde/wird, so zahlt die Arbeitsagentur oder das Jobcenter ggf. rückwirkend ab dem Antragsmonat die Beiträge.
Falls es einen GKV-versicherten Ehegatten gibt, ist ggf. eine kostenlose rückwirkende Mitversicherung (Familienversicherung) möglich.
@Bodi: Danke für die ausführliche Erklärung. Jetzt weiß ich wenigstens wo diese 3-Monats-Frist herkommt. Davon ist im Gesetz selbst ja nichts erwähnt.
Wieso es diese Frist gibt, erschließt sich mir jedoch nicht. Wenn man z.B. 4 Monate Beitragsrückstand aufgehäuft hat, bekommt man alles erlassen. Wenn man hingegen nur 3 hat - wodurch der Erlass für die Kasse ja sogar noch günstiger wäre - muss man alles selbst tragen? Soll das gerecht sein?
Schade finde ich, dass man mich seitens der Krankenkasse ins offene Messer laufen lässt und mich nicht darauf hinweist, dass und wie ich evtl. von der Beitragsermäßigung hätte gebrauch machen können.
Die Möglichkeit, den Antrag zurückzuziehen und jetzt erneut zu stellen, gibt es wohl auch nicht, oder?
Arbeitslosengeld habe ich nach meiner Rückkehr leider keines beantragt, da ich zum einen dachte, dass ich schneller einen Job finde, zum anderen auch nicht der Gemeinschaft "auf der Tasche liegen" wollte - das hat man jetzt davon. Jetzt kann ich gleich mal verschuldet ins Berufsleben starten.
Vielen Dank nochmal für Deine ausführliche Antwort.
Wieso es diese Frist gibt, erschließt sich mir jedoch nicht. Wenn man z.B. 4 Monate Beitragsrückstand aufgehäuft hat, bekommt man alles erlassen. Wenn man hingegen nur 3 hat - wodurch der Erlass für die Kasse ja sogar noch günstiger wäre - muss man alles selbst tragen? Soll das gerecht sein?
Schade finde ich, dass man mich seitens der Krankenkasse ins offene Messer laufen lässt und mich nicht darauf hinweist, dass und wie ich evtl. von der Beitragsermäßigung hätte gebrauch machen können.
Die Möglichkeit, den Antrag zurückzuziehen und jetzt erneut zu stellen, gibt es wohl auch nicht, oder?
Arbeitslosengeld habe ich nach meiner Rückkehr leider keines beantragt, da ich zum einen dachte, dass ich schneller einen Job finde, zum anderen auch nicht der Gemeinschaft "auf der Tasche liegen" wollte - das hat man jetzt davon. Jetzt kann ich gleich mal verschuldet ins Berufsleben starten.
Vielen Dank nochmal für Deine ausführliche Antwort.
Die GKV hat Aufklärungs- und Beratungspflichten. Da jedoch eine Versicherungspflicht besteht, darf die Kasse m.E. (jedenfall offiziell) nicht dahingehend beraten, sich erst nächstes Jahr wieder zu melden.
Auf eine Rücknahme des Antrags wird sich kaum eine Kasse einlassen, wohl aber auf Ratenzahlung.
Wenn bei der Rückkehr nach Deutschland eine Auslandskrankenversicherung bestand, die auch in Deutschland leistet, dann gilt diese in der Regel als andere Absicherung im Krankheitsfall - so ließe sich ggf. der Nachzahlungszeitraum verkürzen.
Auf eine Rücknahme des Antrags wird sich kaum eine Kasse einlassen, wohl aber auf Ratenzahlung.
Wenn bei der Rückkehr nach Deutschland eine Auslandskrankenversicherung bestand, die auch in Deutschland leistet, dann gilt diese in der Regel als andere Absicherung im Krankheitsfall - so ließe sich ggf. der Nachzahlungszeitraum verkürzen.
Danke für den Tipp.
War zwar im Ausland krankenversichert, allerdings hatte ich jetzt nicht extra eine Reise-Versicherung abgeschlossen, von daher kann ich dort wohl auch nichts machen.
Bleibt mir wohl nichts anderes übrig als verschuldet ins Berufsleben zu starten. Großartig...
Wie lange bin ich denn an meine Krankenkasse gebunden, bevor ich wechseln darf? Da gibt es ja glaub ich Fristen nach der Auslandsrückkehr?
War zwar im Ausland krankenversichert, allerdings hatte ich jetzt nicht extra eine Reise-Versicherung abgeschlossen, von daher kann ich dort wohl auch nichts machen.
Bleibt mir wohl nichts anderes übrig als verschuldet ins Berufsleben zu starten. Großartig...
Wie lange bin ich denn an meine Krankenkasse gebunden, bevor ich wechseln darf? Da gibt es ja glaub ich Fristen nach der Auslandsrückkehr?