Das neue Gesetz und mein nicht ganz leichter Fall ...

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 08.08.2013, 07:28

Es geht nicht darum, dass ich den Armen nichts gönne. Ganz im Gegenteil, ich bin der Auffassung, dass man es - wenn jetzt auf Prüfungen verzichtet wird - auch denjenigen gönnen müsste, die sich damals gemeldet und brav gezahlt haben. Begründen würde ich es mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 08.08.2013, 07:55

Hallo,
ich sehe da auch eine grosse Ungerechtigkeit - derjenige, welcher sich, so wie es das Gesetz wollte vor dem 31.7.2013 bei seiner alten Kasse gemeldet hatte und von dort ein saftige Nachzahlung auf diktiert bekam, der kann sich allenfalls die Säumniszuschläge erlassen lassen, den Rest muss er aber schön weiter abstottern und derjenige, welcher heute kommt und ggf. ab dem 1.4.2007 versichert werden muss, dem werden die gesamten Beiträge vom 1.4.2007 (01.01.20009) erlassen und er muss erst ab heute zahlen ??!!.
UNd wenn er clever ist und nicht gerade akut krank, dann wartet er mit der Meldung bis zum 30.12.2013.
Ich persönllich gönne es ihm, das war ja auch so gewollt, aber der arme Hund, der sich ordnungsgemäss vorher gemeldet hat, der ist gebissen.
Der wäre doch mal einen Fall für Rossi und den WDR ??
Gruss
Czauderna

Bodi
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Beitrag von Bodi » 08.08.2013, 09:51

Der Erlass gilt rückwirkend -sowohl hinsichtlich der Beiträge als auch der Säumniszuschläge, daher profitieren auch ältere Fälle, soweit noch Beiträge offen sind bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen laufen.

Im Grunde gab es in den letzten Jahren schon zu jedem Jahreswechsel einen Teilerlass (Verjährungsfrist 4 Jahre). Vorsatz -das würde 30 Jahre Verjährungsfrist bedeuten- dürfte kaum zu beweisen sein.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 08.08.2013, 10:19

Bodi hat geschrieben:Der Erlass gilt rückwirkend -sowohl hinsichtlich der Beiträge als auch der Säumniszuschläge, daher profitieren auch ältere Fälle, soweit noch Beiträge offen sind bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen laufen.

Im Grunde gab es in den letzten Jahren schon zu jedem Jahreswechsel einen Teilerlass (Verjährungsfrist 4 Jahre). Vorsatz -das würde 30 Jahre Verjährungsfrist bedeuten- dürfte kaum zu beweisen sein.
Hallo,
ja, das ist schon richtig - dazu mal ein Beispiel - Mitgliedschaftsbeginn 01.04.2007 - gemeldet bei der Kasse 01.01.2011 - um diesen Zeitraum geht es. Dieser bereits bezahlt bzw. getilgt - kein Erlass !! - dieser noch offen - Erlass bei Erklärung zum Leistungsverzicht .
Mitgliedschaft ab 01.04.2007 - Meldung am 8.8.2013 bei der Kasse -
Erlass ab 01.01.2009 (weil 2007 und 2008 bereits verjährt).
Gruss
Czauderna

broemmel
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Beitrag von broemmel » 08.08.2013, 11:11

Ich sehe das genauso. Das Gesetz wird mit Sicherheit vor dem BVerfG landen. Denn es behandelt nicht alle gleich.

Jemand der sich nicht gemeldet hat und die Mittel zur Beitragszahlung zur Verfügung gehabt hätte, dem wird der Beitrag erlassen.

Derjenige der sich gemeldet hat und brav die Beiträge gezahlt hat macht die lange Nase.


Das geht hier auch nicht darum, ob man etwas jemandem gönnt oder nicht. Gesetze müssen eine gleiche Behandlung von gleichen Sachverhalten mit sich bringen. Und diesen Grundsatz sehe ich hier deutlich verletzt.

Wie soll ich das einem Versicherten gegenüber begründen? Da kann ich schlecht sagen das er halt Pech gehabt hat. Hätte er nicht gezahlt hätte er jetzt Glück...

Elija
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Beitrag von Elija » 08.08.2013, 18:32

Was ich bei euch bisher rauslese ist, dass ihr selber abwarten wollt, was der Spitzenverband an Auslegungsvorgaben beschließt und es dadurch nach Mitte September vielleicht doch noch möglich ist, dass mir auch als freiwillig Versichertem die Beiträge (nach dem neuen Gesetz) erlassen werden können. Meine Kasse weigert sich jedenfalls, mir die Beiträge zu erlassen.
Sollte ich also erst noch bis Mitte September warten und hoffen, dass mir die Beiträge dann doch noch erlassen werden?

SG,
Elija

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 08.08.2013, 19:16

Hallo,
aus meiner Sicht und Kenntnis kann man sich auch jetzt schon melden,
aber es wird auch kein Nachteil sein zu warten bis alles wirklich klar ausformuliert ist.
Gruss
Czauderna

Rossi
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Beitrag von Rossi » 08.08.2013, 22:07

Deine Ansicht ist super, broemmel

Zitat:
Ich sehe das genauso. Das Gesetz wird mit Sicherheit vor dem BVerfG landen. Denn es behandelt nicht alle gleich.

Jemand der sich nicht gemeldet hat und die Mittel zur Beitragszahlung zur Verfügung gehabt hätte, dem wird der Beitrag erlassen.

Derjenige der sich gemeldet hat und brav die Beiträge gezahlt hat macht die lange Nase.


Dann stelle doch einfach eine vermeintlich verfassungskonforme Lösung des Problems hier ein. Weiterhin mit einem Nudelholz auf die Betroffenen herumhauen?!

Du hast jetzt die Möglichkeit das Problem juristisch mit deiner Denkweise zu lösen. Bitte lasse aber das Bauchgefühl völlig außen vor und tue nicht so, dass die Juristen aus dem Ministerium verfassungswidrige Lösungen verzapfen.

Denn ich glaube kaum, dass Du dich intensiv juristisch mit deiner Aussage beschäftigt hast. Vielleicht solltest Du dich beim Ministerium bewerben, um denmächtst alles vermeintlich verfassungskonforum zu regeln. Dann schreibst Du Gesezte, die natürlich alles verfassungskonform sind.

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 09.08.2013, 09:53

Rossi hat geschrieben: Dann stelle doch einfach eine vermeintlich verfassungskonforme Lösung des Problems hier ein. Weiterhin mit einem Nudelholz auf die Betroffenen herumhauen?!
Das ist nicht unsere Aufgabe. Aber wenn wir anfangen, alle Lösungen zu akzeptieren, nur damit ein Problem gelöst ist und uns nicht mehr um die Verfassungsmäßigkeit kümmern, steuern wir m. E. in eine ganz falsche Richtung. Denn damit könnte man dann alles rechtfertigen, siehe Totalüberwachung etc.
Rossi hat geschrieben: Du hast jetzt die Möglichkeit das Problem juristisch mit deiner Denkweise zu lösen. Bitte lasse aber das Bauchgefühl völlig außen vor und tue nicht so, dass die Juristen aus dem Ministerium verfassungswidrige Lösungen verzapfen.
Naja, dass verfassungswidrige Gesetze erlassen werden, wäre ja nicht das erste Mal. http://www.bundesverfassungsgericht.de/ ... 01-00.html

Rossi
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Beitrag von Rossi » 09.08.2013, 10:44

Nu ja, es mag sicherlich richtig sein, dass es nicht eure Aufgabe ist (ggf. verfassungskonforme Lösung).

Aber ihr habt die derzeitige Lösung zu akzeptieren und in die Praxis umzusetzen. Es gilt nämlich der Vorbehalt des Gesetzes.

Ich glaube kaum, dass sich Versicherte dagegen wehren, die bislang treu und brav gezahlt haben. Denn eine Verfassungsklage zaubert man sich nicht so einfach aus dem Hut. Ich habe mir mal sagen lassen, dass man in der Regel Vorlaufkosten von ca. 30.000,00 € hat. Wer will dies wagen?!

Zudem enthält das sog. Beitragsschuldengesetz auch Einschränkungen hinsichtlich eines Erlass oder Ermäßigung. Es werden nicht alle pauschal hiervon erfasst. Mal sehen, wie die Regelungen des Spibus aussehen.

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 09.08.2013, 10:47

Rossi hat geschrieben: Aber ihr habt die derzeitige Lösung zu akzeptieren und in die Praxis umzusetzen. Es gilt nämlich der Vorbehalt des Gesetzes.
Es hat hier doch niemand geschrieben, dass er diese Lösung in der Praxis nicht umsetzen wird. Aber eine persönliche Meinung und Einschätzung sollte auch einem Krankenkassenvollzugsdösel erlaubt sein.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 09.08.2013, 10:57

Hallo,
Nun, wir müssen auch mal berücksichtigen für wieviel Betroffene diese neue Gesetz gemacht wurde - es sind, meine ich weniger als 250.000 Menschen, die noch unversichert herumlaufen, von daher eigentlich keine weltbewegende Geschichte, aber durch diese Generalamnestie werden doch ganz klar die bislang Unversicherten finanziell benachteiligt, die gesetzeskonform seinerzeit gehandelt hatten und sich meldeten. Und ich bin da mir Broemmel einer Meinung - das wird nicht folgenlos bleiben und ich verstehe auch den vorwurfsvollen Text von Rossi dazu nicht, erst recht nicht seine etwas provokante Aufforderung an Broemmel eine Lösung zu präsentieren.
Dabei haben wir im Gesetz selbst schon Ansätze dazu - die Leistungsfreiheit.
Leistungsfreiheit bei bereits getilgten Beitragsrückständen von Versicherten nach § 5 Abd. 13 SGB V. , werden die Beiträge inclusive. säumniszuschlägen auf Antrag zurückgezahlt für Zeiträume ab 1.1.2009 - mein Vorschlag, bzw. Meine Meinung
Gruss

broemmel
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Beitrag von broemmel » 09.08.2013, 11:20

Naja. Da ist eine von Rossi gewollte Lösung, nämlich Rückkehr in die GKV mit einer Generalamnestie.

Da passt es natürlich überhaupt nicht, wenn da Kritik geäussert wird. Wir halten also fest, das die Leute die bisher gesetzeskonform gehandelt haben und den Beitrag zur Krankenversicherung evtl. mit Müh und Not erbracht haben und dabei keine Leistung in Anspruch nehmen mussten gegenüber demjenigen der nicht gesetzeskonform gehandelt hat, keine Beiträge gezahlt hat und auch gesund war das Geld für andere Sachen verwendet hat .. nach Meinung von Rossi wurden mit diesem Gesetz beide Personen gleich behandelt. Aha...

Von Sammelklagen und Musterprozessen hat der Rossi also auch noch nie was gehört, wenn es um verfassungsmässige Sachen geht. Ich erinnere nur an die Vorversicherungszeit für die KVdR als damals die Zeiten als freiwillig Versicherter nicht angerechnet werden sollten.

Da hätte es mehrere Ansätze für die Problemlösung geben können. Evtl. einen verminderten Beitrag für die zurückliegenden Zeiten aufgrund des fehlenden Leistungsanspruches (nur Notfallbehandlungen waren ja möglich)...

Zurückliegende Prüfung ob durch die Versicherungspflicht seit 2007 Bedürftigkeit entstanden worden wäre... dann Ausgleichszahlung durch den Steuerzahlen als gesamtstaatliche Aufgabe...

Nur Denkansätze. Denn ich muss keine verfassungskonfome Gesetze machen. Aber Gesetze die ich umsetzen muss darf ich ohne weiteres kritisch beäugen.

Das sollten imübrigen nicht nur Krankenkassenvollzugsdösel machen sondern auch Sozialamtsvollzugsdösel

Rossi
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Beitrag von Rossi » 09.08.2013, 12:32

Nun ja, meines Erachtens ist Dein Ansatz nicht ganz richtig.

Zitat:
Wir halten also fest, das die Leute die bisher gesetzeskonform gehandelt haben und den Beitrag zur Krankenversicherung evtl. mit Müh und Not erbracht haben und dabei keine Leistung in Anspruch nehmen mussten gegenüber demjenigen der nicht gesetzeskonform gehandelt hat, keine Beiträge gezahlt hat und auch gesund war das Geld für andere Sachen verwendet hat .. nach Meinung von Rossi wurden mit diesem Gesetz beide Personen gleich behandelt. Aha...

Es war derzeit offensichtlich gestzeskonform, dass ohne eine Anzeige des Versicherten zur Versicherungspficht die Kassen es teilweise sehr schwer hatten, die Mitgliedschaft einzutragen. Aus diesem Grunde konnte auch keine Beiträge gefordert werden. Irgendwie hatten es die Versicherten in der Hand, dies offensichtlich zu steuern. Es war die Erfindung des GKV-WSG, sprich des Gesetzgebers.

Tja, die Anderen haben es eben gemacht, warum auch immer.

Genau aus diesem Grund hat der Gesetzgeber nunmehr auch die sog. automatische Versicherung gem. § 188 Abs. 4 SGB V geschaffen. Künftig wird es umgedreht und solche Fälle dürften in der Praxis nicht mehr vorkommen.

Für die Zeit von April 2007 - Juli 2013 hat man gerade genau deswegen - Anzeige des Kunden war in der Regel erforderlich - ab August 2013 nicht mehr, eine sog. Anmestie geschaffen. Die Amnestie gilt sebstverständlich nicht für alle Fälle.

Von daher hinkt meines Erachtens Dein Vergleich broemmel.

Ich kann dort derzeit keine Verfassungswidrigkeit erkennen.

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 09.08.2013, 12:55

Rossi hat geschrieben: Es war derzeit offensichtlich gestzeskonform, dass ohne eine Anzeige des Versicherten zur Versicherungspficht die Kassen es teilweise sehr schwer hatten, die Mitgliedschaft einzutragen. Aus diesem Grunde konnte auch keine Beiträge gefordert werden. Irgendwie hatten es die Versicherten in der Hand, dies offensichtlich zu steuern. Es war die Erfindung des GKV-WSG, sprich des Gesetzgebers.
Ganz so einfach war es in der Vergangenheit nicht und gesetzeskonform hat derjenige sich ebenfalls nicht verhalten. Die Kassen hatten nur keine Rechtsgrundlage, jemanden zur Mitwirkung zu zwingen. Das ist ein Unterschied.

Schreiben des BMG und BVA:
Nach § 206 SGB V sind Versicherte, oder wer als Versicherter in Betracht kommt, mitwirkungs- bzw. auskunftspflichtig hinsichtlich aller Tatsachen, die für die Feststellung oder Änderungen der Versicherungs- oder Beitragspflicht erheblich sind. Diese Vorschrift korrespondiert mit § 307 Abs. 2 BGB, wonach ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht eine Ordnungswidrigkeit darstellt- Die Normierung dieser Pflichten und die Androhung eines Bußgeldes bei Nichtbeachtung bringt die gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, dass die Kasse allein kaum in der Lage ist, die für die Versicherungspflicht relevanten Daten zu erlangen. Daher dienen sie letztlich der ordnungsgemäßen Durchführung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Kann die Krankenkasse mangels Mitwirkung des Versicherten den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht klären, gelten die allgemeinen Beweislastregeln. Danach kann die Versicherungspflicht nicht angenommen oder möglicherweise gar unterstellt werden.

Den Kassen bleibt in diesem Fall nur, den (potentiellen) Versicherten eindringlich und nachweisbar über seine Mitwirkungspflichten und die Folgen fehlender Mitwirkung aufzuklären. Zu diesen Folgen, über die aufzuklären wäre, gehört auch, dass der Versicherte die Beiträge für die Zeit ab Eintritt der Versicherungspflicht nachzuzahlen hat, wenn im Nachhinein Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 8GB V festgestellt wird.

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