Offener Brief der BKK Pfalz an Fr. Dr. Merkel

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Gast

Offener Brief der BKK Pfalz an Fr. Dr. Merkel

Beitrag von Gast » 29.06.2006, 17:44

OFFENER BRIEF


Gesundheitsreform - Zukunft der Betriebskrankenkassen


Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

als Vorstandsvorsitzender einer mittelgroßen Betriebskrankenkasse mit 130.000 Versi-cherten bin ich über einige Nachrichten aus den Verhandlungen zur Gesundheitsreform sehr besorgt.

Besonders betroffen bin ich dabei über die wohl ernsthaft geführte Diskussion, Mindest-größen für Krankenkassen festzulegen, die für eine große Zahl von Betriebskranken-kassen das Ende bedeuten würden. Denn gerade diese kleineren und mittelgroßen Kassen zeichnen sich heute durch kundennahe Betreuung, betriebsbezogene Gesund-heitsvorsorge, effizientes Management mit vergleichsweise niedrigen Verwaltungskos-ten sowie relativ günstige Beitragssätze aus.

Die Mitglieder dieser Kassen würden bei entsprechender Gesetzesregelung faktisch in Zwangsfusionen hineingetrieben. Die entstehenden Organisationen wären auf Jahre hinaus mit sich selbst beschäftigt, anstatt mit innovativen Lösungen Gesundheitsleistun-gen für ihre Versicherten anzubieten. Nicht Kosteneffizienz, sondern Mehrkosten wären das absehbare Ergebnis. Zu dieser Einschätzung kommt auch der anerkannte Wirt-schaftswissenschaftler, Prof. Rürup, der in einem Gutachten zum Ausdruck brachte, dass fusionierte Großkassen höhere Verwaltungskosten produzieren als die vormals kleineren Einheiten. Auch der Online-Dienst „gesetzliche Krankenkassen.de“ hat diese Einschätzung bestätigt und stellt fest, dass kleinere Krankenkassen tendenziell einen schlankeren Verwaltungsapparat und damit günstigere Verwaltungskosten als die Groß-krankenkassen aufweisen. Unsere BKK zum Beispiel kommt mit einem Verwaltungskos-tenanteil von 3,5 Prozent aus, damit liegen wir weit unter dem Durchschnitt in der GKV und ganz deutlich unter den Werten der großen Kassen wie zum Beispiel BARMER, AOK oder DAK.

Im Übrigen entsprechen Zwangsfusionen nicht unserem Wettbewerbsverständnis – und doch sicherlich auch nicht dem Wettbewerbsverständnis Ihrer Partei und der Großen Koalition. Bereits heute gibt es einige Regionen in Deutschland, in denen einzelne Kran-kenkassen einen Marktanteil von über 50 Prozent haben. Wer Wettbewerb im Gesund-heitswesen will, darf diese „Monopolstrukturen“ nicht verfestigen. Der „Markt“ sollte über die "richtige" Zahl und die „richtige“ Größe einer Krankenkasse entscheiden.

Die BKK Pfalz hat sich seit 2001 von einer sehr kleinen geschlossenen BKK erfolgreich zu einer mittelgroßen BKK entwickelt und wird sich im Vertragsverbund mit anderen Be-triebskrankenkassen auch künftig im Markt behaupten. Jedenfalls sind unsere Kassen-mitglieder – so diverse Umfragen – als Kunden mit ihrer BKK sehr zufrieden. Sie schät-zen uns als leistungsstarken und innovativen Anbieter. Wahlfreiheit und Wettbewerb heißt doch auch, zu akzeptieren, dass Versicherte selbstbewusst eigene Entscheidun-gen treffen. Denn viele unserer Versicherten haben sich bewusst für die persönliche Betreuung in einer „kleinen“ Krankenkasse und gegen die Anonymität großer Verwal-tungsbürokratien entschieden. Ich bitte Sie daher im Namen der Versicherten und Mitar-beiter der BKK Pfalz nachdrücklich, sich dafür einzusetzen, dass die Betriebskranken-kassen auch in Zukunft eine faire Chance im Wettbewerb der Krankenkassen behalten.

Freundliche Grüße
BKK Pfalz




Gerhard Rheinwald
Vorstandsvorsitzender


P.S. Da derzeit wohl hauptsächlich über reine Organisationsänderungen gesprochen wird und die Ausgabenseite außen vor bleibt, mein dringender Appell an Sie, die Leis-tungsausgaben der GKV durch die Halbierung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimit-tel zu entlasten.

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