Bürgerversicherung

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Thomas3
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Bürgerversicherung

Beitrag von Thomas3 » 24.11.2012, 12:28

Was wären denn die Vorteile und was die Nachteile einer Bürgerversicherung für alle?

amerin

Beitrag von amerin » 24.11.2012, 12:42

Durch Bürgerversicherung wird der Leistungskatalog der GKV noch viel weiter eingeschränkt. Beihilfeberechtigte werden nie in eine "Bürgerversicherung" überführt, da der Staat nicht mehr wie bisher zahlen will. PKV besteht weiter und jeder der es sich dann leisten kann, wird selbst zahlen oder vermehrt PKV-Zusatzversicherungen abschließen. Daraus entsteht erst recht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Bestandsschutz muss gewahrt werden nach deutschem Recht (Bsp. die besondere JAEG), vollständige Umstellung dauert ein Leben lang, ca. 80-100 Jahre geschätzt. Es werden Viele Ihre Beiträge nicht zahlen wollen.

Nach Vergleich mit der bisherigen GKV bestehen Vorteile nur für die, die sich jetzt auch schon eine bessere Versorgung leisten können.

PS: Warum immer auf's Neue die fast identische Fragenintention?

Thomas3
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Beitrag von Thomas3 » 24.11.2012, 12:57

Was passiert mit PKV-Versicherten, wenn eine Bürgerversicherung käme?

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 24.11.2012, 13:03

Bürgerversicherung kann vieles mit vielen unterschiedlichen Auswirkungen sein, weshalb es keinen Sinn macht, ohne Anlehnung an ein bestimmtes Konzept zu diskutieren. Das der SPD findest du hier: karllauterbach.de/b%C3%BCrgerversicherung.html

Kassenknecht
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Beitrag von Kassenknecht » 30.11.2012, 11:04

Einen wirklichen Vorteil können wohl nur Gesundheitspolitiker in der Bürgerversicherung sehen. Allerdings käme die Bürgerversicherung auch den Ärzten entgegen - auch wenn dies für den Laien zunächst paradox klingt.
Das Paradebeispiel für die Bürgerversicherung ist Österreich. Dort sind ca. 98% der Bevölkerung in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Dieses System ist teuer und ständig finanziell klamm - wie es auch von der deutschen Bürgerversicherung zu erwarten wäre. Die Folge: relativ zur Zahl der Versicherten gibt es zu wenige Kassen-Ärzte, was sich negativ auf die Wartezeiten auf einen Termin und die Behandlungsqualität auswirkt. Konsekutiv haben mittlerweile über 30% der Österreicher eine private Zusatzversicherung, welche die Kosten für eine raschere und bessere ärztliche Privatbehandlung übernimmt. Die Bürgerversicherung führt also zur Zunahme des Anteils der Privatpatienten.

In Deutschland haben wir schon ohne Bürgerversicherung einen ausgeprägten Ärztemangel, der zwar zur Zeit noch kompensiert und für die meisten Menschen wenig spürbar ist, in wenigen Jahren aber zum starken Problem wird. Aufhalten kann man das drohende medizinische Versorgungsdesaster so gut wie nicht mehr. Die Bürgerversicherung würde jedoch sicher dazu betragen, dass es sich noch verschlimmert - zumindest für diejenigen, die sich keine private Zusatzversicherung leisten können. Denn viele Kassenarztpraxen könnten sich mit den Honoraren aus der Bürgerversicherung nicht mehr finanzieren, womit die Zahl der Kassenpraxen rapide sinken wird. Vor allem die Basisversorgung (Hausärzte u. Kinderärzte) wäre davon betroffen. Die Zahl der Privatpraxen wird in der Folge allerdings steigen - alles ein Effekt von Angebot und Nachfrage. Schon heute verdient ein Arzt in einer eingeführten Privatpraxis deutlich besser, als in der Kassenpraxis.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 30.11.2012, 12:33

Hallo,
sicher wäre die Bürgerversicherung für alle die beste Lösung.
Und was die Ärzte angeht, die sollten dann aus dem gemeinsamen Topf als Arbeitnehmer bezahlt werden mit einem, ihrer Qualifikation entsprechendem
Gehalt und entweder als "Nebenberuflich" ihre Privatpatienten behandeln, was die Leistungen angeht, die eben über die Bürgerversicherung nicht mehr abgedeckt wären. Wenn dann der Einkommensteuerbescheid ergäbe, dass die Einkünfte aus der nebenberuflichen Tätigkeit die Haupteinnahmequelle wäre, also mindestens 70%, dann wäre es aus mit der Anstellung als Arzt der Bürgerversicherung.
Damit wäre auch gewährleistet dass allein schon aus eigenem Interesse der Arzt als solches auf die "Ausgewogenheit" achten würde.
Ich weiß, ein utopischer Gedankengang, aber warum nicht.
Gruss
Czauderna

amerin

Beitrag von amerin » 30.11.2012, 13:18

Kassenknecht hat geschrieben:Konsekutiv haben mittlerweile über 30% der Österreicher eine private Zusatzversicherung, welche die Kosten für eine raschere und bessere ärztliche Privatbehandlung übernimmt. Die Bürgerversicherung führt also zur Zunahme des Anteils der Privatpatienten.
Zustimmung. Wie meine obige Sicht. Also haben "Reiche" Vorteile und würden, wenn sie schlau wären, eine Bürgerversicherung befürworten.
Czauderna hat geschrieben:Und was die Ärzte angeht, die sollten dann aus dem gemeinsamen Topf als Arbeitnehmer bezahlt werden mit einem, ihrer Qualifikation entsprechendem Gehalt
Ärzte werden nie Arbeitnehmer, wenn Sie es jetzt noch nicht sind, denn wer soll dann die geteilten Sozialabgaben zahlen? Es muss sodann auch einen Arbeitgeber geben. Die BRD als Staat etwa?
Zudem sind freiberufliche Tätigkeiten im ESt-Gesetz verankert und nicht ohne kräftigen Widerstand entfernbar. Bestandsschutz ist eh klar nach deutschem Recht.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 30.11.2012, 13:54

Hallo,
sag ich doch, ein utopischer Gedanke, aber man soll nie, nie sagen - wusste schon James Bond und auch ich dachte, die Wiedervereinigung werde ich selbst nie erleben.
Gruss
Czauderna

amerin

Beitrag von amerin » 30.11.2012, 13:58

Niemals nie sagen, da gebe ich Dir recht. ;)

roemer70
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Beitrag von roemer70 » 30.11.2012, 17:40

Hallo Czauderna,

den Gedanken mit angestellten Ärzten hatte ich im Rahmen eines Kongresses auch mal zusammen mit einem anderen Teilnehmer - dessen Frau Kardiologin ist.
Das hat schon seinen Reiz.

Gruß
roemer70

Kassenknecht
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Beitrag von Kassenknecht » 01.12.2012, 12:15

Czauderna hat geschrieben: Und was die Ärzte angeht, die sollten dann aus dem gemeinsamen Topf als Arbeitnehmer bezahlt werden mit einem, ihrer Qualifikation entsprechendem Gehalt
Czauderna
Fände ich als (Noch-)Kassenarzt persönlich super. Dann bräuchte ich meine Praxis nicht selbst finanzieren, meine Angestellten nicht selbst zu bezahlen, es gäbe kein Regressrisiko, die Krankenversicherung zahlt zur Hälfte die Krankenversicherung , ich muss nicht mehr um sieben Uhr morgens die ersten Patienten empfangen, sondern beginne um Punkt neun, um 17 h fällt mir das Stethoskop aus der Hand, und ich fahre nach Hause zu Frau und Kindern, die vermutlich sehr erstaunt gucken werden, warum ich um diese Uhrzeit schon auf dem heimischen Sofa hocke ... Es gibt dann auch keine Nacht- oder Wochenenddienste mehr, und wenn, dann nur mit adäquater Bezahlung.
In der Praxis brauche ich nicht mehr im 5-Minutentakt und hamsterradmäßig Kassenpatienten durchschleusen, ich halte mich strikt an die Terminvorgaben, denn ich werde ja nicht mehr pro Patient mit einem MinihoHnorar "bezahlt", für das der Patient beim Frisör noch nicht mal einen Haarschnitt bekommen würde.

Ein Traum für den Arzt!

Dementsprechend werden aber die Wartezeiten auf einen Termin in meiner ... nein, in der Praxis in der ich angestellt bin sehr lang sein, aber das interessiert mich persönlich ja nicht mehr, denn ich werde ja nach Facharzt-Tarif für eine 40-Stundenwoche bezahlt.

Ein Alptraum für den Patienten!
Und auch dafür gibt es schon eine Vorlage: das NHS in Großbritanien. Fragt doch mal einen Engländer, was sie von ihrer GEsundheitsversorgung halten.

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 01.12.2012, 12:53

@ Kassenknecht: Deine schöne neue Welt wird nicht so wie von dir beschrieben aussehen, als Angestellter hast du nicht nur Rechte gegenüber deinem Arbeitgeber, sondern auch Pflichten.
Kassenknecht hat geschrieben: Fände ich als (Noch-)Kassenarzt persönlich super. Dann bräuchte ich meine Praxis nicht selbst finanzieren, meine Angestellten nicht selbst zu bezahlen, es gäbe kein Regressrisiko,
Sicher gäbe es ein Regressrisiko. Auch ich als Kassenangestellter muss bei Fehlern persönlich haften, deshalb haben die Kollegen und ich auch eine zusätzliche Vermögensschadenshaftpflichtversicherung.
Kassenknecht hat geschrieben: die Krankenversicherung zahlt zur Hälfte die Krankenversicherung , ich muss nicht mehr um sieben Uhr morgens die ersten Patienten empfangen, sondern beginne um Punkt neun, um 17 h fällt mir das Stethoskop aus der Hand, und ich fahre nach Hause zu Frau und Kindern, die vermutlich sehr erstaunt gucken werden, warum ich um diese Uhrzeit schon auf dem heimischen Sofa hocke ...
Als Angestellter kannst du nicht deine 8 Stunden ohne Pause runterreißen. Wobei ich sowieso immer wundere, dass gerade Ärzte meinen, sie seien unendlich belastbar und die normalen Arbeitszeitregelungen wären nur was für andere Leute.
Kassenknecht hat geschrieben: Es gibt dann auch keine Nacht- oder Wochenenddienste mehr, und wenn, dann nur mit adäquater Bezahlung.
Natürlich gibt es die Dienste noch. Und ob sie zusätzlich vergütet werden, hängt von der Gestaltung des Arbeitsvertrages ab. Ab einer gewissen Gehaltsstufe wird z. B. auch von Krankenkassenangestellten erwartet, dass Überstunden und Wochenendarbeit inclusive sind.
Kassenknecht hat geschrieben: In der Praxis brauche ich nicht mehr im 5-Minutentakt und hamsterradmäßig Kassenpatienten durchschleusen, ich halte mich strikt an die Terminvorgaben, denn ich werde ja nicht mehr pro Patient mit einem MinihoHnorar "bezahlt", für das der Patient beim Frisör noch nicht mal einen Haarschnitt bekommen würde.
Das wirst dann nicht mehr du entscheiden, sondern dein Arbeitgeber. Er wird dir genaue Vorgaben machen, wieviel er in welcher Zeit von dir erwartet. Und wenn du das nicht schaffst oder schaffen willst, wird dein Vorgesetzter dich zu einem netten Gespräch bitten. Ende der Fahnenstange wird dann der Verlust des Arbeitsplatzes sein, das geht bei einem Angestellten schneller als der Entzug der Kassenzulassung.
Kassenknecht hat geschrieben: Ein Traum für den Arzt!
Dann mach es doch heute schon und lass dich von einem MVZ anstellen. Ich kenne einige Ärzte, die sich genau aus den von dir genannten Gründen dafür entschieden haben - warum auch nicht?
Kassenknecht hat geschrieben: Dementsprechend werden aber die Wartezeiten auf einen Termin in meiner ... nein, in der Praxis in der ich angestellt bin sehr lang sein, aber das interessiert mich persönlich ja nicht mehr, denn ich werde ja nach Facharzt-Tarif für eine 40-Stundenwoche bezahlt.
Deinen Arbeitgeber interessiert das aber schon, mit allen Konsequenzen s. o.
Kassenknecht hat geschrieben: Ein Alptraum für den Patienten!
Weißt du, bei deinem Horrorszenario, das die Ärzte gerne entwerfen, wenn es um die Möglichkeit der Anstellung geht, frage ich mich immer, was die Ärzte denn nun eigentlich dazu bewegt, ihre Patienten zu behandeln. Bei den - angeblichen - Minivergütungen zur Zeit reiben sie sich auf ohne Ende, um ein möglichst großes Stück vom Kuchen zu bekommen - wenn das nicht mehr ist und sie ein Festgehalt erhalten, ist ihnen das Wohlergehen der Patienten plötzlich egal. Geht es wirklich nur ums Geld? Die Vorstellungen, die du von einem Leben als Angestellter hast, erscheinen mir doch ein wenig, ähemm, naiv.
Kassenknecht hat geschrieben: Und auch dafür gibt es schon eine Vorlage: das NHS in Großbritanien. Fragt doch mal einen Engländer, was sie von ihrer GEsundheitsversorgung halten.
Der Unterschied liegt an der Finanzierung, nicht daran, ob Ärzte angestellt sind oder nicht. Wenn z. B. in Deutschland untereinander konkurrierende Kassen die Ärzte anstellen würden, sähe es ganz anders aus.

Kassenknecht
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Beitrag von Kassenknecht » 01.12.2012, 14:38

Deine schöne neue Welt wird nicht so wie von dir beschrieben aussehen, als Angestellter hast du nicht nur Rechte gegenüber deinem Arbeitgeber, sondern auch Pflichten.
In erster Linie gibt es einen Vertrag. Wenn dem Arzt der Vertag nicht gefällt, unterschreibt er ihn nicht, und dann gibt es eben dort keinen angestellten Kassenarzt. So einfach ist das. Ihr Kassenleute tut immer so, als hättet ihr im Garten Bäume, an denen Ärzte wachsen. Mal so zur Erinnerung: Ärzte sind heutzutage Mangelware, Kassenangestellte dagegen nicht. Wer einen Arzt unter Vertrag haben will muss in Zukunft noch mehr dafür sorgen, dass dieser sich wohlfühlt. Sonst könnt ihr Kassenmitbearbeiter eure Kunden demnächst gerne selbst behandeln. Aber anscheinend sind euch noch nicht genügend Ärzte davongelaufen, damit ihr das Problem erkennt, oder habt ihr grundsätzlich ein Problem mit der Realitätswahrnehmung? 72 mio Zwangsversicherte mit durchschnittlich 18 Arztbesuchen pro Jahr mit stark steigender Tendenz stehen 140 000 Kassenärzten gegenüber - mit stark fallender Tendenz. In 10 Jahren werden es wohl nur noch ca. 115 000 sein. Jeder Siebtklässler könnte daraus seine Schlüsse ziehen - warum nicht ein Kassenboss oder gar ein Gesundheitspolitiker.
Sicher gäbe es ein Regressrisiko. Auch ich als Kassenangestellter muss bei Fehlern persönlich haften, deshalb haben die Kollegen und ich auch eine zusätzliche Vermögensschadenshaftpflichtversicherung.
Ein Regressforderung ist nicht die Folge eines persönlichen Fehlers, sondern die direkte Folge davon, dass die kranken Kassen die notwendigen Behandlungskosten nicht mehr tragen können, bzw. wollen. Der einzige Fehler eines Arztes, der einen Regress bekommt, ist, dass er sich nicht dem WANZ-Diktat des SGB V unterwirft, sondern seine Patienten fachgerecht behandelt.
Als Angestellter kannst du nicht deine 8 Stunden ohne Pause runterreißen. Wobei ich sowieso immer wundere, dass gerade Ärzte meinen, sie seien unendlich belastbar und die normalen Arbeitszeitregelungen wären nur was für andere Leute.
Na, dann arbeite ich halt von 8:30 bis 17:00h. Ärzte meinen übrigens keineswegs, dass sie unbegrenzt belastbar sind, aber die Kassen meinen das offenbar. Ich kenne aber keinen Kassensachbearbeiter, der 60 Stunden die Woche arbeitet.
Das wirst dann nicht mehr du entscheiden, sondern dein Arbeitgeber. Er wird dir genaue Vorgaben machen, wieviel er in welcher Zeit von dir erwartet. [...]
Das entscheide ganz alleine ich, indem ich keinen solchen Vertrag unterschreiben würde. Der Arzt bin nämlich ich und wenn das einem Arbeitgeber nicht passt und er mir keinen annehmbaren Vertrag anbieten will, kann er seine Kunden gerne selbst behandeln. (Siehe oben). Arrogant? Ja, bis zum Anschlag, und ich fühle mich sauwohl dabei, aber wie gesagt, Ärzte gibt's eben nicht genug und der Rest ist eine Frage der freien Marktwirtschaft.
Dann mach es doch heute schon und lass dich von einem MVZ anstellen. Ich kenne einige Ärzte, die sich genau aus den von dir genannten Gründen dafür entschieden haben - warum auch nicht?
Das Problem ist leider, dass die meist kassengesteuerten MVZ eins nach dem anderen in die Insolvenz gehen. Das Konzept des MVZ kann in der derzeitigen Form als gescheitert betrachtet werden - leider auch ewwas, das die Verantwortlichen in Politik und Kassen noch nicht realisiert haben.
Deinen Arbeitgeber interessiert das aber schon, mit allen Konsequenzen s. o.
S.o.
Weißt du, bei deinem Horrorszenario, das die Ärzte gerne entwerfen, wenn es um die Möglichkeit der Anstellung geht, frage ich mich immer, was die Ärzte denn nun eigentlich dazu bewegt, ihre Patienten zu behandeln. Bei den - angeblichen - Minivergütungen zur Zeit reiben sie sich auf ohne Ende, um ein möglichst großes Stück vom Kuchen zu bekommen - [...]
Wie gesagt, für die Ärzte wäre eine Anstellung keinesfalls ein Horrorszenario. Warum Ärzte immer noch Kassenpatienten behandeln, ist sicher individuell. Viele haben sicherlich resigniert und warten halt noch die paar Jahre bis zum Ruhestand ab, um dann ihre Praxis ohne Nachfolger zu schließen. Ich persönlich werde demnächst zumindest keine Kassenpatienten mehr behandeln, bzw. nur als Selbstzahler. Nach 14jähriger Berufsausbildung bin ich mir definitiv zu schade, meine Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrung für 15€ pro Behandlung zu verschleudern. Und bis zu meinem Ruhestand vergeht noch viel Zeit. Meine Zulassung wird also an die KV zurückgehen. Da ich schon lange erfolglos nach einem Kassensitz-Nachfolger suche, wird es den wohl auch in den nächsten Monaten nicht geben, denn auch ich habe keinen Baum im Garten ....
Der Unterschied liegt an der Finanzierung, nicht daran, ob Ärzte angestellt sind oder nicht. Wenn z. B. in Deutschland untereinander konkurrierende Kassen die Ärzte anstellen würden, sähe es ganz anders aus.
Jepp, das wäre ja noch besser, wenn sich die Kassen dann untereinander um die zu wenigen Ärzte "prügeln" würden ...

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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 01.12.2012, 14:56

Ja, Arroganz ist genau das richtige Wort für deinen Beitrag.

Wer sagt denn, dass dann, wenn die Kassen die Ärzte anstellen, sie nicht auch für ihre Ausbildung sorgen (=bezahlen, wenn eh alle Versicherten in der Bürgerversicherung sind, ist der Topf letztendlich egal) und damit die künstliche Verknappung des Angebots an Ärzten beheben? Die meisten Ärzte, die sich in Foren zu Wort melden, stehen auf dem Standpunkt, dass die Gesellschaft ihnen ihr jahrelanges Studium gefälligst in Form von erhöhtem Einkommen zu belohnen hat. Komisch, dass das nur bei Ärzten so sein soll und nicht bei anderen, langwierigen und schwierigen Studiengängen.

Bei deiner Einstellung zu WANZ war die Beantragung der Kassenzulassung ganz sicher ein Fehler. Warum wolltest du denn überhaupt Kassenpatienten behandeln, wenn du noch nicht einmal mit dem Grundprinzip einverstanden bist? Du hättest dich doch damals schon entscheiden können "den Vertrag nicht zu unterschreiben".

Lady Butterfly
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Beitrag von Lady Butterfly » 01.12.2012, 16:09

Kassenknecht hat geschrieben:
In erster Linie gibt es einen Vertrag. Wenn dem Arzt der Vertag nicht gefällt, unterschreibt er ihn nicht, und dann gibt es eben dort keinen angestellten Kassenarzt. So einfach ist das. Ihr Kassenleute tut immer so, als hättet ihr im Garten Bäume, an denen Ärzte wachsen. Mal so zur Erinnerung: Ärzte sind heutzutage Mangelware, Kassenangestellte dagegen nicht. Wer einen Arzt unter Vertrag haben will muss in Zukunft noch mehr dafür sorgen, dass dieser sich wohlfühlt. Sonst könnt ihr Kassenmitbearbeiter eure Kunden demnächst gerne selbst behandeln. Aber anscheinend sind euch noch nicht genügend Ärzte davongelaufen, damit ihr das Problem erkennt, oder habt ihr grundsätzlich ein Problem mit der Realitätswahrnehmung? 72 mio Zwangsversicherte mit durchschnittlich 18 Arztbesuchen pro Jahr mit stark steigender Tendenz stehen 140 000 Kassenärzten gegenüber - mit stark fallender Tendenz. In 10 Jahren werden es wohl nur noch ca. 115 000 sein.
das kann man eigentlich einfach ändern - Numerus clausus senken und mehr Geld in die Ausbildung der Ärzte stecken - schon kann man in 10 Jahren die von dir beschriebene Lücke decken :shock:

nur eine Frage des politischen Willens...und bevor der Staat dem einzelnen Arzt einen Wellness-Arbeitsplatz bei kaiserlicher Bezahlung bieten soll, wäre das wohl die wirtschaftlichere Variante.

die Kassen kennen sich damit übrigens aus: sie bilden auch ihre eigenen Mitarbeiter bedarfsgerecht aus - es werden eben so viele Azubis jährlich eingestellt wie glaubt, später auch beschäftigen zu können und in der Regel klappt das auch.

im übrigen: die Zahl der Ärzte ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich angewachsen - und kontinuierlich gewachsen ist auch die Zahl der Arztbesuche pro Jahr. Einer der Gründe dafür ist wahrscheinlich auch die angebotsinduzierte Nachfrage. Eine Frage wäre also, wie man die Zahl der Arztbesuche bei gleichbleibender oder besserer Qualität senken könnte - geht in anderen europäischen Ländern doch auch.

wieso lässt du dich nicht von einem Krankenhaus anstellen .... uuuups dort gibt es ja keine 8-Stunden-Dienst sondern ggf. 24 Stunden-Dienst und eine sehr, sehr starre Hierrarchie. Aber daran sind wahrscheinlich auch die bösen Kassen schuld.

nach diesen Infos http://www.bpb.de/politik/innenpolitik/ ... rsorgung-3 wurden 2004 rund 21 Mrd. Euro für ärztliche Versorgung aufgewandt. Wenn ich diese Summe durch die von dir genannte Anzahl der Ärzte teile, komme ich auf immerhin 150.000 Euro - selbst wenn man davon ausgeht, das Kosten in Höhe der Hälfte dieser Summe entstehen. Für mich als kleine Kassenangestellte ne Menge Geld.....und seit 2004 sind die Ausgaben mehrfach kräftig gestiegen. Wenn man mit dieser Summe nicht auskommt, stellt sich die Frage, ob es vielleicht daran liegt, dass jemand nicht wirtschaften kann. Das verlangt man übrigens von jeder Hausfrau und von jedem Hartz IV-Empfänger, dass er mit dem zur Verfügung stehenden Geld auskommt......ich trau das auch Ärzten zu :lol:

wie kommst du darauf, dass MVZ nicht erfolgreich sein können? sie müssen ja nicht von Kassen betrieben werden, sondern ähnlich wie Krankenhäuser von privaten oder öffentlichen Trägern. Das hätte den Vorteil, dass medizinische Geräte und die Leistungen von nichtärztlichem Personal gemeinsan genutzt werden können, dass die Investitionsausgaben für eine eigene Praxis für die Ärzte wegfallen und dass es leichter wird, auch in Teilzeit zu arbeiten.

ich glaube, auch für Ärzte ist die Zeit der Einzelkämpfer vorbei.

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