Bürgerversicherung

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Poet
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Beitrag von Poet » 25.05.2014, 00:10

@KKA: Das mit dem "Umstürzler" war von mir aber positiv gemeint.

Die mir bekannten Pläne zu einer Bürgerversicherung bezogen sich immer auf die Versicherungspflicht und die Finanzierung. Eine grundlegende Reform war damit leider nicht verbunden und wie Du schon erkannt hast, hatte keine der bisherigen Regierungen den Mut dazu.

Thomas3
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Beitrag von Thomas3 » 25.05.2014, 00:39

Die Reichen können sich aus der Solidarverantwortung herausstehlen?

Mit knapp über 53.550 € p.a. ist man nicht reich, sondern in der Falle, wenn man privat krankenversichert und über 55 ist. Der soziale Abgrund in Sichtweite.

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 25.05.2014, 09:18

Schilbach hat geschrieben: Sodann würde ich von ALLEN in unserer Republik lebenden/gemeldeten Menschen von deren ZU VERSTEUERNDEM EINKOMMEN einen prozentualen "Krankenversicherungsbeitrag" erheben (die kein oder wenig Einkommen haben kein, bzw. wenig Beitrag, die viel haben viel Beitrag - Grundsatz der Solidarversicherung: der Schwache hilft dem Starken, der Reiche dem Armen) und dann die Gesamtsumme gleichmäßig auf ALLE Menschen wieder aufteilen. D.h. zum Lebensstart hat zunächst jeder das gleiche, ich nenne es das "Primärbudget" (ersparen Sie mir hier Details, ich habe dazu viele Berechnungen durchgeführt).
Das ist Schilbachs Vorstellung von Bürgerversicherung. Ich fände es interessant, darüber zu diskutieren.

Vom zu versteuernden Einkommen - das heißt also, dass derjenige, der sein zu versteuerndes Einkommen mit Hilfe eines guten Steuerberaters in den Minimialbereich bringt, auch keine Krankenversicherung mehr zahlen muss. Obwohl er tatsächlich über ein wesentlich höheres Einkommen/Vermögen verfügt, als der Angestellte, der gerade so über die Runden kommt und der kein Geld für Steuersparmodelle übrig hat?

Arbeitgeber sind bei der Finanzierung außen vor, verstehe ich das richtig?

Zum Lebensstart hat also jeder die Summe x zur Verfügung, die dann allerdings auch verlässlich jedes Jahr erwirtschaftet werden muss, denn ich gehe nicht davon aus, dass zunächst mal 80+ Jahre lang das Guthaben der Bevölkerung angespart werden soll. Oder kann die Summe je nach Steuereinnahmen jedes Jahr variieren?

Was geschieht, wenn die Summe bereits in frühen Jahren aufgebraucht wurde? Woher kommt das Geld für die dann notwendigen Leistungen? Wer bestimmt, wem noch zusätzliche Gelder über sein Primärbudget hinaus für welche Leistungen zustehen?

Zahlt jeder seine Leistungen selbst von seinem Budget oder ist da noch eine Stelle dazwischen geschaltet, die darauf achtet, dass die Leistungserbringer ihren Informationsvorsprung in dringenden Fällen nicht ausnutzen bzw. Fälle dringend machen und den Menschen keine Informationsmöglichkeit lassen?

KKA
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Beitrag von KKA » 25.05.2014, 12:36

Thomas3 hat geschrieben:Die Reichen können sich aus der Solidarverantwortung herausstehlen?

Können? Sie dürfen (leider) und tun es!

Mit knapp über 53.550 € p.a. ist man nicht reich, sondern in der Falle, wenn man privat krankenversichert und über 55 ist. Der soziale Abgrund in Sichtweite.

Um in die 'Falle' zu gelangen, muss man ersteinmal in dieselbe tapsen, sprich Wahl zwischen GKV oder PKV wenn die JAEG überschritten wird.
Niemand, der über JAEG verdient, wird gezwungen in die PKV einzutreten.

Gruss
KKA

Schilbach
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Beitrag von Schilbach » 25.05.2014, 12:49

insbesondere @Poet:
ich kann mich leider nur auf bestehende Zahlen berufen (die in einem anderen Krankenversicherungssystem gar nicht mehr existent wären!)
Eine Frage zu Ihrem bemängelten Beispiel:
Könnte man nach meinem Dafürhalten (sicherlich) den Krankenversicherungsanteil senken - ich stellt 5,9% in den Raum - komme ich nur auf 26,55 €. Hab ich da was falsch gerechnet? Und haben sie schon mal 450€-Verdienstler kennengelernt, die es nicht schaffen, sich von ihrem (wenigen) Geld trotzdem ihre "anerkannt ungesunden und unsolidarischen Fluppen (Zigaretten)" zu kaufen? Ich kenne davon (leider) sehr viele.
Das wäre übrigens ein weiteres, ganz zentrales Postulat in meinem neuen System: Übernahme von Verantwortung für die Solidargemeinschaft! Und dazu gehört zum Beispiel, eine anerkannt gesundheitszuträgliche Lebensweise zu führen. und was könnte einen dazu wohl am meisten bringen ? - DAS LIEBE GELD!!! - Und dann würden sich (mit Sicherheit) die 26,55€ weiter reduzieren. Sind Sie da nicht auch meiner Meinung?
Übrigens, auch der Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung würde bei mir wegfallen und stattdessen in mehr Lohn umgewandelt.
Das mit den 100 Kassen, die es hoffentlich oder sagen wir besser leider - denn die Konkurrenz fällt immer mehr in sich zusammen - bald nicht mehr sein werden (tut mir Leid liebe KdöR-Mitarbeiter), habe ich nicht verstanden, Entschuldigung.
Und noch etwas zu meinen schwach fundierten Zahlenkenntnissen:
von 2000 bis 2011 sank die Anzahl der gesetzlichen Krankenkassen um sage und schreibe ~63%! Und wissen Sie wieviel Personal reduziert wurde? Ich sage es Ihnen, es waren ~5,3 (in Worten fünfkommadrei) lächerliche Prozent.
Aber genau diese Diskussion hier um Zahlen, die in meiner "Vision" gar keinen Bestand mehr hätten, ist doch genau das, was uns (leider) nicht weiterbringt.
Ein anderes System muss her!!!
Die Frage von GerneKrankenVersichert spiegelt genau den Typ Mensch wider, den ich in meinem ... direkt zu Anfang beschrieb: den ganz gewöhnlichen Egoisten. Der fragt sich nämlich: Was passiert, wenn für mich kein Geld mehr da ist? (er verschanzt sich dabei natürlich hinter allen - der "Bevölkerung"). Aber das ist eine ganz natürliche Sichtweise und soll hier keinesfalls als Vorwurf meinerseits verstanden werden.
Mein System ist schon etwas differenzierter, aber auch konsequent und fordernd, das kann ich Ihnen versprechen.

Poet
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Beitrag von Poet » 25.05.2014, 13:31

@D.Schilbach: Du unterliegst einem klass. Denkfehler. Wenn die Anzahl der Kassen sich reduziert besteht keine Proportionalität zur Anzahl der Mitarbeiter. Ob Kasse X zu Y fusioniert ändert nichts an der Anzahl der GKV-Versicherten die beide Kassen vorher hatten, d.h. die Arbeit wird nicht weniger. Die MA-Anzahl reduziert sich wenn der Servicegrad (Anzahl MA pro 1000Versicherte) sinkt. Dass die Reduktion der Kassenanzahl die größten Einsparpotentiale birgt ist ein Irrglaube.

Aber es waren rd. 15% Stellen die weggefallen sind, in Köpfen weit weniger weil die Kassen seit Beginn der 2000er Jahre viel über Teilzeit regeln.
Tendenz übrigens weiter fallend, die Finanzierung aus dem Fonds zwingt die Kassen dazu. Übrigens mit Auswirkungen: Die Kassenanlaufstelle vor Ort für Oma und Opa ist ein sterbendes Modell.

Okay, anerkannte gesunde Lebensweise, ich bin dabei, wenngleich mir der Vergleich mit dem Niedriglöhner und den Fluppen zu platt ist. Wer legt in Deinem Modell fest was gesunde LW ist, wie es bonifiziert aber vor allem auch sanktioniert wird und wer kontrolliert das?

Du wirst erst bei Deinem Ansatz die hedonistische Gesellschaft ändern müssen bevor Du an das KV-System herangehst. Zwischenzeitlich würde man Dich wahrscheinlich als "Gesundheitsfaschisten" betitulieren und aus dem Land jagen wollen. :-)

Nun Deine Lösungen...

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 25.05.2014, 14:20

Schilbach hat geschrieben: Die Frage von GerneKrankenVersichert spiegelt genau den Typ Mensch wider, den ich in meinem ... direkt zu Anfang beschrieb: den ganz gewöhnlichen Egoisten. Der fragt sich nämlich: Was passiert, wenn für mich kein Geld mehr da ist? (er verschanzt sich dabei natürlich hinter allen - der "Bevölkerung"). Aber das ist eine ganz natürliche Sichtweise und soll hier keinesfalls als Vorwurf meinerseits verstanden werden.
Nehmen wir mal einen Hämophilie-Erkrankten, zu diesem Personenkreis gehöre ich nachweislich nicht. Was passiert, wenn er sein Budget mit 30 Jahren aufgebraucht hat?

Schilbach
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Beitrag von Schilbach » 25.05.2014, 16:05

@Poet:
Natürlich ist mir bekannt, dass sich eine Mitarbeiteranzahl an der zu bewältigenden "Arbeit" orientiert und nicht an der Zahl der verschiedenen "Unternehmen".
Vielleicht haben Sie meine Ironie darin nicht ganz verstanden: ich wollte damit eigentlich zum Ausdruck bringen, dass das zum 1.04.2007 etablierte GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz („kurz“ GKV-WSG), dass den GKVen gestattet, mit für mich völlig unverständlichen Millionenbeträgen Werbung betreiben zu dürfen (vom Geld der Beitragszahler versteht sich), nur um sich gegenseitig darzustellen, sich zu profilieren und so zu ihrer Dezimierung auf wenige, dann sehr (stimm-)mächtige "Große" (AOK, BEK, TKK, usw.) hinzuarbeiten.
Wenn die Verwaltungskosten sowieso nicht wesentlich heruntergehen (das Statistische Bundesamt bestätigt übrigens meine 5,...% und nicht Ihre 15) was soll dann dieses ganze Konkurriere. Soll es doch - wie früher - Tausende von Kassen geben. - NEIN - GKVen gehören bei mir insgesamt abgeschafft, weil überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Tut mir Leid, das ist meine Meinung. (Aber deshalb diskutieren wir ja hier. Übrigens, ist das "DU" in diesem Forum hier Usus? Ich möchte niemandem auf die Füße treten und passe mich da gerne an).
Sie/Du hast eine sehr gute Frage aufgeworfen, die man als einen der Kernpunkte in meinem ... bezeichnen könnte:
"Wer legt in Deinem Modell fest was gesunde LW ist, wie es bonifiziert aber vor allem auch sanktioniert wird und wer kontrolliert das?"
Und Recht hast Du auch mit der Beurteilung, dass wir eine "hedonistische Gesellschaft" sind (zumindest in den reichen Industriestaaten).
Und GENAU DAS, diese verwöhnte Gesellschaft auf den Boden der Tatsachen holen, somit das Unmögliche war zu machen, wünsch ich mir. Und das geht über die beiden Dinge, die unsere höchsten Güter sind: 1. GELD und 2. unsere GESUNDHEIT.
Wenn Du so willst ist im tiefsten Grunde meine Strategie Erpressung.

@GerneKrankenVersichert:
Er hat´s gemerkt. Er muß doch andere im Land als Beispiel suchen, die chronisch Kranken.
Nur mal so als Überbau: zur Zeit finanzieren wir mit ~200.000 Mrd. Euro/GKV-Einnahmen pro Jahr für ~70 Millionen GKV-Versicherter (fast) alles, was das Herz begehrt: Ärzte und deren Betriebskosten (Mieten, Angestellte, Verbrauchsmaterial, EDV-Programme, etc.), Krankenhäuser, Mrd. Euro für Medikamente, eine gigantische "Zettelchenwirtschaft" (KV-Formulare), Mutter-Kind-Kuren, medizinische Hilfsmittel, diese idiotischen und mittel- bis langfristig völlig idiotischen Rückenschulprogramme und natürlich nicht zu vergessen die (zumindest zugegebenen) ~10 Mrd. Euro Verwaltungskosten der GKVen.
Wenn wir jetzt die Beamten und Privatversicherten "ins Boot holten" käme im Verhältnis wahrscheinlich deutlich mehr Geld dazu, als krankeitsbedingte Kosten durch die zusätzlichen 10-12 Millionen Bürger anfallen würden (denn letztere haben i.d. Regel nicht die "Buckeljobs", die einen zum Arzt treiben). Und die "geringe" Summe von 10 Mrd. Euro durch wegfallende GKV-Strukturen kämen auch noch dazu (dafür würden natürlich andere Kosten neu entstehen). Sind Sie/Du nicht auch der Ansicht, dass die Solidarbevölkerung dieses Geld nicht weiterhin aufbringen könnte mit einem deutlich niedrigeren "Krankenkassenbeitragssatz" bei einkommensabhängiger Einzahlhöhe und dann weiterhin die "Hämophiliekranken" behandeln könnte? - Auch dazu habe ich in meinem ... Stellung bezogen. Diese Argumente kenne ich seit vielen Jahren: Was passiert, wenn das Geld alle ist? Das ist wirklich eine Kernfrage, der man sich als "endliches Wesen" stellen muss! - Es wird spannend und brutal! - Ich habe aber nicht nur vor, an der Einnahmenseite "zu schrauben", sondern auch an der "Ausgabenschraube" (Achtung vor allem Ärzte).
Übrigens, das Beispiel, dass der Reiche sich quasi auf "Nullsteuer" oder "Absetzen ins Ausland" oder all diese anderen Argumentationen, von einem hohen "Krankenversicherungsbeitrag" befreien kann ist Quatsch. 1. bei Beamten liegt das Gehalt offen, von den richtig Reichen gibt es so viel nun auch nicht und man bedenke, 10% der Bevölkerung zahlen über 50% unserer Steuern. Wennn die sich Ihrer/Deiner Meinung nach alle einkommensmäßig heruntergerechnet hätten, würde das wohl nicht so sein.

Poet
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Beitrag von Poet » 25.05.2014, 16:26

@D.Schilbach: Die 15% bezogen sich auf die Personalentwicklung bei den Stellen. Die Netto-VWK sind rd. 5%.

Mich stört es nicht, die Abschaffung der GKVn zu diskutieren. Ich sehe nur halt noch keine Alternative.

Ich/Du/Sie: Mir ist es egal - im realen Leben meist Sie, hier Du.

Die Frage "Werbung der GKV" ist tatsächlich diskussionswürdig. Den Kassen werden Werbeausgaben auf einen €Satz pro Mitglied festgeschrieben. Solange es mehrere Kassen im Verdrängungswettbewerb gibt wird es wohl Werbung geben. Die Alternative wäre z.Zt. EINE Kasse. Das ist gut für die Werbeausgaben aber ev. schlecht für die Versicherten. Zwischenlösung: Absenkung der €-Vorgabe durch das BMG. Dann wäre zu klären, ob z.B. Werbung für Vorsorge und Prävention mit drunter fallen soll. Aber auch wenn die komplette Kassen-Werbung wegfällt, reden wir über 130Mio. € in einem Markt der 200Mrd.€ bewegt. Das allein würde die GKV nicht retten.

Wenn ich persönliches Budget höre sträubt sich immer etwas. Wir haben in der RV schon einen SV-Träger der auszahlt was je nach Leistungsvermögen eingezahlt wurde. Mit dem Ergebnis, dass bei 40jähriger Erwerbstätigkeit die eine Person Hilfe zum Lebensunterhalt zur Rente braucht und eine andere rd. 3200Euro Rente, die selbst ein unvernünftiger Poet nicht verbrauchen kann. Was für eine unsoziale Scheiße.

KKA
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Beitrag von KKA » 25.05.2014, 19:33

Poet hat geschrieben: Die Frage "Werbung der GKV" ist tatsächlich diskussionswürdig.
Dass die GKV Werbung zu Lasten pflichtversicherter Bürger betreiben darf, ist blanker Unsinn. Ca. 85% der GKV Leistungen sind gesetzlich geregelt, demzufolge nicht 'handelbar'. Und merke, 130 Mill. hier 100 Mill. dort, 'Kleinvieh macht auch Mist'.
Poet hat geschrieben: Was für eine unsoziale Scheiße.
Ich staune, Poet, der liberale Humanist :wink: , beklagt soziale Ungerechtigkeit. Habe ich dich -endlich- überzeugt? :wink: :)

Gruss
KKA

Thomas3
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Beitrag von Thomas3 » 25.05.2014, 19:46

Unsozial ist es auch, PKV-Versicherte im Alter in den finanziellen Ruin schlittern zu lassen.

Poet
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Beitrag von Poet » 25.05.2014, 20:03

@KKA: Sogar 95% der GKV-Leistungen sind gleich, über die Sinnhaftigkeit mancher Satzungsleistungen können wir auch streiten.

Du musstest mich ja nicht überzeugen, ich bin sozialer eingestellt als mancher der sozial für sich proklamiert. :-) Aber ich mache mir auch Gedanken wieviel "sozial" die Zahler leisten können/wollen.

@Thomas3: Genau! Deswegen geht man nur rein wenn man Selbstzahler sein möchte und zwar immer.

Schilbach
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Beitrag von Schilbach » 25.05.2014, 21:34

@Poet:
§18 SGB IV "Bezugsgröße"
Danach ist den GKVen in 2013 bei ~70 Mio. Versicherten (58 Mio. West, 12 Mio. Ost - unterschiedl. Bezugsgrößen!) erlaubt, 275,415 Mio. Euro mit Werbemaßnahmen zu "verballern". Und Du glaubst, da bleiben die mit Deinen genannten 130 Mio € über 50% drunter?! - Niemals!
Ein Auszug aus meinem ... (mit freundlicher Genehmigung meines Verlages, an den ich natürlich das Copyright abtreten mußte):
"Dann wollen wir doch mal rechnen (wir betrachten jetzt den Zeitraum 2000 bis 2010):
Netto-Verwaltungskosten im Jahr 2000: 7,30 Mrd. €, davon 85% Personalkosten = 6,2050 Mrd.
Netto Verwaltungskosten im Jahr 2010: 9,51 Mrd. € davon 85% Personalkosten = 8,0835 Mrd.
Das entspricht einem Personalkostenzuwachs von 30,27% (zur Erinnerung: Inflationsrate für den Zeitraum waren 19,2%).
Jetzt noch etwas Feinschliff:
die Zahl der Krankenkassenbeschäftigten sank in diesem Zeitraum von 152.883 auf 145.789, das sind nur etwa 4,6% Bedienstete weniger. Und das vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die gesamte Anzahl der Krankenkassen in diesem zehn-Jahres-Zeitraum doch um 255, also um 61%, abgenommen hatte. Wie ist hier trotzdem ein über 30-prozentiger Personalkostenzuwachs zu erklären?"

@KKA:
"Dass die GKV Werbung zu Lasten pflichtversicherter Bürger betreiben darf, ist blanker Unsinn. Ca. 85% der GKV Leistungen sind gesetzlich geregelt, demzufolge nicht 'handelbar'."
Einerseits richtig, die Versicherten bekommen/sollten bekommen, was der GBA als Leistung festgesetzt hat.
Aber ich konstatiere: Die 70 Mio. GKV-Versicherten zahlen nur eine ENDLICHE Menge Geldes in Form ihrer Versichertenprämien ein; auf deren Chipsletten steht sinngemäß jedoch: UNENDLICHE Leistungsmenge abrufbar. Und die Industriegetriebenen Medien erziehen und ermuntern die Bevölkerung auch diese unendliche Leistungsmenge abzurufen (~18 Arztbesuche pro Bürger pro Jahr!). Sie können im Jahr wahrscheinlich an 365 Tagen zu 365 verschiedenen Krebsvorsorgeuntersuchungen gehen, sich in Angst und Schrecken halten, die wirtschaftliche Krakt des Systems auslutschen bis zuletzt, aber an ihrer Alterssterblichkeit werden sie trotzdem nichts, aber auch gar nichts durch diese tolle Gesundheitsmaschinerie ändern.
Wenn nun dieses Geld nicht ausreicht, z.B. weil Epidemie, Milliönchen hier, Milliönchen da für Werbung, etc. (das genannte Kleinvieh), dann gibt es mehere Möglichkeiten das zu regulieren: entweder ich erhöhe den KVK-Beitragssatz - das ist sehr unpopulär und kostet Wählerstimmen - oder ich mache diese entwürdigende Budgetierungspolitik, unter der wir Leistungserbringer nun schon seit Jahrzehnten leiden. Leiden ist zuviel gesagt, den meisten Ärzten geht es wirtschaftlich noch gut, viele finde ich persönlich sogar deutlich überbezahlt, weil diese Politik die IGeL nur so spriessen läßt - hier stimmen die Relationen nicht. Und das liegt an diesem idiotischen EBM, der unrealistische Preise für die verschiedenen Leistungen in Punkten festgelegt hat, deren Wert flowtet, im Hinblick auf Lebenshaltungs- und Praxisunterhaltungskosten immer nur abwärts. (Vielleicht liegt das auch an den zwei Axiomen in Deutschland: 1. Deutsche sind Nazis und 2. alle Ärzte sind reich).
Auch die GKVen korrumpieren hier lustig mit in der Form, dass sie nicht ein "Rightcoding", wie vorgegeben, sondern ein "Upcoding" für Krankheitsschweregrade betreiben, um beim Morbi-RSA-Zuschlag mehr abzusahnen. Ersparen sie mir an dieser Stelle Nachweise. - Der Mensch ist ein Egoist. Das war so, das ist so und das bleibt auch immer so. Es ist nämlich der Antrieb der Evolution. Und deshalb ist es im Grunde sehr kleinkariert, ein GKV-System rauf und runter zu diskutieren. Am Anfang und im tiefen Grund steht leider dieses Naturaxiom.
Also richtig, die Finanzierung der Werbemaßnahmen trifft primär nicht den Patienten, sondern die Leistungserbringer. Diese versuchen jedoch - der Mensch ist, wie ich bereits ausführte, ein Egoist - diese Budgetierung auf den Patienten abzuwälzen. Das ist der perfide Ablauf in diesem System. - Und das System muss weg!!!
Ich denke, unsere Diskussion hier ist sehr gut, aber viele Dinge kommen noch. Insbesondere "das persönliche Budget" ist von meiner Seite natürlich noch nicht erklärt worden. Aber es wird sich im Rahmen der Diskussion mit Sicherheit entwickeln, ohne dass ich es hier einfach "platsch" rausposaune.

Thomas3
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Beitrag von Thomas3 » 25.05.2014, 21:56

Sehr gut, Herr Schillbach! Danke für die Ausführungen. Sie sind wichtig und richtig und bringen die Forums-Diskussion voran. Endlich neue Akzente. Nichts ist so beständig wie die Veränderung und nichts so hemmend wie das Schmoren im eigenen Saft.

Poet
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Beitrag von Poet » 25.05.2014, 23:45

@Thomas: Nichts ist so beständig wie Dein Gesülze, bitte erspare uns dies.

@D.Schilbach: Die Kassen schöpfen den Budgetrahmen nicht aus, ob Du es nun glaubst oder nicht. Dafür gibt es auch einen Grund: Dass die Mittelzuwendungen in den VWK-Abschlägen aus dem Fonds enthalten sind und jede Kasse versucht mit diesen auszukommen.

Deine Korrelationsrechnung ist falsch, längst sind nicht mehr die Perso-Kosten der Treiber bei den Kosten sondern die DV, der Anteil der Personalkosten an den Netto-VWK sinkt beständig, trotz rd. 5% Tarifrundensteigerungen an die Beschäftigten im besagten Zeitraum.

Bitte benenne die entwürdigenden Budgetierungen exakt unter denen die Leistungserbringer leiden. Die "idiotischen EBM" werden von Vertretern der Leistungserbringer ausgehandelt. Was von den Kassen übernommen werden darf ebenfalls. Sind die Vertreter satt, blind und unfähig?

Den Zusammenhang zwischen Netto-VWK wie Werbeausgaben und Rationierungen für Leistungserbringer verstehe ich nicht. Nach wie vor werden 180Mrd. € jedes Jahr für die Vergütung aufgewendet. Eine stolze pro Kopf Summe auf den einzelnen GKV-Versicherten und ein großer Teil pauschal ohne dass diesem tatsächliche Aufwendungen ggü. stehen.

Ein Drittes Axium was uns Deutschen anhaftet ist, dass wir zwischen Extremen pendeln. Im Gesundheitswesen geht es darum, einen Weg der Mitte zu finden zwischen Gesunderhaltung der Bevölkerung und Bezahlbarkeit, ohne dass Extreme entstehen. Ich freue mich immer noch auf Deine Lösung (wirklich).

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